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Schwimmende Offshore-Fundamente (SOF) können in großen Tiefen von

bis zu 500 m eingesetzt werden. Die Unternehmensgruppe GICON sieht darin einen Wettbewerbsvorteil.
In diesem Jahr soll die erste auf einem schwimmenden Fundament stehende Windkraftanlage in einem Offshore-Windpark in Betrieb gehen. Das[ds_preview] jedenfalls sagt Burkhard Schuldt, Geschäftsführer des zur GICON-Firmengruppe gehörenden Unternehmens ESG Edelstahl und Umwelttechnik Stralsund.

Dieses hatte sich kürzlich in einem Bieterverfahren bei der Bundesnetzagentur den notwendigen Anspruch auf Anschlusskapazitäten des in der Fertigung befindlichen Funktionsmusters des SOF sichern können. Demnach darf es künftig den mit einer Nennleistung von 2.300 kW produzierten Strom in das Übertragungsnetzt einspeisen. Die Zuweisung sei ein weiterer Meilenstein bei der Realisierung des Forschung- und Entwicklungsvorhabens, so Schuldt.

Seit dem Jahr 2009 entwickelt GICON das SOF mit Unterstützung der TU Bergakademie Freiberg, der Universität Rostock und des Fraunhofer Instituts IWES, die allesamt als Partner gewonnen werden konnten. Gefördert wird das Vorhaben durch das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit den Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), das insgesamt rund 5,25Mio. € der Gesamtinvestitionen von knapp 18Mio. € beisteuert. Die restliche Summe leistet die GICON-Gruppe mit eigenen Mitteln.

Idee und technische Entwicklung

Der Bau von Offshore-Windkraftanlagen ist im Allgemeinen mit großen technischen, ökologischen und auch finanziellen Herausforderungen verbunden. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist die Wassertiefe, in der diese Anlagen stehen. »Je tiefer das Wasser, desto stärker weht der Wind darüber«, sagt Frank Dahlhaus, Professor für Baukonstruktion und Massivbau an der TU Bergakademie Freiberg.

GICON sah das Flächenangebot für feste Gründungen als gut ausgeschöpft an. Folglich galt es, neue Wassertiefen mit einem hohen Windertrag zu erschließen. 75% der weltweiten Offshore-Potenziale befänden sich in Gebieten mit Wassertiefen von mehr als 30m, zwei Drittel gar in Tiefen von über 50m, so das Unternehmen.

Die neu entwickelte schwimmende Plattform für Offshore-Windenergieanlagen soll in Wassertiefen von 18 bis 500m einsetzbar sein und überdies Stromentstehungskosten von deutlich unter 10 Cent pro kWh ermöglichen, so GICON. Bei der Konzeption fiel die Wahl auf das sogenannte Tension Leg Platform (TLP)-Prinzip, das ursprünglich für die Öl- und Gas-Industrie entwickelt wurde. »Vertikale und diagonale Verspannungen halten bei dieser Methode die Schwimmkörper – also die Plattform, auf der das Windrad steht – in Position«, beschreibt Dahlhaus das Konzept. »Von den Auftriebskörpern, die die Plattform über Wasser halten, reichen straffe Seile vertikal bis auf den Meeresgrund, an dem sie über Verankerungen festgespannt werden«, ergänzt der Freiberger Professor. Von dort führten weitere Seile diagonal zurück zum Schwimmkörper, wodurch die Plattform leicht unter Wasser gezogen und stabilisiert werde. Die Stabilität entspreche der einer festen Gründung. »Wir können es mit Jackets, Tripods und teilweise auch mit Monopiles aufnehmen«, sagt Schuldt.

Doch das sind seiner Ansicht nach nicht die einzigen Vorteile. In Windparks würden häufiger unterschiedliche Fundamente installiert, da die Wassertiefen teilweise variierten. Indes könne das SOF für alle Windkraftanlagen innerhalb eines Offshore-Windparks genutzt werden. Bei größeren Tiefen müsse nur die Seillänge angepasst werden. Üblicherweise würden Stahlseile verwendet, in größeren Tiefen kämen dagegen häufig Kunststoffseile zum Einsatz. »Um das Gewicht zu reduzieren«, erklärt Schuldt. Bei der Wahl der Verankerung gibt es dem Experten zufolge ebenfalls mehrere Möglichkeiten. Beim Funktionsmuster kommen Schwergewichtsanker zum Einsatz. Bei anderen SOF sind aber auch Ramm- oder Bohrpfähle denkbar, je nach der Beschaffenheit des Meeresbodens.

Der Prototyp des SOF wird derzeit durch die ESG, einem Mitglied der GICON-Gruppe, in einer bei Nordic Yards in Stralsund angemieteten Halle gefertigt. Zuvor fanden umfangreiche Tests in verschiedenen Versuchsanstalten statt, darunter Wellenversuche in der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt HSVA und kombinierte Wind-Wellenversuche am Maritime Research Institute Netherlands (MARIN) in Wageningen (Niederlande). Nach seiner Vollendung soll der Prototyp zum Offshore-Windpark »Baltic 1« in der Ostsee gebracht werden. Schuldt rechnet damit, dass die Installation Mitte 2016 erfolgen könnte. GICON zufolge sind dort umfangreiche technische und ökologische Erprobungen geplant. Da in strengen Wintern Teile der Ostsee mit Eis bedeckt sind, mussten die Eisbelastungen in die Berechnung der Statik mit einbezogen werden, bevor mit dem Bau des SOF begonnen werden konnte. Dies sei schon eine Herausforderung gewesen, räumt der EGS-Geschäftsführer ein.

Transport zum Einsatzort

Als eine Herausforderung kann auch die Entwicklung einer neuen Transporttechnologie angesehen werden, da das Fundament und die Schwergewichtsanker vom Hafen zum Installationsort gebracht werden müssen. Auf der Sail Sassnitz schloss GICON mit dem Baltic Taucherei- und Bergungsbetrieb Rostock (Baltic Taucher) eine Kooperationsvereinbarung, um das Installationshandbuch für das SOF-Funktionsmuster zu erstellen.

Zunächst erfolgt der Transport des Fundaments zu seinem Bestimmungsort, dem Offshore-Windpark »Baltic 1« in der Ostsee. Durch eine Kolksicherung wird das es am Meeresboden befestigt und zur besseren Orientierung mit einer an der Wasseroberfläche sichtbaren Markierungsboje gekennzeichnet. Anschließend wird die bei GICON/ESG konstruierte Plattform von Stralsund nach Sassnitz transportiert, wo die Windkraftanlage montiert wird. Die Fertige Konstruktion wird anschließend von Sassnitz aus mit vier Schleppern, jeweils zwei vorn und achterlich des SOF, zu seiner Einsatzposition in der Ostsee gezogen. Dort angekommen justieren die Schlepper die Plattform millimetergenau, damit diese, durch Seile befestigt, auf das Schwergewichtsfundament gesetzt werden kann.

Diese Technik soll GICON zufolge zu einer deutlichen Kostenreduzierung führen, denn so könne auf Errichterschiffe, die bisher die Windkraftanlagen inklusive der Flügel direkt an ihrem Einsatzort im Meer montierten, komplett verzichtet werden. Die neu entwickelte Transportlösung komme beim SOF-Funktionsmuster allerdings noch nicht zum Einsatz, teilt das Unternehmen mit.


Thomas Wägener