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Die verzinsliche Anlage von vor der Indienststellung des Schiffs eingeworbener Kommanditeinlagen ist von der Tonnagegewinnermittlung unter bestimmten Voraussetzungen begünstigt.
Das Finanzgericht Hamburg musste in seinem Urteil vom 17.01.2014 über die Reichweite der Hilfs- und Nebengeschäfte im Rahmen der Tonnagegewinnermittlung[ds_preview] entscheiden. Bereits zuvor hatte sich das Niedersächsische Finanzgericht mit dieser Problemlage herumgeschlagen. Eine aus zwei Mitreedern bestehende Partenreederei, die zur Tonnagegewinnermittlung optiert hatte, hatte nach Tilgung des Schiffshypothekendarlehen Chartererlöse als Festgeld mit unterschiedlichen Laufzeiten (längstens elf Monate) angelegt, welche nach Ablauf der Laufzeiten von den Mitreedern entnommen wurden. Das Niedersächsische Finanzgericht konnte eine Veranlassung durch den Schiffsbetrieb (Liquiditätsreserve zu Abdeckung von Schiffsrisiken) nicht ausmachen. Von der pauschalen Gewinnermittlung nach Tonnage sind nach einer weiteren Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg auch Gewinne aus Aktienverkäufen mit abgegolten, wenn die Aktien als Surrogat für die Charterforderung erworben worden sind und von Anfang an die Absicht bestand, sie zeitnah zu veräußern.

Die Klägerin des dem nunmehrigen finanzgerichtlichen Urteil zugrundeliegenden Sachverhalts ist eine 2005 gegründete Ein-Schiff-Gesellschaft, die im November desselben Jahres ab dem Jahr 2005 zur Tonnagesteuer optierte. Die Ablieferung des Schiffs erfolgte erst 2007. Die Ein-Schiff-Gesellschaft hatte 5% des Kaufpreises als Sicherheit bei einer Bank zu hinterlegen. Die Einzahlungen der Anleger waren zuzüglich eines Agios von 5% bis zum 01.06.2006 vollständig zu leisten. Sämtliche Anleger mussten sich laut Gesellschaftsvertrag parallel an sechs weiteren Ein-Schiff-Gesellschaften beteiligen. Die ersten Ablieferungen der anderen bestellten Schiffe erfolgten bereits im Jahr 2005. Die Sicherheitsleistung und die bis zum 1. Juni 2006 zu leistenden Einlagen die Klägerin betreffend wurden verzinslich angelegt. Das Finanzamt erkannte die Zinsen aus der Sicherheitsleistung als Hilfsgeschäft an. Diese waren demnach von der Tonnagegewinnermittlung erfasst. Streitig waren die Zinsen aus der Anlage der vorzeitigen Einzahlung der Kommanditeinlagen. Hier versagte das Finanzamt die Begünstigung nach §5a EStG, da es sich nicht um ein Hilfsgeschäft handele. Betroffen war das Jahr 2006, also das Jahr vor der eigentlichen Indienststellung des Schiffs.

Rechtlicher Hintergrund

Der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr ist als Einsatz eines Schiffes zur Beförderung von Personen oder Gütern überwiegend im Verkehr zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der freien See definiert (§5a Abs. 2 Satz 1 EStG). Zum Betrieb von Handelsschiffen gehören nur jene Tätigkeiten, die durch den Zweck, Personen oder Güter per Schiff zu befördern, ausgelöst werden. Hierzu gehören unzweifelhaft die erzielten Chartererlöse.

Neben- und Hilfsgeschäfte gehören eben­falls »zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr« und damit zu den begünstigten Einkünften.

Vor 1974 waren lediglich solche Einkünfte begünstigt, die unmittelbar aus Beförderungsleistungen eines deutschen Schiffs im internationalen Verkehr herrührten. Daher war ein Veräußerungsgewinn (Veräußerung ist keine Beförderung) aus dem Verkauf eines Schiffs ebenso wenig einzubeziehen wie Zinseinnahmen aus Guthaben, die zur Finanzierung von Schiffbauten oder Reparaturen vorgesehen waren (Geldanlage ist keine Beförderung), während umgekehrt Zinsaufwendungen (aus Schiffshypothekendarlehen) für Fremdmittel zum Erwerb eines neuen Schiffs die begünstigten Einkünfte nicht minderten. Dies führte dazu, dass die vorgelegte Steuerbilanz um die Erträge/Aufwendungen mittels komplizierter Zu- und Abrechnungen bereinigt werden musste, die nicht unmittelbar durch den Schiffsbetrieb im internationalen Verkehr veranlasst waren. Dies konnte z. B. bei hohen, nicht zu berücksichtigen Zinsaufwendungen (z. B. 600.000€ von 10Mio. € Fremdfinanzierung) zu neben der zur damaligen Zeit bestehenden Steuerbegünstigung anfallenden steuerlich vollumfänglich zu erfassenden Verlusten führen, obschon ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang mit der begünstigten Tätigkeit bestand. Dieser Missstand sollte durch die Erweiterung auf Neben- und Hilfsgeschäfte vermieden werden. Ausgehend von diesem Zweck gab das Finanzgericht Hamburg der Ein-Schiff-Gesellschaft Recht.

Im Interesse der Gesellschaft

»Für den Streitfall folgt hieraus, dass die streitbefangenen Zinsen aus einem Hilfsgeschäft stammen, das in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr steht. Eine wirtschaftliche Verknüpfung des Hilfsgeschäfts mit dem Hauptgeschäft der Klägerin wurde dadurch hergestellt, dass die von der Klägerin erzielten Zinsen für ihren Geschäftsbetrieb verwandt wurden. Die Anlage des bereits eingezogenen Kapitals und die hierdurch erworbenen Zinsen dienten dem Erwerb des später von der Klägerin eingesetzten MS ›A‹ bzw. dem Betrieb des erworbenen Schiffes. Die Kapitalanlage und die hierdurch erwirtschafteten Zinsen standen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hauptgeschäft, weil die Art, Höhe und Dauer der Kapitalanlage unmittelbar durch den Erwerb und den Einsatz des Schiffes veranlasst war. Zwar hat die Klägerin nicht darlegen können, dass und in welcher Höhe zum Zeitpunkt der Zinserzielung eine Liquiditätsreserve erforderlich gewesen ist. Entscheidend ist jedoch, dass keine langfristige Festlegung der Gelder erfolgte und die Anlage des Geldes im Interesse der Gesellschaft stand. Denn die erwirtschafteten Zinsen kamen ausschließlich dem Gesellschaftszweck zugute; sie dienten allein der Finanzierung des Schiffes bzw. dessen Betrieb oder Vercharterung und wurden nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet. Die Anlage des Geldes war sowohl der Höhe nach begrenzt durch die Höhe der Kommanditeinlage als auch zeitlich begrenzt durch den tatsächlichen Liquiditätsbedarf bei Ablieferung und Betrieb bzw. Vercharterung des Schiffes.«

Warum schädlich?

Der Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg lag die Bestimmung des §5a Abs. 3 alter Fassung (a. F). zugrunde. Die Antragsfrist begann jedoch nach Ansicht des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 16.01.2014 entgegen dem vorliegenden Urteil des Finanzgerichts Hamburg erst mit dem Wirtschaftsjahr, in dem der Steuerpflichtige durch den Gewerbebetrieb erstmals Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen i. S. des §5a Abs. 2 Satz 1 EStG erzielt. Hierzu bedurfte es aber eines existenten Handelsschiffs. Das war in dem vom Bundesfinanzhof zu entscheidenden Fall das Jahr 2004, denn da hat die Klägerin dieses Verfahrens ihr (einziges) Schiff »S« eingesetzt. Da das erstinstanzliche Urteil von anderen Grundsätzen ausgegangen war und sich dieses nicht im Ergebnis als richtig erwies, wurde es vom Bundesfinanzhof aufgehoben. Entgegen der Ansicht des Finanzgerichts Hamburg war demnach ein Antrag auf Tonnagegewinnermittlung frühestens im Jahr 2007, dem Ablieferungstermin, möglich.

Es würde sich demnach die Frage stellen, ob dieser Rechtsstreit noch zu retten ist. Man kann auf die Idee kommen, die Antragsstellung in 2005 als eine Antragsstellung für das Jahr 2007 zu interpretieren. Für das Jahr 2007 wurde scheinbar kein expliziter eigener Antrag auf Tonnagegewinnermittlung gestellt. Folgt man dieser Interpretation, gelangt man zu §5a Abs. 3 EStG in der neuen Fassung (n. F.). Hiernach sind vor Indienststellung des Handelsschiffs – vorstehend 2007 – durch den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erwirtschaftete Gewinne nicht zu besteuern. Im Rahmen der sog. vorgelagerten Tonnagegewinnermittlung müsste man dann den Satzteil »durch den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erwirtschaftete Gewinne« so verstehen, dass dieser auch die sog. Hilfsgeschäfte umfasst, wofür vieles spricht. Man wird sehen. Unabhängig hiervon kann man sich nach Ansicht des Verfassers mit gutem Recht die Frage stellen, warum eine langfristigere Anlage bzw. eine Ausschüttung schädlich sein sollen. Maßgebend sollte doch das auslösende Moment der finanzwirtschaftlichen Maßnahme auf der Ebene der Gewinnermittlung und nicht auf der Ebene der Gewinnverwendung (Ausschüttung) sein.
Klaus Voß