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Das von Umweltschützern geforderte Transport- und Verbrauchsverbot von Schweröl

in der arktischen Schifffahrt rückt näher. Bei der IMO wurde eine entscheidende Hürde genommen, allerdings dürfte es bis zur Umsetzung noch dauern.

Die Arktis gilt in der Schifffahrt (und der Politik der Anrainerstaaten) als Region mit großem ökonomischen Potenzial. In die Nordost[ds_preview]- und Nordwestpassage an den Küsten von Kanada und Russland werden große Hoffnungen gelegt, sie sollen im Zuge des Klimawandels stärker für Schiffstransporte genutzt werden können. Kürzere Seewege zwischen den Märkten bedeuten geringere Kosten, so die Rechnung von interessierten Reedereien.

Doch ungeachtet der witterungsbedingten Unsicherheiten schwebt ein ökologisches Thema wie ein Damokles-Schwert über den Plänen: das Verbot von Transport und Verbrauch von Schweröl in der Arktis. Umweltschützer fordern seit Jahren ein Einschreiten der Internationalen Regulierungsinstitution IMO, ihnen geht es um Ölverschmutzungen aber auch um eine Zunahme von Emissionen.

Nun kommt Bewegung in die politische Sache. Im Rahmen ihrer – stets langwierigen – Regulierungsprozesse hat die IMO einen entscheidenden Schritt gemacht. Bei der letzten Sitzung des Unterausschusses für die Vermeidung von Ölverschmutzungen (PPR) einigten sich die Staaten auf einen Regulierungsentwurf – beziehungsweise sie stimmten Änderungsanträgen zur Marpol-Konvention zu, »um ein Verbot der Verwendung und Beförderung von Schweröl (HFO) als Treibstoff durch Schiffe in arktischen Gewässern am und nach dem 1. Juli 2024 einzuführen.«

Staaten sichern sich Ausnahmen

Ein solches Verbot würde die Verwendung und die Beförderung von Ölen mit einer Dichte bei 15° C von mehr als 900 kg/m3 bei 15° C oder einer kinematischen Viskosität von mehr als 180 mm2/s bei 50° C als Kraftstoff abdecken.

Die staatlichen Vertreter schrieben allerdings Ausnahmen in den Entwurf – wohl auch mit Blick auf die eigenen Behörden-Flotten und andersfalls nötige staatliche Investitionen: Schiffe, die zur Gewährleistung der Sicherheit oder für Such- und Rettungseinsätze eingesetzt werden, sowie solche, die für die Vorbereitung und Bekämpfung von Ölverschmutzungen bestimmt sind, wären davon ausgenommen.

Unter spezifischen Voraussetzungen, wenn »bestimmte Baunormen in Bezug auf den Schutz von Öltanks erfüllt sind«, müssen Schiffe zudem erst zum 1. Juli 2029 konform sein.

Ein Vertragsstaat mit arktischer Küstenlinie, kann außerdem bis zum 1. Juli 2029 vorübergehend auf die Anforderungen an Schiffe unter seiner Flagge verzichten, sofern »sie in Gewässern unter dessen Rechtssprechung operieren.«

Zur Einordnung: schon jetzt verbietet eine Marpol-Regelung die Verwendung oder Beförderung von Schwerölen auf Schiffen in der Antarktis; nach dem »Polar Code« werden Reeder außerdem bereits heute dazu angehalten, solches Öl auch in der Arktis nicht zu verwenden.

Im Vorfeld der Sitzung hatten Umweltschützer versucht, öffentlich Druck auszuüben. Sian Prior von der Clean Arctic Alliance, einer Koalition von 18 NGOs, kritisierte: »Die Maßnahmen sind überfällig. Jegliche Verzögerungen oder Ausnahmen werden die Gefahr nur vergrößern und das Ökosystem und die Lebensgrundlagen der Tierwelt gefährden.«

Unterstützung für ein Verbot war zuvor aus einer Reihe von Ländern, darunter sechs der acht Arktisstaaten, bekannt geworden. So hat sich etwa Kanada, das zusammen mit Russland bis dahin sehr zurückhaltend war, nun auch öffentlich für das Verbot ausgesprochen.

Entscheidung wohl erst 2021

Bei der IMO herrschte nach der Sitzung vor wenigen Wochen Zufriedenheit über den Fortschritt bei diesem Thema, dass in der breiten Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit erfährt. Bis es zu einer finalen Entscheidung kommt, dauert es jedoch noch.

Zunächst einigte man sich im PPR-Unterausschuss darauf, eine Arbeitsgruppe einzusetzen. Dort soll der Entwurf weiterentwickelt werden. Er dürfte den Schiffsbetrieb, den Schiffbau und das Bunkern von Schweröl, die Infrastruktur und die Kommunikation, die Verhinderung von Ölverschmutzungen, die Früherkennung und die Reaktion sowie die Aus- und Weiterbildung betreffen.

Sodann ist geplant, die Änderungsentwürfe dem Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC 76) vorzulegen, der nach jetzigem Stand im Oktober tagen soll. Dieser soll den Entwurf allerdings auch noch nicht durchwinken. Vielmehr soll er ihn »annehmen«, damit er bei der nächsten Sitzung verabschiedet werden kann – die ist allerdings erst für das Frühjahr 2021 terminiert. Je nach Entwicklung der »Corona-Krise« könnte es sogar zu weiteren Verzögerungen kommen.
Michael Meyer