»Das Risiko fährt immer mit«

Kapitän Udo Helge Fox ist seit 2001 Mitglied der Geschäftsführung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) in Bremen. Zuvor war er Chef der Seenotleitung (MRCC). Bis Anfang 2019 stand der heute 59-Jährige zudem an der Spitze des Weltverbandes International Maritime Rescue Federation (IMRF), bevor er nach zwölf Jahren sein Amt turnusgemäß abgab.

Udo Helge Fox ist kein Mann der lauten Töne. Aber ständig auf Achse. »Wenn ich nur im Büro sitze, werde[ds_preview] ich unruhig«, sagt der Geschäftsführer der deutschen Seenotretter. Er ist mit knapp 20 Jahren in Diensten der DGzRS mittlerweile ein Urgestein.

Dabei war es eher dem Zufall geschuldet, dass er nach seinem Nautik-Studium und acht Jahren als Offizier auf See über Umwege überhaupt in Bremen gelandet ist. Er habe damals einen Job an Land gesucht und heuerte schließlich bei den Seenotrettern an – »obwohl ich damals nicht viel über sie wusste«, erzählt er. »Und ich wollte auch nicht unbedingt lange bleiben.« Doch es kam anders.

Als Chef der Seenotleitung fing er an, damals. Die Zentrale in Bremen koordiniert die jährlich mehr als 2.000 Einsätze der Rettungskreuzer und -boote, und Fox leitete die Einsätze. Seit 2001, und damit immerhin schon 18 Jahre lang, ist er Mitglied der Geschäftsführung der DGzRS und zuständig für den technisch-nautischen Bereich. Wollte er das? »Ich wurde gefragt, ob ich mir das zutraue. Diese Herausforderung hat mich gereizt.« Auf einem der Seenotrettungskreuzer ist er zwar nie aktiv gefahren, und dennoch hat er die Entwicklung der ausschließlich auf Spenden angewiesenen Gesellschaft maßgeblich mitbestimmt.

Sein Wirkungskreis reicht aber weit über Bremen hinaus. Zwölf Jahre lang stand er an der Spitze der in Stonehaven (Schottland) beheimateten International Maritime Rescue Federation (IMRF), des internationalen Verbandes der Seenotretter. Er baute 2016 auf dem Höhepunkt der jüngsten Flüchtlingskrise mit Kollegen einen Rettungsdienst in Griechenland auf, er half und hilft in Afrika bei ähnlichen Projekten. Er ist Gastdozent an der World Maritime University in Malmö (Schweden) und war viele Jahre Vertreter Deutschlands bei der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO). Für seine Verdienste um die Seenotrettung wurde er erst Anfang dieses Jahres mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Von Todesfällen verschont

In seiner gesamten Zeit bei der DGzRS sei kein einziger Seenotretter im Einsatz tödlich verunglückt, »Gott sei Dank«. Die letzten beiden Toten hatte es 1995 beim Unglück des Kreuzers »Alfried Krupp« in der Nordsee vor Borkum gegeben. Seit ihrer Gründung hat die DGzRS 45 Männer verloren – dafür aber mehr als 81.000 Menschenleben gerettet. »Das ist unser Erfolg«, sagt Fox, »aber den mussten und müssen wir uns auch jeden Tag neu erarbeiten«. Rein statistisch sei ein Unglücksfall »überfällig«, sagt Fox. »Also müssen wir unsere Strukturen, Abläufe und Schiffe ständig überprüfen, in Frage stellen und immer weiter verbessern.«

Ein Personalproblem kennt die DGzRS bisher nicht, »noch nicht«, schränkt Fox ein. Denn in den kommenden zehn Jahren verliert die DGzRS altersbedingt die Hälfte aller Besatzungen. Daher wird die Aus- und Fortbildung künftig ein bestimmendes Thema. Die Zahl der Nautiker nehme landesweit ab und damit auch die Zahl der möglichen Bewerber. »Wir werden künftig selbst ausbilden müssen« sagt Fox. Gesucht werden Menschen mit einem technischen Abschluss mit einer Affinität zum Meer und der Seefahrt, Mechatroniker zum Beispiel. Für sie könnte es eine zweijährige Ausbildung geben, die ihnen die nötige Seemannschaft vermittelt. Erstmals in ihrer Geschichte schafft die DGzRS ein Ausbildungsschiff an, das mit angehenden Seenotrettern ablegt. Vielleicht das letzte große Projekt für Fox in seiner aktiven Zeit bei der DGzRS.

In zwei Jahren ist für ihn Schluss, dann beginnt die passive Phase seiner Altersteilzeit. »Aber auch dann werden ich mich weiter engagieren«, ist er sicher.