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Albrecht Gundermann Geschäftsführer Euromar (Foto: Euromar)

Albrecht Gundermann
Geschäftsführer – Euromar

Das deutsche Modell der Schiffsfinanzierung durch Schiffsfonds gehört nun schon seit einiger Zeit der Vergangenheit an. Damit sind deutsche Reedereien gezwungen, ihr Geschäftsmodell breiter aufzustellen. Als Reaktion darauf ist es einer ganzen Reihe deutscher Reedereien in den letzten Jahren [ds_preview]gelungen, ausländisches Kapital einzuwerben, oder Bereederungsdienstleistungen erfolgreich ausländischen Eigentümern anzubieten. Hier herrscht international ein knallharter Wettbewerb. Deutschland ist bekanntermaßen kein billiger, aber ein guter Standort für die Schifffahrt. Jeder weitere Nachteil gegenüber ausländischen Wettbewerbern sollte hingegen vermieden werden.

»Für ein Containerschiff mittlerer Größe kommt schnell ein fünfstelliger Betrag zusammen«

Nach der im März 2018 ergangenen Entscheidung des Finanzgerichtes in Köln, die nun dem EuGH vorliegt, droht allen aus Deutschland bereederten Schiffen die Anwendung der deutschen Versicherungssteuer von 3% auf Kasko und 19% auf alle anderen Seeversicherungen wie P&I, Nebeninteressen, Loss of Hire, K&R o.a. Für ein Containerschiff mittlerer Größe kommt so schnell ein fünfstelliger Betrag an Versicherungssteuer p.a. zusammen. Schon das Erscheinen des deutschen Bereederers als Mitversicherter auf der Police für ausländische Eigentümer schafft ggf. einen solchen Tatbestand.

Dieses Thema hat in den letzten Monaten in Deutschland für erhebliche Aufmerksamkeit gesorgt, denn die Marge des Bereederungsgeschäfts wird damit empfindlich reduziert, während ausländische Wettbewerber diesen Nachteil nicht haben. Berufung ist in dem fraglichen Verfahren eingelegt worden. Allerdings kann es durchaus zwei Jahre dauern, bis eine Entscheidung vorliegen wird. Solange hängt das Damoklesschwert über den Schiffen bzw. den Reedern. Unternehmen brauchen allerdings Planungssicherheit.

»Der deutsche Fiskus hat hier eine sehr extensive Auslegung angestellt«

Für die Beantwortung der Frage, unter welchem Recht die Prämien zu versteuern sind, ist die Lage des versicherten Risikos maßgeblich. Der deutsche Fiskus hat hier eine sehr extensive Auslegung angestellt und will das deutsche Recht gelten lassen. Anderes gilt nur, wenn das Schiff ausschließlich bei einem Register in einem anderen europäischen Staat eingetragen wird, wie z.B. Malta oder Portugal; nicht aber gemäß Auslegung des Bundesfinanzministeriums bei einem außereuropäischen Registerstaat – dann fällt die deutsche Versicherungssteuer wieder an, wenn der Versicherungsnehmer seinen Sitz in Deutschland hat.

Bei ausschließlicher Registrierung des Schiffes in einem anderen EU Staat gilt das dortige Recht unabhängig davon, wo der Versicherungsnehmer seinen Sitz hat. In diesem Fall aber sind nicht mehr die Voraussetzungen der deutschen Tonnagesteuer erfüllt, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann. Diese Lösung ist nur dann hilfreich, wenn das Schiff ohnehin nicht unter die deutsche Tonnagesteuer geht.

»Rechtslage ergibt keinen Sinn«

Diese Rechtslage kann nur politisch korrigiert werden. Sie ergibt schlicht keinen Sinn. Wenn es deutschen Reedereien gelingt, sich erfolgreich neu aufzustellen, darf nicht eine unbedachte Gesetzgebung/-auslegung bzw. Rechtsprechung ein Hindernis darstellen. Bundesfinanzminister Scholz ist gut beraten, kurzfristig eine Lösung zu erreichen und befindet sich in der Bringschuld gegenüber der maritimen Wirtschaft. Sein Parteifreund Staatsrat Schulz aus Bremen hat bereits bei der Nationalen Maritimen Konferenz die Abschaffung der Versicherungssteuer gefordert. Wollen wir hoffen, daß er Gehör findet. Bei allem Verständnis gegenüber dem Gedanken keine Abweichungen vom Besteuerungssystem zuzulassen, muß sich ein Gesetz an seinem Ergebnis messen lassen.