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Deutsche Expertise und eine gute Portion Enthusiasmus haben es möglich gemacht: In diesen Tagen kehrt die »Peking« nach über 100 Jahren bewegter Geschichte dorthin zurück, wo alles begann: in den Hamburger Hafen. Die HANSA wirft ein Schlaglicht auf die vorerst letzte(n) Etappe(n): »huckepack« über den Atlantik zur Restaurierung bei der Peters Werft in Wewelsfleth

Nicht nur für Liebhaber war es ein trauriger Anblick auf der anderen Seite des großen Teichs. Jahrzehntelang lag der Viermaster[ds_preview] »Peking« im Hafen von New York. Wenig wurde sich um das Segelschiff aus der legendären Serie der »Flying P-Liners« gekümmert, mehr und mehr verlor es seine Eleganz und seinen Charme. Was hatte es alles durchgemacht in seinen fast 120 Lebensjahren… Wirklich geliebt wurde es im »Big Apple« nicht. Zumindest nicht auf die Art, wie von einigen Enthusiasten hierzulande. Als sie »wiederentdeckt« wurde, formierten sich schnell Freunde und Förderer, sie sammelten weitere Stimmen um sich, um das politisch wie wirtschaftlich und nautisch anspruchsvolle Projekt »Rückführung« wahr werden zu lassen.

Es dauerte schließlich Jahre, aber wie heißt es so schön? »Was lange währt …«. Die Liste der Unterstützer ist lang, zu lang um sie hier zu zeigen. Hervorzuheben ist unter anderem die Stiftung Hamburg Maritim, die sich um das Segelschiff sehr verdient gemacht hat.

Die letzten Tage im New Yorker South Street Seaport Museum markieren gleichsam eine – weitere – Zäsur für das Schicksal der »Peking«. Die abwechslungsreiche Geschichte kann andernorts gelesen werden – etwa in dem informativen wie reich bebilderten neuen Buch von Matthias Gretzschel (siehe Seite 45 in diesem Heft) –, wir legen einen Fokus auf die allerjüngste Vergangenheit des Schiffs, wo wie an kaum einer Stelle in seiner Vergangenheit Tradition auf Moderne, Handwerkskunst auf Hightech treffen.

Mit der Zusage des Bundes Anfang 2016, für eine umfangreiche finanzielle Unterstützung etlicher Hamburger Kulturprojekte großzügige Mittel bereitzustellen, hatte das Hin-und-Her um »Rückführung oder nicht« nun ein Ende gefunden. Allein 120Mio. € sollen als Startkapital für die Einrichtung eines künftigen Deutschen Hafenmuseums dienen. Für die »Peking«, die ein Teil, wenn nicht gar der Mittelpunkt dieses künftigen Hafenmuseums werden soll, war dies sogar »überlebenswichtig«, denn ein erheblicher Teil des Geldes musste für ihre Überführung und Erhaltung aufgewendet werden. Für die New Yorker Seite war das Ergebnis gleichermaßen wichtig, weil sie nun ein praktisch schrottreifes Schiff loswerden konnte.

Nun also sollte es zurück nach Deutschland gehen, allerdings nicht auf eigenem Kiel, sondern an Bord des Dockschiffs »Combi Dock III« der zur Bremer Harren-Gruppe gehörenden Reederei Combi Lift. Auf der Werft Caddell Dry Dock & Repair Co. war die »Peking« auf den Rücktransport vorbereitet worden.

Der FloFlo-Frachter (Float-on/Float-off), gebaut auf der Lloyd Werft und 2009 in Dienst gestellt, ist ein Semi-Submersible, kann also sein Ladungsdeck unter die Wasseroberfläche absenken, um schwimmende Lasten aufzunehmen. Die »Combi Dock III« wartete im Hudson River ein Stück vom Hafen entfernt bis zwei Schlepper das Segelschiff brachten. In rund 1,5 Stunden war die 14,4m breite »Peking« in den 16m breiten »Laderaum« eingeschwommen und bugsiert. Es folgten aufwendige, tagelange Lasch- und Sicherungsarbeiten an insgesamt 70 Punkten, bevor das Duett seinen Weg aufnehmen konnte. Nach Tagen auf hoher See, mit wiederholten Überprüfungen der Sicherheitsmaßnahmen, erreichte das Dockschiff die Deutsche Bucht.

Die Überfahrt über den Atlantik hatte 13 Tage gedauert. Eine Überprüfung durch die Klassifikationsgesellschaft DNV GL bestätigte, dass der Frachtsegler den Transport ohne weitere strukturelle Schäden überstanden hatte.

Die Reise endete zunächst in Brunsbüttel, von wo aus die »Peking« im Schlepp per Ponton zur Peters Werft in Wewelsfleth weitertransportiert wurde. Die Werft hatte von der Stiftung Hamburg Maritim den Zuschlag für die Restaurierung des historischen Frachtseglers erhalten, man erwartete aufwendige Arbeiten an Rumpf und Rigg. Die Stahlplatten waren zum Teil nur noch 4 mm statt wie ursprünglich 15mm dick. Die Wewelsflether hatten sich gegen große Konkurrenz durchgesetzt. Weil die ersten Angebote das vom Bund bewilligte Budget zum Teil überschritten hatten, war noch zweimal nachverhandelt worden.

Auf der Werft wurde direkt mit den aufwendigen Restaurierungsarbeiten begonnen: Teile der historischen Inneneinrichtung wurden ausgebaut und eingelagert, Schrott entsorgt, 260t Beton wurden entfernt. Die Arbeiten brachten allerdings auch einige historische Elemente wieder zum Vorschein. Die Rahen, zuvor an Deck gelagert, wurden an Land gebracht, die vier noch stehenden Masten und zuletzt auch der Bugspriet gezogen, die Holzdecks entfernt. Als »nackter Rumpf« ging es nach einigen Wochen ins Dock der Werft.

Erst nach aufwendigen Sandstrahlarbeiten konnte eine endgültige Überprüfung durch die Bauaufsicht stattfinden. Es zeigte sich ein gemischtes Bild. Einige Teile waren in einem schlechteren Zustand als noch in New York gedacht, andere, wie das Unterwasserschiff, in einem besseren, es konnte sogar erhalten werden.

Das Stahldeck wurde erneuert, wie auch 65% der Drahtseile, die Reparatur- und Erneuerungsarbeiten an der Außenhaut begannen. Bei den neuen Platten entschied man sich für ein Verschweißen, allerdings wurden die alten Nietverläufe nachgebildet.

Nach dem planmäßigen Ausdocken im Herbst 2018 standen Innenarbeiten von Schlossern, Schweißern und Schiffbauern an der Ausrüstungspier an. Es ging etwa um den Einbau fehlender Raumstützen, Knotenbleche und Rahmenspanten. Während der Zeit als Internatsschiff waren fast alle Luken entfernt worden, sie wurden nun nach alten Plänen originalgetreu rekonstruiert. Auch das Hauptdeck bis vor das Brückenhaus wurde erneuert.

Ein gutes halbes Jahr später ging es erneut ins Trockendock der Werft, weitere Arbeiten oberhalb der Wasserlinie starteten. Fast alle Planken konnten aufbereitet werden. »An der letzten Schraube hängend«, heißt es seitens der Stiftung, und bestehend aus sprödem Guss, wurde am Vorschiff eine der ursprünglichen Verzierungen am Ende einer Halbrundschiene entdeckt. Daraufhin wurden alle vier Pfeil­ornamente der Halbrundschienen originalgetreu nachgebaut.

Im Mai 2019 stand das Aufriggen auf dem Plan, den Startpunkt markierte das Einsetzen des originalgetreu aus Stahl nachgebauten Bugspriets, dessen Vorbild in New York stark gelitten hatte, bei einem Sturm war sogar die Nock abgebrochen. Zwei Krane sorgten für das Einsetzen der Masten.

Rund einen Monat später dann der nächste Umzug, mit einem Schlepper zurück an die Ausrüstungspier unter ein wetterfestes Dach. Nun folgten Verklebungen und letzte Arbeiten am Holzdeck bevor internationale Takelage-Experten sich an ihr Werk machten: die Herstellung und Überholung von stehendem und laufendem Gut, schließlich die Montage der Masten, Stengen und Rahen. Nachdem einige Grundsegmente aus den Niederlanden gekommen waren, wurden in den Werfthallen nach alten Zeichnungen Rahen und Stengen für das Rigg gefertigt, schließlich hatten nur zwei der ursprünglich 18 Rahen die wechselvolle Geschichte des Schiffs überstanden.

Eine neue Attraktion

Künftig wird sie also in Hamburg liegen, die »Peking«. Angesichts ihrer Geschichte und den Erfahrungen, die in ihren Bestandteilen schlummern, sollte sie mehr als nur ein touristischer Blickfang sein. Geht es nach den Förderern und Freunden, wird das Segelschiff schon bald ein weiteres Wahrzeichen der Stadt (und des Deutschen Hafenmuseums) sein und Zeugnis ablegen von der maritimen Geschichte. Das Schiff soll zum zentralen Schauobjekt des neuen »Deutschen Hafenmuseums« werden – am Bremer Kai –, eine große Aufmerksamkeit ist ihm also gewiss.