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In Kiel werden einige Aufträge aus dem Marineschiffbau abgearbeitet.

Das Geschäft hat viele Eigenheiten, die mitunter die Namensänderung

einer ganzen Werft erfordern.
In diesem Jahr feiert der große Portalkran im Kieler Hafen sein 40-jähriges Dienstjubiläum – und eine Veränderung. 40 Jahre lang[ds_preview] diente er dem Bau von zivilen Schiffen wie Yachten, Tankern und Containerfrachtern, die längste Zeit im Dienst der Werft Howaldtswerke-Deutsche Werft AG. Der Boom im Tanker- und Containerbau war einst der Grund für den Bau des 900-t-Krans. Vor zehn Jahren kam die Werft zur Thyssen-Gruppe. 2010 ging sie in Abu Dhabi Mar Kiel (ADMK) auf. Jetzt ist der Kran das Herzstück der German Naval Yards, einem Ableger der Nobiskrug-Gruppe, die zu ADMK gehört. Aufträge aus dem Offshore- und Mega-Yacht-Markt sorgten zunächst für eine gute Auslastung. Angesichts der Veränderungen im Schiffbaumarkt begann 2014 die Neuausrichtung. In Zukunft soll der Fokus von ADMK stärker auf dem Marineschiffbau liegen. Da gerade für diesen Markt der arabische Name wenig förderlich erschien und es auch Vorbehalte bei zukünftigen Aufträgen aus Israel gab, erfolgte die Umbenennung in German Naval Yards. »Die Umfirmierung ist die konsequente Fortsetzung dieses Prozesses«, so Geschäftsführerin Susanne Wiegand.

Grund für die Zuwendung zum Marineschiffbau ist die steigende Nachfrage auf dem Weltmarkt. Gleichzeitig lassen sich die Fertigungsanlagen in Kiel auch für moderne Marineschiffe im Serienbau optimal nutzen. Mit der U-Bootwerft von ThyssenKrupp Marine Systems (vormals HDW) und großen Zulieferern hat sich Kiel zu einem Kompetenzzentrum für den Marineschiffbau entwickelt. Rund 5.000 Arbeitsplätze hängen in der Region an diesem Segment.

Die ersten Aufträge, die German Naval Yards fertigstellte, waren zwei Mehrzwecklandungs- und Versorgungsschiffe für die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Einheiten wurden in Rendsburg auf Kiel gelegt und in Kiel abgeliefert. Dort begann 2013 außerdem der Bau zweier Fregatten für Algerien. Diesen Auftrag hatte TKMS als Konsortialführer 2012 erhalten, inklusive einer Option für zwei weitere Fregatten. Es handelt sich dabei um den Typ Meko 200, der in einer weiterentwickelten Variante einer zuvor von Blohm+Voss gemeinsam mit HDW für Südafrika gebauten Klasse. 2001 bis 2004 waren in Kiel und Hamburg vier Schiffe der »Amatola«-Klasse gebaut worden, des derzeit modernsten Meko-Typs.

Die Marine Algeriens bestellte im März 2012 zum Komplettpreis von 2,17Mrd. € zwei Fregatten, sechs Hubschrauber und ein Unterstützungspaket für den Aufbau von Werft- und Wartungskapazitäten in Oran. Der Baubeginn der ersten Meko-Fregatte war im Sommer 2013 in Kiel. Am 8. Dezember 2014 wurde der Neubau aus dem Baudock in die Förde geschleppt und die Kiellegung der zweiten Fregatte erfolgte. Die Helikopter wurden bei AgustaWestland in England bestellt.

Die beiden Fregatten des ersten Loses werden in Kiel komplett ausgerüstet und einsatzbereit übergeben. Teil der Erprobung ist auch der Nachweis der Hubschrauberkomponente. Dafür wurden im Juni vier der sechs Neubauten aus England überführt.

Auf Wunsch des Kunden läuft die Abwicklung des Auftrags unter strengster Geheimhaltung. Es gibt weder öffentliche Schiffstaufen noch Pressemitteilungen. Bekannt wurde aber dennoch Einiges. Die Schiffe sind 121m lang und 16,4m breit. Die Einsatzverdrängung liegt bei knapp unter 4000t. Interessant ist der Antrieb: Eine Gasturbine LM2500 und zwei Diesel von MTU sollen die Schiffe auf bis zu 27kn beschleunigen. Dies erfolgt durch einen Mix aus zwei Propellern und einem Waterjet-Antrieb. Diese Kombination hatte sich schon bei den Schiffen für Südafrika bewährt. Für die Marschfahrt reichen die MTU-Motoren mit zusammen 12 MW aus.

Mitte Mai gab es den nächsten Auftrag für TKMS. Israel bestellte vier Korvetten für die Seeraumüberwachung. Dabei handelt es sich im um die Meko 80-Klasse. Der Auftrag soll nach unbestätigten Meldungen ein Volumen von 430Mio. € haben. 115Mio. € finanziert die Bundesregierung aus dem Bundeshaushalt (Einzelplan 60). Diese Zuschüsse hatte Israel bereits für den Bau von sechs U-Booten der »Dolphin«-Klasse bei TKMS (HDW) bekommen. Die vier Korvetten für Israel werden ebenfalls in Kiel gebaut. Hier laufen jetzt die Verhandlungen mit German Naval Yards, die als Unterauftragnehmer diese Schiffe zuliefern würden. Ähnlich ist auch die Abwicklung des Algerienauftrags.

German Naval Yards ist im Besitz der großen Baudocks 8, 8a und 7 in Kiel. Dazu gehört auch die gesamte Fertigung der Überwasserschiffsbereiche. Dieser Werftteil war bei der Übernahme der HDW-Anlage durch ThyssenKrupp 2005 in die Gesellschaft HDW Gaarden GmbH ausgelagert worden. ThyssenKrupp hatte sich danach mit der Kieler TKMS und 2.300 Mitarbeitern am Standort Kiel komplett auf den U-Boot-Bau fokussiert. 2013 wurde deshalb auch der Hauptsitz der Gruppe in der Fördestadt angesiedelt – Hamburg und Emden sind seitdem Außenstellen.
Frank Behling