Kundenorientierung, Flottenoptimierung, Partnersuche – die Mehrzweck- schifffahrt will nach vorne blicken. Aber wohin soll der Blick gehen? Mit dem Fernglas in[ds_preview] die Weite zu schauen wird allein nicht helfen. Das Spieglein an der Wand sollte ebenfalls zu Rate gezogen werden. Wer ist die Schönste im ganzen MPP-Land? Falsche Frage. Besser ist: Wie kann ich mich aufhübschen?
Ja, man ist auch abhängig von Politik und Weltwirtschaft, das gilt für das MPP-Segment wie für den Rest der Handelsschifffahrt. Beeinflussen kann man das aber nicht. Ergo gilt es, sich flexibel und effektiv aufzustellen. Größe ist dabei ein Faktor. BBC, Zeamarine und Cosco gehen diesen Weg, auch die Spliethoff-Gruppe, deren Flotte durch die vielen Schiffskäufe von der insolventen Reederei Hansa Heavy Lift auf mehr als 70 Schiffe angewachsen ist. Kleinere Befrachter haben es immer schwerer, wie der Schrumpfkurs bei DS Minibulk zeigt – es sei denn, sie haben einen Wachstumskurs eingeschlagen, siehe dship aus der deugro-Gruppe.
Ein Blick in den Spiegel bewirkt nicht zuletzt eine stärkere Fokussierung auf den Kunden. Die MPP-Schifffahrt muss sich ein Stück weit neu erfinden, meinen Beteiligte – vor allem diejenigen mit entsprechenden Mitteln zur Neuerfindung…
Der Weg ist eingeschlagen, und zwar auf drei Pfaden: besagte Kundenorientierung und Größe sowie die Suche nach Partnern, sei es in finanzieller oder struktureller Hinsicht, sprich mit Blick auf den Ladungszugang. Besonders aktiv ist die Bremer Zeaborn-Gruppe mit dem Bauunternehmer Zech im Rücken. Erst die Übernahme der Rickmers-Linie und des US-Carriers Intermarine, zuletzt der Verkauf einiger Rickmers-Schiffe an den britischen Finanzinvestor Tufton. Der hatte schon 2018 im HANSA-Interview sein Interesse an deutscher MPP-Tonnage bekräftigt und macht seine Ankündigung nun wahr.
Nicht zu vergessen: das Damokles-schwert »Banken«. Wer greift sich deren Schiffe und was macht er damit?
Hoffnung auf bessere Märkte machen die ab 2020 geltenden strengeren Umweltvorgaben der IMO sowie die folgende Flottenmodernisierung – Stichwort Tonnageverknappung. Darauf allzu sehr verlassen sollte man sich aber nicht. Sicher, das Verschrottungspotenzial ist vorhanden, 20% der Tonnage sind älter als 15 Jahre. Aber ein Blick in die Nachbarschaft sollte Warnung genug sein: In der Containerschifffahrt sorgen die Nachrüstungen wohl tatsächlich für Entlastung. Irgendwann ist das Potenzial aber ausgeschöpft und die Schiffe drängen zurück in den Markt. Außerdem: Trotz Verschrottungen und Neubau-Serien ist auch in der Containerflotte noch immer ein Anteil von 18% älter als 15 Jahre.
Langer Atem ist also ebenso gefragt wie zeitgemäße Geschäftsmodelle. Wohl dem, der Fernglas und Spieglein zur Hand hat … und zu benutzen weiß. Und zwar ohne alte Fehler zu wiederholen. Ein direkt Beteiligter malt den Teufel hinter vorgehaltener Hand an die Wand: »Wir sollten nicht so naiv sein zu glauben, dass bei einem besseren Markt nicht wieder ordentlich bestellt wird, nur weil wir schwere Jahre hinter uns haben.«
Viel Spaß beim Lesen wünscht Michael Meyer
Michael Meyer