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Die Möglichkeit bestand schon seit Anfang 2016. Nun macht Peking ernst. Seit Anfang April gibt es erste Emissionsschutzgebiete (ECA). Weitere werden in den nächsten Jahren folgen. Für die Schifffahrt kehrt somit ein Entscheidungsbedarf zurück.
Bislang galt China nicht unbedingt als Vorreiter einer umweltfreundlicheren Schifffahrt. Das soll sich nun sukzessive ändern. Verschärfte Grenzwerte von zunächst[ds_preview] 0,5% Schwefelgehalt im Kraftstoff gelten in den Häfen Shanghai, Ningbo-Zhoushan, Suzhou und Nantong. Sie gehören zu den elf »key ports«, die von der Regierung auserkoren wurden, um die ökologische Initiative voranzutreiben. Ihnen war es bereits seit Jahresbeginn möglich, Grenzwerte einzuführen. Zum 1. Januar 2017 sind sie sogar dazu verpflichtet. Die übrigen Standorte sind Guangzhou, Shenzhen, Zhujiang, Tianjin, Qinhuangdao, Tangshan und Huanghua.

2018 kommen alle weiteren Häfen im Pearl River Delta, Yangtze Delta und in der Bohai See hinzu, ein Jahr später auch größere Gewässerbereiche in diesen Gebieten. Ende 2019 will die Regierung die Entwicklung evaluieren und darüber entscheiden, ob die Grenze sogar auf 0,1% Schwefelgehalt gesenkt wird und weitere Seegebiete einbezogen werden.

Es ist zwar noch nicht bekannt, wie intensiv die chinesischen Behörden die Einhaltung der Grenzwerte kontrollieren und wie sie gegebenenfalls sanktionieren werden. Reeder werden sich aber dennoch Gedanken machen müssen, wie sie die Vorgaben künftig einhalten können. China ist ein wichtiger Markt und die betreffenden Häfen sind hochfrequentiert. Entsprechend steigt die Wahrscheinlichkeit, von den ECA-Regulierungen künftig betroffen zu sein. Bislang wurde über das Thema vorrangig in Nordamerika und Europa gesprochen, wo eine noch strengere Grenze von 0,1% Schwefelgehalt gilt.

Einige Zeit bevor dort die Emissionsschutzgebiete eingeführt wurden, entwickelte die maritime Industrie Produkte zur Reduzierung von Emissionen. Allen voran die Abgaswäscher (»Scrubber«) galten anfangs als probates und effizientes Mittel. Letztlich haben sie sich aber nicht so flächendeckend durchgesetzt, wie es sich die Entwickler erhofft hatten. Aus Reedereien hieß und heißt es des Öfteren, die Anlagen seien technisch noch nicht ausgereift und für viele aus der schwer gebeutelten Reedereibranche nicht finanzierbar.

In unermüdlich vorgebrachten Positionspapieren hatte die Branche vor allem in Europa eine Verlängerung der Frist bis zum Inkrafttreten der Vorgaben gefordert. Doch die Gesetzgeber ließen nicht mit sich reden. Letztlich mussten sich die Reeder fügen, wie sie es nun in China tun müssen. Ein Großteil setzt zur Einhaltung der Grenzwerte bislang auf den »fuel switch«: Bei Einfahrt in eine ECA wird von Schweröl auf Marinediesel gewechselt. Das funktioniert recht gut, so dass sich die Reeder noch nicht veranlasst sahen, über eine Alternative nachzudenken. Möglicherweise ändert sich das, je mehr ECAs ausgerufen werden, speziell wenn es derart vielbefahrene Seegebiete wie die vor Chinas Küsten betrifft. Der Einsatz von Scrubbern könnte sich dieser Logik folgend zunehmend lohnen.

Allerdings liegen noch immer riesige Seegebiete zwischen China, Nordamerika und Europa, in denen mit Schweröl gefahren werden kann. Entsprechend gering dürfte zunächst das Interesse an Abgaswäschern oder alternativen Methoden bleiben.

Für die erste Stufe der Regulierung würde eine Versorgung von Schiffen mit Landstrom für eine Reduzierung des Problems sorgen. Dies ist jedoch in vielen chinesischen Häfen noch nicht möglich. Ob die Standorte außerdem in der Lage sein werden, ausreichende Mengen von Kraftstoff mit geringerem Schwefelgehalt anbieten zu können, wird in Expertenkreisen zum Teil bezweifelt.

Hinzu kommt das Thema »Kontrolle« und die Frage, als wie schmerzhaft mögliche Strafzahlungen empfunden werden. Bezüglich der Sanktionen in europäischen Gewässern gibt mancher Reeder hinter vorgehaltener Hand zu, die zum Teil vergleichsweise geringen Strafen durchaus in Kauf zu nehmen, anstatt in teure Technologien zu investieren, die noch nicht überzeugt hat.
Michael Meyer