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Wollen Unternehmen stärker zusammenarbeiten als in einer bloßen Kooperation, wäre der nächste Schritt ein Joint Venture. Allerdings ist dabei auch der Regelungs- und Einigungsbedarf größer
Bei einem Joint Venture (deutsch: Gemeinschaftsunternehmen; wörtlich: gemeinsames Wagnis) arbeiten die Partner wesentlich stärker zusammen als bei einer schlichten Kooperation[ds_preview], denn sie sind zusammen über eine weitere, mit eigenem Kapital ausgestattete Gesellschaft (Projektgesellschaft) tätig. Kennzeichnend ist eine eher langfristige Zusammenarbeit. Neben den unmittelbar für die Projektgesellschaft erforderlichen Rechtsdokumenten sind die Parteien regelmäßig über weitere Verträge miteinander verbunden. Im Mittelpunkt steht die alles übergreifende Beteiligungsvereinbarung. Hinzu kommen häufig weitere Verträge über Liefer- und Leistungsbeziehungen. Alle diese Dokumente sind eng miteinander verzahnt.

Höherer Regelungsumfang

Für ein erfolgreiches Joint Venture ist entscheidend, dass sich die Partner über das wirtschaftliche Konzept und das gemeinsame Ziel einigen. Die Interessengegensätze müssen ausdiskutiert und einvernehmlich geregelt sein. Der Regelungsumfang ist wesentlich höher als bei einer schlichten Kooperation. Zunächst müssen sich die Parteien über die Rechtsform der Projektgesellschaft einigen. Hier empfiehlt sich eine Kapitalgesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft, um die Haftung auf diese Gesellschaft zu begrenzen und damit die Partner vor einer Haftung abzuschirmen. Des Weiteren ist ein zentraler Vertragsgegenstand die Regelung der Unternehmensführung der Projektgesellschaft. Dazu zählen etwa die Besetzung der Organe, Überwachungsmöglichkeiten, Zustimmungspflichten. Haben sich die Partner auf ein Joint Venture mit gleichen Beteiligungsquoten geeinigt, besetzen sie die Organe häufig ebenfalls paritätisch. Gleich zu Beginn des Joint Venture stellt sich außerdem die Frage, welche Einlagen die Partner bei Gründung der Projektgesellschaft leisten. Dies können Bar- oder Sacheinlagen (wie z. B. Technologie, Lizenzen oder Betriebsteile) sein. Wichtig sind schließlich Regelungen zur Beendigung des Joint Venture (Exit-Regelungen), insbesondere für den Fall, dass zwischen den Parteien ein unlösbarer Konflikt entsteht, z. B. über strategische Fragen. Können sich die Parteien nach Eintritt eines Konflikts nicht doch noch einigen, bleibt regelmäßig nur, das Joint Venture zu beenden.

Beispiel Auffanggesellschaft

Für Joint Ventures gibt es viele Einsatzmöglichkeiten. Ein bekanntes Beispiel sind die sogenannten Auffanggesellschaften, deren Ziel es ist, den schnellen und verlustreichen Verkauf notleidender Schiffe zu vermeiden. Es soll in der Erwartung besserer Märkte Zeit für einen späteren Verkauf gewonnen werden – möglichst unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten (Anleger, Reedereien, Banken). Ein vereinfachtes Modell kann so aussehen, dass eine überschaubare Zahl von Investoren unter Beteiligung einer oder mehrerer Reedereien eine neue Gesellschaft gründet, die notleidende Schiffe kauft und kurzfristig deren operative und finanzielle Stabilisierung sichert. Die bestehenden Finanzierungen werden abgelöst oder übernommen und den zukünftigen Markterwartungen angepasst. Ziel ist es, das jeweilige Schiff über einen Zeitraum von einigen Jahren zu refinanzieren und am Ende vielleicht sogar mit Gewinn für die Investoren und Reedereien zu verkaufen. So können Banken eine Abschreibung ihrer Schiffskredite minimieren oder sogar ganz vermeiden und die Anleger sowie die Reedereien von einer Markterholung profitieren. Letzteres kann für die nicht mehr beteiligten Anleger etwa über einen sog. Besserungsschein erreicht werden, der ihnen für den Fall einer Markterholung Zahlungsansprüche einräumt. Nach einer Umfrage unter deutschen Reedereien ist bereits jede fünfte von ihnen Gesellschafterin einer Auffanggesellschaft geworden.

Abwägung nötig

Die Parteien sollten im Vorfeld sorgfältig prüfen, ob sich ihre wirtschaftlichen Ziele mit einem Gemeinschaftsunternehmen bestmöglich verwirklichen lassen. Möglicherweise genügt eine weniger enge und komplexe Zusammenarbeit in Form einer schlichten Kooperation (siehe HANSA 12/2014). Umgekehrt kann es gegebenenfalls vorteilhafter sein, wenn die Parteien ihre Unternehmen zu einem einzigen Unternehmen zusammenschließen, etwa weil sie damit als größere Einheit eine bessere Marktposition erzielen als mit einem Joint Venture.

Dr. Stephan R. Göthel, Dr. Oliver Rossbach