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Die Ostseeregion als Absatzmarkt wächst stetig. Häfen wappnen sich durch eine leistungsstärkere Suprastruktur für die immer größere Frachter, auch Landstrom steht im Fokus.

Größere Containerschiffe hatten in der Ostsee noch vor wenigen Jahren Seltenheitswert. Einen Absatzmarkt für viele Waren gab es dort zwar[ds_preview] schon immer, nur wurden die Güter oftmals erst in die Seehäfen der Nordrange geliefert, um sie dann per Feederschiff in den Ostseeraum weiter zu transportieren.

Das hat sich inzwischen grundlegend geändert. Denn nicht zuletzt aufgrund des niedrigeren Kraftstoffpreises ist es für die großen Reedereien zunehmend attraktiv geworden, auch mit ihren großen Schiffen die Ostseehäfen zu bedienen – zum Leidwesen der Häfen in Nordwesteuropa. Entsprechend wurden Fahrpläne um Anläufe in Göteborg, Aarhus, Gdansk oder im russischen Bronka Port erweitert.

In Kürze gibt es mit dem Stockholm Norvik Port einen weiteren Standort in der Ostsee, an dem Container umgeschlagen werden können. Der neue Hafen, der sich etwa 50km südlich der schwedischen Hauptstadt befindet, ersetzt das CTF Container Terminal in Frihamnen in Stockholm, weil dort nur kleinere Schiffe festmachen konnten.

Neben Containern werden im Stockholm Norvik Port auch RoRo-Güter umgeschlagen. Der Baustart erfolgte im September 2016, in diesem Mai ist nun die offizielle Eröffnung vorgesehen. Betreiber des Containerterminals mit einer Fläche von 32 ha und einer Kailänge von 800 m ist Hutchison Ports. Die Wassertiefe an der Kaje beträgt 16,50 m. Acht jeweils 16m hohe und 70 t schwere Straddle Carrier des chinesischen Herstellers ZPMC stehen zur Verfügung, die bis zu vier Boxen übereinander stapeln können. Die ersten beiden Super-Post-Panamax-Brücken haben Mitte März den Hafen erreicht.

Im Herbst dieses Jahres soll dann auch die RoRo-Anlage eingeweiht werden, die von Ports of Stockholm in Eigenregie betrieben wird. Die Einrichtung umfasst eine Fläche von 12ha und verfügt über einen Kai mit einer Länge von 525m. 200.000 Fahrzeuge können dort jährlich umgeschlagen werden.

Mittlerweile gibt es auch in anderen Bereichen der Ostsee mehrere Umschlagplätze für Container, an den größere Frachter festmachen können. Allen gemein ist das relativ junge Alter.

Bronka Port hat noch Potenzial

Aus einem ähnlichen Grund wie in Stockholm wurde in Russland der Bronka Port gebaut, der sich außerhalb von St. Petersburg befindet. Auch in der russischen Metropole wurden die Kapazitäten knapp, auch die Fahrwassertiefe reichte für größere Containerschiffe nicht mehr aus. Somit musste auch hier ein neuer Umschlagplatz her, der schließlich Ende 2015 eröffnet wurde. Besitzer und Betreiber ist Fenix LLC St.Petersburg.

Derzeit liegt die Kapazität des Hafens bei 500.000TEU. Nach Auskunft der Russen gibt es Pläne, das Ladungsvolumen auf bis zu 1,9Mio. TEU pro Jahr zu steigern. Um das zu erreichen und Bronka Port bekannter zu machen, hat der Betreiber einen Agenturvertrag mit der NBG Nouschirvan Beteiligungsgesellschaft in Hamburg unterzeichnet. Neben Containern wird vor den Toren St. Petersburgs auch Projektladung, Stückgut und RoRo-Fracht verladen. Die derzeitige Kapazität im RoRo-Umschlag liegt bei 130.000 Fahrzeugen, auch hier soll es eine Steigerung auf 200.000 Einheiten pro Jahr geben. Die Entwicklung des Hafens verlaufe sehr dynamisch, teilt der Betreiber mit. Mit großen Reedereien und der Industrie gebe es bereits langfristige Verträge, heißt es – insbesondere mit der Automobilindustrie.

Auch Polen verfügt über einen Boxenumschlagplatz, der die derzeit weltgrößten Schiffe abfertigen kann. Um dies zu ermöglichen, wurde am Containerterminal DCT Gdansk im September 2019 der achte »ultragroße« Liebherr-Containerkran installiert. Diese Brücken können bis zu 25 Containerreihen überspannen.

Die »MSC Gülsun« war das weltweit erste Containerschiff mit 24 Reihen in der Breite – Ende August 2019 machte es erstmals an der Anlage in Gdansk fest. Dabei wurden 11.000 Container gelöscht bzw. geladen.

Das Klaipedos Smelte Container Terminal (KSCT) in Litauen hat einen weiteren Ship-to-Shore-Kran von Konecranes erhalten. Das neue Umschlaggerät, das vierte dieser Art in Klaipeda, soll Anfang April im Betrieb gehen. Ein fünfter Kran wird im zweiten Quartal angeliefert. Im Vergleich zu den vorhandenen drei Anlagen können die beiden neuen Geräte bis zu 19 Containerreihen bedienen. Die vorhandenen Krane schaffen eine Reihe weniger.

Das Terminal wird hauptsächlich von MSC genutzt. Betreiber ist TIL, das Terminal-Tochterunternehmen der Reederei aus Genf. Auch Schiffe von SeaLand (Maersk), Samskip und Nor Lines machen dort fest. Die Umschlageinrichtung ist eines von zwei Containerterminals in Klaipeda. Am Klaipeda Konteineriu Terminalas (KKT) wurden 2019 rund 641.000 Standardboxen bewegt. Hier machen unter anderem Frachter von Cosco, Hapag-Lloyd, CMA CGM, Containership, Unifeeder fest. Auch für diese Umschlageinrichtung befinden sich zwei Krane in Bau. Im Februar hat die Klaipeda State Seaport Authority beschlossen, die seewärtige Zufahrt auf 15m zu vertiefen. Bisher wurde nur der Außenbereich des Kanals auf 15m ausgebaggert. Erlaubt ist hier ein Tiefgang von 13,80m.

Göteborg baut Bahnstrecke aus

Auch das schwedische Göteborg ist im Containerumschlag seit langem aktiv. Rund 60% des Boxenaufkommens im Land laufen über diesen Hafen. Es gibt Direktverbindungen nach Nordamerika, Nordafrika, in den Mittleren Osten sowie nach Indien, Südkorea, China und andere Teile Asiens. Tägliche laufen Feederdienste die wichtigsten Des­tinationen in Europa an. Der Hafen verfügt über insgesamt 630m Kailänge für Containerschiffe.

Bis zu 400m lange Einheiten können im Skandia Harbour festmachen, in dem eine Wassertiefe für bis zu 13,50 tiefgehende Schiffe besteht. Betreiber ist APM Terminals Gothenburg, Teil der dänischen ­Maersk-Gruppe.

Im vergangenen Jahr war der Containerumschlag zum zweiten Mal in Folge um 3% auf 772.000TEU gestiegen. Zuwachs gab es vor allem im Bahnverkehr, der ein Plus um 14% auf 456.000TEU verzeichnete. Dies sei das größte Bahnvolumen in der 400-jährigen Geschichte des Hafens, teilten die Schweden mit.

Damit künftig noch mehr Waren per Bahn statt mit dem Lkw ins Hinterland transportiert werden können, wird die sogenannte Gothenburg Port Line ausgebaut, eine der wichtigsten Eisenbahnstrecken Schwedens. Derzeit ist die rund 10km lange Verbindung nur eingleisig. Um das Volumen des Bahnverkehrs zu erhöhen, kommt ein zweites Gleis hinzu. Der neue Abschnitt soll 2023 für den Zugverkehr freigegeben werden.

Die Göteborger Hafenlinie wird derzeit von etwa 80 Zügen pro Tag befahren und ermöglicht nach Abschluss des Umbaus theoretisch einen Güterverkehr von 200 bis 240 Zügen pro Tag, sagt Patrik Benrick, Senior Investigation Director bei der schwedischen Verkehrsbehörde.


Thomas Wägener