Print Friendly, PDF & Email

Die Krise auf den Schifffahrtsmärkten wird auch deutsche Gerichte noch einige Zeit beschäftigen. Der Bundesgerichtshof hat mittlerweile eine neue Möglichkeit der Sanierung von Schiffsgesellschaften geschaffen, bei der es um Regress-Forderungen zwischen Kommanditisten geht
Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 29. September 2015 bestätigt, dass Treugeber-Kommanditisten, die einen freiwilligen Sanierungsbeitrag geleistet haben[ds_preview], die nicht zahlenden Treugeber-Kommanditisten anteilig in Regress nehmen können. Damit hat er einer neuen Möglichkeit der Sanierung, insbesondere von Fondsgesellschaften, den Weg geebnet. Treugeber-Kommanditisten können eine Sanierung quasi vorfinanzieren und sich im Innenverhältnis nicht nur an direkt, sondern auch an indirekt beteiligte, nicht leistende Anleger wenden und anteilig Regress verlangen.

Hintergrund

Der vom BGH entschiedene Fall (II R 403/13) betraf einen Fonds, dessen Anleger sich lediglich mittelbar beteiligten, indem sie Treugeber einer Treuhand-Kommanditistin waren. Die Treugeber waren allerdings aufgrund des Gesellschafts- und Treuhandvertrages unmittelbaren Kommanditisten gleichgestellt, denn die Treugeber erhielten Ausschüttungen und Informationen über die Gesellschaft direkt und übten ihre Stimmrechte bei Gesellschafterversammlungen selbst aus. Die Treuhänderin hingegen trat in der Gesellschaft nicht Erscheinung.

Die Treuhänderin hatte ihre Kommanditeinlage ursprünglich durch Zahlungen der Treugeber-Kommanditisten geleistet, jedoch lebte ihre Haftung durch Ausschüttungen nachträglich wieder auf. Eine Haftung der Treugeber-Kommanditisten im Außenverhältnis gegenüber Gesellschaftsgläubigern (§§171, 172 IV HGB) besteht nach Auffassung des BGH gleichwohl nicht. Denn die vertragliche Gleichstellung der Treugeber-Kommanditisten mit unmittelbar an der Gesellschaft beteiligten Kommanditisten betrifft nur das Innenverhältnis der Gesellschaft.

Aufgrund der drohenden Insolvenz der Gesellschaft beschlossen die Gesellschafter mehrheitlich ein Sanierungskonzept, welches unter anderem die Rückzahlung der Ausschüttungen durch die Gesellschafter vorsah. Etwa die Hälfte der Anleger zahlte daraufhin die Ausschüttung zurück und zwar an einen Sanierungstreuhänder, der mit dem Geld wiederum die Gesellschaftsgläubiger befriedigte. Das Sanierungskonzept wurde letztlich erfolgreich umgesetzt.

Die zahlenden Treugeber verlangten mit ihrer Klage von ihren Mit-Treugebern einen anteiligen Ausgleich in Höhe eines Teilbetrages der Ausschüttungen, da die Gesellschaft nicht in der Lage war, den gegen sie gerichteten Regressanspruch der zahlenden Treugeber gem. §110 HGB zu erfüllen.

Diesen Regressanspruch der Treugeber hat der BGH analog § 426 BGB (Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern) bejaht. Wären die Anleger unmittelbare Gesellschafter, so hätte sich der Ausgleichsanspruch direkt aus §426 BGB ergeben, da Kommanditisten den Gesellschaftsgläubigern bis zur Höhe ihrer Hafteinlage gleichermaßen haften. Die Hürde dieses für Fondsgesellschaften typischen Falles, dass die Anleger keine unmittelbaren Gesellschafter sind und gegenüber Gesellschaftsgläubigern gerade nicht haften, hat der BGH mit einer analogen Anwendung des §426 BGB genommen.

Er begründet dies damit, dass mittelbar jeder Treugeber im Außenverhältnis gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft haftet, denn die Treuhänderin habe im Fall ihrer Außenhaftung einen Anspruch gegen die Treugeber auf Freistellungs- bzw. Aufwendungsersatz. Wirtschaftlich haften am Ende also ausschließlich die Treugeber-Kommanditisten. Sie stehen in Bezug auf ihre Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern auf gleicher Stufe, sodass sie nach Auffassung des BGH wie Gesamtschuldner (§426 BGB) untereinander immer zum Ausgleich verpflichtet sind.

Auswirkung auf Sanierungspraxis

Die Entscheidung des BGH statuiert eine Verpflichtung auch von Treugeber-Kommanditisten, sich an einer Sanierung der Gesellschaft im Rahmen ihrer übernommenen Hafteinlage zu beteiligen. Nicht zahlende Treugeber-Kommanditisten können daher nicht länger erwarten, an einer Sanierung durch neue Gewinnchancen zu partizipieren, ohne einen Beitrag hierzu geleistet zu haben. Außerdem können die zahlenden Treugeber-Kommanditisten auch im Fall einer gescheiterten Sanierung Regress von den anderen Kommanditisten verlangen.

Insbesondere für den Fall, dass der Gesellschaftsvertrag ein »Sanieren oder Ausscheiden« ausschließt oder die Gesellschafter nicht bereit sind, ein neues Verlustrisiko durch die Übernahme zusätzlicher Einlagen zu übernehmen (auch nicht im Wege von Vorzugskapital), besteht nun eine neue Möglichkeit der Sanierung von Fondgesellschaften durch die Treugeber-Kommanditisten selbst. Voraussetzung hierfür ist in jedem Falle, dass die Außenhaftung aufgrund fehlender Hafteinlagen (z.B. durch Ausschüttungen) noch besteht und ein Regress gegen die Gesellschaft selbst mangels liquider Mittel nicht möglich ist.

Ein Anreiz für einen freiwilligen Sanierungsbeitrag dürfte die Tatsache sein, dass im Fall einer Insolvenz der Insolvenzverwalter die Treugeber auf Rückzahlung der Liquiditäts-Ausschüttungen in Anspruch nehmen wird. Ein Betrag in Höhe der Hafteinlage ist damit gegebenenfalls ohnehin zu zahlen. Zahlt der Anleger allerdings freiwillig, ermöglicht er dadurch eine erfolgreiche Sanierung und erhält sich dadurch die Chance auf künftige Gewinne. Die nicht zahlenden Anleger müssen nunmehr befürchten, anteilig von den leistenden Anlegern in Regress genommen zu werden. Dies dürfte ein Argument sein, mehr Anleger von der Beteiligung an einer Sanierung zu überzeugen.

Autoren:

RA/StB Dr. Christoph Morgen,

RAin Carola Clüsener

c.morgen@brinkmann-partner.de

Brinkmann & Partner

Carola Clüsener, Christoph Morgen