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Seit sechs Monaten führt Nils Aden als CEO die E.R. Schiffahrt.

Bei der Neuausrichtung der Reederei zu einem international wettbewerbsfähigen Dienstleister sieht er gute Fortschritte


Herr Aden, fünf Monate sind rum. Wie fällt denn Ihr erstes Fazit aus?

Nils Aden: Sehr positiv. Wir[ds_preview] haben uns sehr viel vorgenommen und sind bereits sehr gut vorangekommen. Mit unserer »Road Map« liegen wir gut im Zeitplan, an einigen Stellen sind wir dem Plan auch schon voraus.

Welche konkreten Ziele sind gesetzt?

Nils Aden: Wir durchlaufen den Wandel vom klassischen deutschen Bereederer von Tonnage, die uns vornehmlich über den KG-Markt herangetragen wurde, hin zu einem Ship Manager, der seine Dienstleistung aktiv nach außen vermarktet. Das beinhaltet die Neufokussierung von einem Hamburger Schwerpunkt hin zu einer internationalen Sichtweise. Das ist für uns der Schritt in ein globales, wettbewerbsorientiertes Umfeld, in dem wir neue Kunden gewinnen wollen.

Welche Rolle spielt die E.R. Schiffahrt künftig innerhalb der Gruppe?

Nils Aden: Wir agieren künftig sehr viel selbständiger. In der Vergangenheit war es ja so, dass Nordcapital Schiffe finanziert und E.R. Schiffahrt diese bereedert hat. Die Flotte wuchs quasi »automatisch«. Die KG-Welt als Lieferant von Tonnage für die E.R. Schiffahrt ist aber Vergangenheit. Heute muss und will das Unternehmen eigenständig und unabhängig existieren, sich selbst um seine Kunden außerhalb der Gruppe kümmern.

Es gibt zahlreiche, gerade auch deutsche Schifffahrtsunternehmen, die den gleichen Schritt gehen wollen. Wie wollen Sie sich im Wettbewerb durchsetzen?

Nils Aden: Richtig, das versuchen einige andere auch. Wir haben unsere Kunden aber davon überzeugen können, dass wir eine Dienstleistung anbieten, die andere in dieser Form, in dieser Qualität und zu diesem Preis nicht anbieten können.

Und wie weisen Sie das aus?

Nils Aden: Im ersten Schritt erkunden wir sehr genau, was unser Kunde tatsächlich benötigt und erreichen möchte, insgesamt oder bezogen auf ein konkretes Schiff. Zweitens prüfen wir über Benchmarking unsere Dienstleistungen mit den Wettbewerbern ab: Wie können wir unsere Kernkompetenz als echten Mehrwert mit den Kundenwünschen vereinen?

Geht es dabei in erster Linie um Qualität?

Nils Aden: Auf diesen Begriff läuft es am Ende hinaus, aber es sind verschiedene Elemente, die Qualität ausmachen. Und es hängt vom Kunden ab, was diesem wirklich wichtig ist. Ist es ein Finanzinvestor als Eigentümer, ein klassischer Owner oder eine Linie? Daraus resultieren zum Teil sehr verschiedene Anforderungen.

Was genau sind dann Ihre Stärken?

Nils Aden: Wir haben einen messbaren Mehrwert beispielsweise im Qualitäts- und Energieeffizienzmanagement aufzuweisen, was sich in Rankings wie von Maersk zeigt. Da sind wir seit vielen Monaten immer unter den Top 3, allein seit Januar vier Monate sogar auf Platz 1! Das ist auch für Eigentümer ein starkes Argument, wenn die Beurteilung durch den Charterer, der für den Cashflow sorgt, sehr gut ausfällt. Verlässlichkeit und auch die Flexibilität hinsichtlich der Kundenwünsche sind weitere wesentliche Kriterien. Wichtig ist, den Nerv des Kunden zu treffen, und dies gilt für Eigentümer und Charterer.

Erwarten die Kunden auch technische Modifikationen für mehr Effizienz?

Nils Aden: Auf jeden Fall. Wir haben sehr früh damit begonnen, und können die tatsächlichen Erfolge inzwischen sehr genau messen. Effizientere Schiffe lassen sich nun einmal besser verchartern. Das hat uns einen Technologie- und Knowhow-Vorsprung gebracht, den wir nutzen. Wenn wir über Modifikationen sprechen, ist es wichtig, eine vernünftige Relation zwischen Kosten und Nutzen zu erzielen. Dafür haben wir die richtigen Tools wie unser »FuelSafe«, ein Monitoringsystem für sehr exakte Messungen des Brennstoffverbrauchs, entwickelt. Oder die Software »Crew Compliance Optimizer«, die das Crewing sehr viel besser planbar macht.

Effizienz ist also heute das entscheidende Kriterium?

Nils Aden: Ja, auch wenn es beginnt, die neue Normalität zu werden. Die Ansätze, zu echter Effizienz zu kommen, sind zum Teil aber sehr unterschiedlich und oftmals mehr Marketing als echte Wirkung. Ich glaube, wir machen das sehr gut – und das wird vom Kunden durchaus gewürdigt.

Hat ältere Tonnage noch eine Chance?

Nils Aden: Das Alter spielt eine Rolle, ganz klar. Aber es ist nicht per se entscheidend. Es kommt sehr darauf an, wie Schiff und Crew im Alltag performen. Die Besatzung ist neben der technischen Ausstattung und den Modifikationsmaßnahmen der maßgebliche Faktor. Darum müssen wir uns als Ship Manager sehr intensiv kümmern. Unsere Flotte reicht durchaus auch bis in den Altersbereich von 10 bis 15 Jahren hinein. Aber auch diese Schiffe haben ihren Markt, wenn sie einen guten track record nachweisen können. Performance ist heute alles, denn der Druck auf der Kostenseite bleibt enorm.

Fremdtonnage macht ein Drittel aller bereederten Schiffe bei Ihnen aus. Was haben Sie denn für Pläne für Ihre Flotte – in Bezug auf Größe und Struktur?

Nils Aden: Fremd- oder eigene Tonnage gibt es für uns in dieser Form nicht, es sind alles nicht »unsere« Schiffe, sondern sie gehören immer ihrem jeweiligen Eigentümer, an dessen Wünschen wir uns ausrichten. Insofern behandeln wir alle mit der gleichen Aufmerksamkeit. Entscheidend ist vielmehr, dass wir mit unseren Kunden langfristig und partnerschaftlich zusammenarbeiten und auch wachsen. In der künftigen Ausrichtung ist daher ein fester Kundenstamm mit einer sehr persönlichen Beziehung wichtig. Davon hängt die Anzahl der Schiffe ab, und davon abhängig werden sich die Strukturen im Unternehmen weiterentwickeln.

Wollen Sie demnächst wieder wachsen?

Nils Aden: Die Größe, die wir heute haben, halte ich für gut. Perspektivisch wollen wir durchaus wachsen, aber eben nicht um jeden Preis. Die Entwicklung zu einem Ship Manager mit einer Flotte von 300 Schiffen oder mehr ist nicht unser Ziel. Das wäre ein anderes Konzept, eine andere Art der Dienstleistung. Ich sehe uns, um mal einen Vergleich zu ziehen, eher als qualitativ hochwertige Privatbank mit sehr persönlicher Betreuung und nicht als Kreditinstitut für die große Masse.

Hat das Einfluss darauf, welche Schiffstypen und -größen Sie künftig ins Management nehmen wollen?

Nils Aden: Grundsätzlich bereedern wir heute 71 Containerschiffe von 1.000 TEU bis zu 13.000 TEU und 21 Bulker vom Supramax bis Capesize. Diese Ausrichtung soll es auch künftig geben. Wir sehen im technischen Management, dass die Unterschiede vorhanden, am Ende aber nicht gigantisch sind. Wir schließen daher keine Größensegmente aus. Wenn ein Kunde ein Schiff kauft, das jenseits des gewohnten Bereichs liegt, werden wir uns das anschauen.

Auch einen 20.000-TEU-Frachter?

Nils Aden: Auch das. Wir sind für alle denkbaren Projekte aufgestellt.

Werden Sie als operativer Arm der Holding in künftige Kauf- und Verkaufspläne oder Neubau-Order einbezogen? Etwa wie jüngst beim Verkauf der »E.R. Cristina«?

Nils Aden: Das war eine Entscheidung des Eigentümers E.R. Capital Holding, bei der wir allenfalls beratend und operativ beteiligt sind. Dieses Schiff bereedern wir übrigens sogar weiter, weil wir den Käufer von unseren Leistungen überzeugen konnten. Auch in künftigen Fällen sind Verkäufe eine Eigentümer-Entscheidung. Wir sind auch hier ein Dienstleister.

Können Sie denn auf der Kostenseite von Hamburg aus mit den internationalen Wettbewerbern mithalten?

Nils Aden: Was wir anbieten, basiert auf wettbewerbsfähigen Kosten. Natürlich vergleicht der Kunde uns im internationalen Umfeld mit anderen, aber wir sind absolut konkurrenzfähig. Hamburg ist, im Vergleich mit Singapur, auch kein Hochkosten-Standort. Ich sehe keinen Nachteil, ganz im Gegenteil. Die Strukturen, die wir hier haben, heben uns sogar positiv ab.

Ist der Kunde bereit, für mehr Qualität mehr zu zahlen?

Nils Aden: Die Preisgestaltung ist Teil des Gesamtpakets. Aber setzen Sie doch mal die Management-Gebühr ins Verhältnis zu den Betriebskosten: Kunden sind durchaus bereit, für Qualität zu bezahlen, wenn sie beispielsweise im Gegenzug verlässlich mit den OPEX kalkulieren können. Wir haben da positive Erfahrungen gemacht. Ähnlich ist es auch im Bereich Crewing, denn die Performance an Bord wirkt sich für alle unmittelbar aus. Insgesamt steht auch hier der Kundenwunsch im Mittelpunkt.

Mit der Übernahme von Komrowski war die E.R. Schiffahrt 2012 früh an dem Konsolidierungsprozess in der deutschen Schifffahrt beteiligt. Sind Sie bereit, weitere Reedereien zu übernehmen?

Nils Aden: Grundsätzlich können wir das und haben 2012 bewiesen, das wir das sehr schnell und effektiv umsetzen können. Ich gehe davon aus, dass der Trend zur Konsolidierung, gerade in Deutschland, anhalten wird. Interessant finde ich, dass nicht schon viel mehr passiert ist.

Was sieht die »Road Map« für dieses Jahr noch vor?

Nils Aden: Wir haben uns im ersten Halbjahr eine ganze Reihe von internen Aufgaben gesetzt und die passenden Strukturen geschaffen. In den kommenden Monaten kommt es darauf an, weiter an der Umsetzung zu arbeiten und die Kundenbasis und die Flotte weiter auszubauen.

Krischan Förster