Die deutsch-deutsche Wiedervereinigung vor 30 Jahren hatte auch Folgen für die Seenotrettung auf See. Am 3. Oktober 1990 kam es zum Zusammenschluss.
[ds_preview]Fortan fungierten beide Dienste unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS).
Obwohl die DDR den Seenotrettungsdienst staatlich organisiert hatte, waren auch zwischen Poel und Ueckermünde weiterhin überwiegend Freiwillige im Einsatz. »Innerlich haben sich die meisten von uns auch während dieser Zeit der DGzRS zugehörig gefühlt. Laut sagen durften wir das allerdings nie«, erinnert sich Rainer Kulack. Er ist seit 50 Jahren Seenotretter und seit 30 Jahren Vormann der Station Kühlungsborn.
Zwar waren alle Bemühungen der 1865 gegründeten DGzRS, nach 1945 Kontakt zu ihren Stationen östlich von Travemünde zu halten, vergeblich. Doch hatten auch die Seenotretter in der DDR das gleiche Ziel: Menschenleben zu retten.
Mit der Wiedervereinigung 1990, im Jubiläumsjahr 125 Jahre nach ihrer Gründung, übernahm die DGzRS wieder den Seenotrettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern. »Größter Gewinn waren die hochmotivierten Besatzungen mit ihrer Erfahrung, Revierkenntnis und der Einstellung zu ihrer Aufgabe, die sich kein bisschen von der ihrer Kollegen im Westen unterschied«, heißt es heute seitens der DGzRS.
Bei aller Ähnlichkeit stellten sich den wiedervereinigten Seenotrettern sogleich »außerordentliche Herausforderungen«: Die veraltete Technik aus DDR-Zeiten sei der neuen Zeit mit dem zunehmenden Seeverkehr nicht gewachsen gewesen. Für Vormann Wolfgang Rätzer war deshalb die Taufe seines Seenotrettungskreuzers »Vormann Jantzen« vor 30 Jahren zur Wendezeit eine Zeitenwende: »Mit so einem schnellen Schiff war ich noch nie zuvor unterwegs gewesen. Nach einer der ersten Fahrten bin ich einmal im Traum über die Wellen geflogen.«. Sein neues Schiff war doppelt so schnell wie der DDR-Vorgänger und verfügte über Tochterboot, Feuerlöschanlage und Bordhospital.
Die Stationierung des eigentlich für Grömitz vorgesehenen Kreuzers in Warnemünde sollte unterstreichen, dass dort eben nicht »alte Schuhe aus dem Westen aufgetragen« werden sollten. Und bewusst erhielt der Neubau den Namen des legendären Warnemünder Lotsenkommandeurs. Stephan Jantzen hatte von 1867 bis 1903 mit seiner Freiwilligen-Mannschaft rund 80 Menschen das Leben gerettet.
Die »Vormann Jantzen« ist 30 Jahre nach der Wiedervereinigung in diesem Jahr wieder einmal einige Wochen lang auf ihrer ersten Station Warnemünde im Einsatz gewesen. Als Springer vertritt sie heute wechselnd andere Einheiten bei Werftzeiten. »Nach wie vor ist das Schiff gerade in Mecklenburg-Vorpommern sehr bekannt. Seine Geschichte wird nicht vergessen werden«, ist Wolfgang Rätzer überzeugt.