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In den deutschen Schleppermarkt kommt Bewegung. Thomas Wägener gibt eine Übersicht über verschiedene Akteure und stellt die neuesten Entwicklungen vor

Diese Spezialfahrzeuge bilden einen unverzichtbaren Bestandteil der Berufsschifffahrt, denn ohne sie geht in den Häfen der ganzen Welt gar nichts[ds_preview]: Schlepper. Zwar können kleinere Schiffe wie Feeder heute mit Hilfe von Bugstrahlern in Häfen selbständig manövrieren, größere Seeschiffe benötigen beim An- und Ablegen jedoch weiterhin Unterstützung. Dann kommen, je nach Schiffsgröße und -typ, für gewöhnlich zwischen einem und vier dieser speziellen Fahrzeuge zum Einsatz.

Da die heutigen Seeschiffe immer größer und damit auch schwerer werden, müssen die Schlepper sich dieser Entwicklung anpassen. Ein mehrere Jahrzehnte altes Fahrzeug ist schlicht nicht mehr in der Lage, die Stahlkolosse der Gegenwart zu bewegen. Neben der gestiegenen Leistung ist die Senkung von Kosten und Emissionen eine weitere Anforderung, der moderne Einheiten gerecht werden müssen.

Das sind die Hauptgründe, weshalb hiesige und internationale Schleppunternehmen ihre Flotten verjüngen wollen oder dies teilweise schon vollzogen haben. Eines davon ist die Bugsier-, Reederei- und Bergungs-Gesellschaft, kurz Bugsier, die mit einer Flotte von insgesamt 28 Fahrzeugen zu den größten auf Schleppdienste spezialisierten deutschen Unternehmen zählt. Um wie viele Schiffe es bei der Flottenverjüngung geht, auf welcher Werft und in welchem Zeitraum sie gebaut werden sollen, gibt die Reederei nicht näher an. Eine Verjüngung bringe aber heutzutage selbstverständlich eine Leistungssteigerung mit sich, teilt das Unternehmen mit. Sowohl in den Häfen als auch für Offshore-Anwendungen wachse die Nachfrage nach Schiffen mit einem Pfahlzug von 70t und mehr, heißt es weiter.

Neubauten für deutsche Häfen

Bereits im vergangenen Jahr kamen zwei neue Seehafen-Assistenzschlepper, die »Bugsier 7« und die »Bugsier 8«, zur Flotte hinzu. Gebaut wurden sie auf der Fassmer Werft in Berne an der Unterweser. Es waren die ersten Schlepper überhaupt, die Fassmer in seiner mehr als 160-jährigen Geschichte gebaut hat. Die 31m langen, 6,30m breiten und bis zu 6,20m tiefgehenden Schwesterschiffe haben laut Bugsier eine optimierte Rumpfform und ein optimiertes Antriebssystem für den 72t Pfahlzug. Die Hauptmaschine beider Einheiten besteht aus zwei ABC-Dieselmotoren des Typs 12 DZC, die eine Leistung von knapp 4.500 kW erbringen. Auch zwei Ruderpropeller SRP 4000T CP von Schottel gehören zum Antriebssystem. Das Einsatzgebiet der beiden jüngsten Flottenmitglieder ist der Hamburger Hafen.

Die übrigen Bugsier-Schlepper bedienen andere deutsche Häfen wie Bremerhaven sowie den Offshore-Bereich Nordwesteuropas.

Die Fairplay Schleppdampfschiffs-Reederei Richard Borchard (Fairplay Towage) ist ebenfalls mit zahlreichen Schiffen an der Elbe, aber auch in Rotterdam und Antwerpen aktiv. Zur mehr als 30 Einheiten umfassenden Flotte gehören ASD Schlepper, die mit 18 Fahrzeugen die größte Gruppe bilden, sowie Traktor-Schlepper, Zwischenschraubenschlepper und Seeschlepper. Auch Einschraubenschlepper zählen dazu. Diese Einheiten mit Pfahlzügen zwischen 7,5 und 36t haben aber allesamt ein verhältnismäßig hohes Alter erreicht. Im Jahre 2011 hat das Unternehmen mit den in Rumänien auf der Werft Daewoo Mangalia Heavy Industries gebauten AHT-Schleppern »Fairplay-32« und »Fairplay 33« zwei verhältnismäßig starke Einheiten gekauft. Der Pfahlzug der Fahrzeuge liegt bei jeweils 103t.

Zur Jahreswende 2008/09 kamen mit »Fairplay 30« und »Fairplay 31« zwei bei Astilleros Armon in Spanien gebaute Offshore- und Bergungsschlepper hinzu, die jeweils einen Pfahlzug von 90t haben. Von der spanischen Werft wurden kurz zuvor auch die vier Neubauten »Fairplay I«, »Fairplay III«, »Fairplay X« und »Fairplay XIV« an das Unternehmen abgeliefert. Der Pfahlzug des Quartetts liegt bei je 70t. Bei Astilleros Armon bestellte Fairplay Towage im Jahre 2013 darüber hinaus zwei Traktor-Hybrid-Schlepper mit einem Pfahlzug von je 90t. Der erste dieser beiden Neubauten, die »Fairplay IX«, wurde im ersten Quartal des laufenden Jahres abgeliefert. Das von DNV-GL klassifizierte Schiff ist knapp 30m lang, 13,50m breit und bis zu 6,30m tief. Als Hauptmaschine fungieren zwei 16V4000M63L-Motoren von MTU mit einer Leistung von je 2.240 kW sowie ein MTU 16V4000M23F, der 1.460 kW erbringt. Als Hilfsantriebe dienen zwei Volvo-Penta-Motoren der Typen D9 und D16, zudem ist das Fahrzeug mit zwei Schottel-SRP4000FP-Ruderpropellern ausgerüstet.

Auch das niederländische Unternehmen Kotug ist seit einigen Jahren in deutschen Häfen aktiv. In Hamburg und Bremerhaven sind mehrere Fahrzeuge stationiert. Im Sommer vergangenen Jahres wurde die »SD Rover« vom Typ ASD 2810 in Hamburg getauft. Das mit zwei Caterpillar-3516-C-Hauptmaschinen ausgestatteten Schiff wurde auf der Damen-Werft im rumänischen Galati gebaut. Zusammen mit der »SD Ranger« und der »SD Rebel«, die wie die »SD Rover« von Lloyd’s Register klassifiziert sind, wurde es aus Rumänien zunächst in den Hafen von Rotterdam gebracht, wo das Trio in den Kotug-Farben angestrichen wurde. Ein Jahr zuvor gab es bereits eine Doppeltaufe im Hamburger Hafen. Dort bekamen die »ZP Bulldog« und ihre Schwester »ZP Boxer« ihre offiziellen Namen. Die beiden 24m langen und 12m breiten Fahrzeuge wurden bei Damen Shipyards in Vietnam gebaut, und gehören zu der »Azimuth Tractor Drive 24/12 Twin Fin«-Serie. Die Hauptmaschine, jeweils zwei Caterpillar-Motoren vom Typ 3516 TA HD, bringen die Schiffe auf eine Geschwindigkeit von bis zu 12kn bei einer Leistung von 4.200 kW. Der Pfahlzug beträgt jeweils 70t.

Seit weniger als einem halben Jahr ist die »RT Evolution« im Einsatz. Sie und auch die Ende des ersten Quartals 2015 abgelieferte Schwester »RT Emotion« sind die ersten beiden Schlepper des neuen Typs ART-80-32-Hybrid-Rotortug. Die von Robert Allen entworfenen Hybridschlepper, auch als E-Kotug-Klasse bezeichnet, gelten als kraftstoffsparend und sollen darüber hinaus Emissionen reduzieren. Der Antrieb der von Lloyd’s Register klassifizierten Fahrzeuge setzt sich aus der Kombination von E-Motoren und Generatoren auf einer Welle zusammen, ergänzt durch ein Batteriesystem – bestehend aus je zwei Lithium-Polymer-Batteriepaketen –, das mit einem Energiemanagementsystem abgestimmt ist. Jedes der beiden Schiffe ist mit drei Caterpillar-3512-C-Motoren ausgestattet, die zusammen für eine Leistung von 5.295 kW sorgen und die Schlepper auf eine Maximalgeschwindigkeit von 13,5kn bringen. Die Hilfsantriebe kommen ebenfalls von Caterpillar. Zudem sind jeweils drei SRP-3000-FP von Schottel eingebaut. Während die »RT Evolution« ihren Dienst in Rotterdam verrichtet, soll die »RT Emotion« in Bremerhaven stationiert werden.

Zusätzlich zu den Aktivitäten in Hamburg und Bremerhaven ist Kotug seit 2012 in Wilhelmshaven vertreten. Für den Zeitraum von sechs Jahren assistieren die Schlepper der Niederländer den Containerschiffen am JadeWeserPort.

Wachsende Konkurrenz

Die deutschen Schleppunternehmen sehen allgemein eine wachsende Konkurrenz von internationalen Unternehmen auf dem hiesigen Schleppermarkt. Mit Kotug ist ein niederländisches Unternehmen angesprochen, das gleich mehrere deutsche Häfen bedient. Svitzer, mit Hauptsitz im niederländischen Ijmuiden, ist ein weiteres, das seit Anfang 2014 neben Bugsier, URAG und Kotug in Bremerhaven aktiv ist. Die Tochter der dänischen Reederei Maersk hat an der Weser zwei Schlepper im Einsatz.

Die neuen internationalen Marktteilnehmer werden aber nicht nur als Konkurrenten, sondern auch als Partner gesehen. Insbesondere durch wieder anziehende Aktivitäten im Offshore-Windkraft-Bereich und dem Eintritt neuer Marktteilnehmer besteht laut Emder Schlepp-Betrieb nämlich eine größere Nachfrage nach Schleppern, jedoch bei relativ niedrigen Raten.

Auch die Emder wollen ihre vier Fahrzeuge umfassende Flotte verjüngen. Sie suchen Ersatz für den in die Ostsee-Regionverkauften Schlepper »Peter Wessels«.

Thomas Wägener