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Im Hafen wird der Einsatz digitaler Technik immer wichtiger. Wie sich mit einer Planungssoftware die Effizienz eines Terminals steigern lässt, erläutert [B]Frank Tinschert [/B]vom Software-Entwickler Quintiq im Hansa-Interview

Herr Tinschert, welche Voraussetzungen müssen Terminalbetreiber schaffen, um einen effizienten Hafenbetrieb zu gewährleisten?

Frank Tinschert:

Auf einem Terminal[ds_preview] gibt es eine spezielle Situation. Zum einen wollen die Betreiber ihre Ressourcen maximal ausnutzen und zum anderen die Liegezeiten der Schiffe minimieren. Beides funktioniert nur, wenn man die gesamte Transportkette betrachtet, also sowohl die Seeseite als auch den Transport ins Hinterland, z.B. mit Binnenschiffen. Darüber hinaus müssen die einzelnen Abläufe auf dem Terminal bekannt sein. Wie hoch dürfen beispielsweise Container übereinander gestellt werden? Ferner müssen die für die Abläufe relevanten Daten in guter Qualität vorhanden sein. Dazu zählen geplante Ankunftszeiten der Schiffe. Das alles gilt es zu beachten, damit die Boxen möglichst wenig umgestapelt werden müssen, denn das mindert die Effizienz.

Im Endeffekt kommt es auf eine durchdachte ganzheitliche Planung an, bei der möglichst alle Rahmenbedingungen berücksichtigt werden.

Wo liegen die Herausforderungen bei der Planung von Schiffsabfertigungen?

Tinschert:

Ein entscheidender Faktor ist die Flexibilität. Teilweise müssen die Abläufe aufgrund von äußeren Einflüssen umgeplant werden. Beispielsweise kommt ein Schiff nicht pünktlich oder es fällt ein Kran aus. Auf solche Fälle muss man schnell regieren können, ohne den Betriebsablauf zu stören. Dafür eignet sich eine entsprechende Software, denn damit lässt sich schnell die geänderte Situationen abbilden und optimiert umplanen.

Welche Vorteile gibt es für Terminals und Reedereien durch den Einsatz von Planungssoftware?

Tinschert:

Wenn die Geschäftsprozesse bekannt sind, lassen diese sich hinsichtlich Key Performance Indicators (KPI) optimieren. Es gilt, eine Balance zwischen verschiedenen KPIs zu finden. Je genauer die Realität abgebildet werden kann, desto besser lassen sich Pläne erstellen. Dadurch kann die Effektivität eines Terminals um mehr als 10% gesteigert werden. Für die Nutzer von Software kann also ein echter Wettbewerbsvorteil entstehen. Letztlich geben die Programme alternative Handlungsempfehlungen. Die menschlichen Planer entscheiden dann welche zum Einsatz kommt und verbessern sie weiter mit Hilfe ihrer persönlichen Erfahrungen von kundenspezifischen weichen Faktoren.

Wie läuft das Zusammenspiel zwischen See- und Binnenschiffen ab? Haben Seeschiffe nicht weiterhin Vorrang, wenn es um die Planung der Liegeplätze geht?

Tinschert:

An der Reihenfolge Seeschiff vor Feeder vor Binnenschiff wird sich aus meiner Sicht nichts ändern. Seeschiffe sind weiterhin die bestimmenden Faktoren. Wenn vorab genaue Informationen über das Seeschiff vorliegen, lassen sich die übrigen Abläufe aber danach ausrichten und die anderen Verkehrsträger optimal einpassen.

Welche Häfen wickeln die Liegeplatz- und Umschlagplanung bereits digital ab?

Tinschert:

Alle Terminals haben Software im Einsatz, die einen mehr, die anderen weniger, kaum eines hat jedoch eine ganzheitliche, übergreifende Planung. In Häfen wird eine solche Planung aufgrund der steigenden Gütermengen immer wichtiger. Es gilt, die vorhandene Infrastruktur intelligenter zu nutzen. In Zukunft werden z.B. vernetzte Fahrzeuge miteinander kommunizieren. Dies technisch zu lösen, ist eine neue Herausforderung.

Eine ganzheitliche Planung funktioniert nur, wenn die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden. So stellen noch nicht alle an der Transportkette beteiligten Akteure ihre Daten zur Verfügung. Sie fürchten, dass der Wettbewerber durch das Offenlegen dieser Informationen einen Vorteil bekommen könnte. Das erschwert die optimierte Planung natürlich. Dieses Denken muss und wird sich ändern, davon bin ich überzeugt. Hier ist auch die Politik gefordert, Rahmenbedingungen für neutrale Standards zum Datenaustausch zu schaffen.

Im März 2013 wurde für den Rotterdamer Hafen die Initiative Nextlogic gestartet, mit dem Ziel, die Abwicklung von Containerbinnenschiffen zu optimieren. Rund ein Jahr später wurden erste Schritte in die Tat umgesetzt. Welche Erfahrungen gab es bisher?

Tinschert:

Wir sind noch am Anfang der Entwicklung. Zunächst mussten alle am Hafenbetrieb beteiligten Akteure dazu gebracht werden, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, um miteinander über den praxisgerechten Einsatz von Planungssoftware in einem neutralen Umfeld zu diskutieren. Das haben wir geschafft. Es mag banal klingen, aber das alleine ist schon eine Herausforderung. Schließlich kommen auch Konkurrenten zusammen. Im Endeffekt geht es aber darum, die Abläufe im Hafen effizienter zu machen. Davon profitieren in der Endabrechnung alle Beteiligten.Interview: Thomas Wägener
Thomas Wägener