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Die Hamburger Schulte Group, einer der größten maritimen Dienstleister weltweit, sieht gute Aussichten für ihre Gassparte – sowohl beim Transport als auch bei der Bebunkerung. Ein Ausbau der Aktivitäten steht auf der Agenda.

Mit 90 eigenen und rund 600 Schiffen im Management/Crewing gehört die Hamburger Schulte Group zu einem der wichtigsten Akteure[ds_preview] in der Schifffahrt. Diversifizierung wird seit jeher als der Schlüssel zum Erfolg bei dem in fünfter Generation geführten Unternehmen angesehen. So hatte die Gruppe in den vergangenen Jahren neue Geschäftsfelder wie Offshore oder Kreuzfahrt erschlossen und auch eine eigene Finanzsparte gegründet. Auch die Flottenstruktur ist bewusst breit angelegt.

So hat auch die Gasschifffahrt eine lange Tradition im Konzern. Bereits 1968 war das Hamburger Unternehmen in das Tankergeschäft und 1990 in das LNG-Segment eingestiegen. Felix Leggewie, Chief Operating Officer (COO) bei Bernhard Schulte, der Ship-Owning-Sparte der Schulte Group, formuliert einen klaren Anspruch: »Wir wollen künftig eine führende Position in der LNG-Schifffahrt einnehmen.« Das betreffe sowohl das Eigentum an Spezialtankern als auch das Management solcher Einheiten sowie das Bunkergeschäft.

Die Schulte-Group-Flotte wird von elf Shipmanagement Centres, darunter Hamburg, Newcastle (Großbritannien), Athen (Griechenland) und Singapur, aus betreut. Darunter ist mit der »Marvel Hawk« (174.000m3) ein erster eigener LNG-Tanker, der mit Co-Investor Mitsui (Japan) gebaut wurde. Weitere Einheiten könnten dazukommen. »Mit eigenen Schiffen erwerben wir das Knowhow, das uns hilft, unsere Kunden besser zu bedienen«, sagt Leggewie. Die Kombination von Management-Leistungen und Schiffseigentum sei zudem ein Alleinstellungsmerkmal, durch das man sich im Wettbewerb von anderen Shipmanagement-Anbietern unterscheide.

Um die LNG-Aktivitäten und -Anforderungen innerhalb der Gruppe zu koordinieren und Strategien zur weiteren Optimierung zu entwickeln, hatte die Gruppe vor drei Jahren ein »LNG Coordination Center« (LCC) aufgebaut, das jetzt in »LNG Competence Center« umbenannt wird. Die interne Abteilung beschäftigt ausgewiesene Experten und soll sich um den Wissenstransfer innerhalb der Gruppe und die strategische Entwicklung dieses Segments kümmern.

»Wir sehen in LNG als Kraftstoff und Transportgut für uns einen Wachstumsmarkt«, sagt Leggewie. Es handle sich zwar um eine Brückentechnologie, »aber in den nächsten 15 bis 20 Jahren wird LNG in beiden Bereichen eine große Rolle spielen.« Allein im kommenden Jahr müssten 40 neugebaute Gastanker mit Crews besetzt werden – in etwa ebenso viele (44) betreut Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) derzeit im technischen Management oder im Crewing und sieht sich damit als den weltweit größten Third-Party-Manager für LNG-Schiffe im Markt. »Diese Position wollen wir nicht nur halten, sondern auch weiter ausbauen«, sagt Leggewie.

Geeignetes Personal könnte zu einem limitierenden Faktor bei der Expansion werden, sagt Martin Roolvink, Managing Director bei Pronav. Der 1995 gegründete und 2018 von der Schulte Group übernommene Hamburger LNG-Spezialist bereedert derzeit sechs Gastanker langfristig für Qatargas, die vornehmlich Europa und Japan anlaufen. Weitere drei Schiffe seien jüngst akquiriert worden und sollen 2021 zur Flotte dazukommen.

Das LNG-Segment gilt als eines der anspruchsvollsten in der weltweiten Schifffahrt – wegen der »heiklen« Ladung und der daraus resultierenden hohen Anforderungen an das nautisch-technische Personal. Ähnlich wie bei den konventionellen Tankern werde der Betrieb der Gastanker bei regelmäßigen Audits durch die Kunden überprüft.

»Druck, Temperatur sowie weitere schiffs- und ladungsseitige Parameter müssen unterwegs und beim Laden und Löschen ständig kontrolliert werden«, sagt Roolvink. Dazu kommen die hoch komplexe Technik an Bord einschließlich des Tank- und Pumpensystems sowie der Rückverflüssigungsanlage, sofern eine vorhanden ist. An Bord würden weitaus mehr Ersatzteile mitgeführt als auf konventionellen Schiffen, um Systemausfälle auf See zu verhindern. Ein bis zwei zusätzliche Cargo Engineers mit einer entsprechenden Zusatzqualifikation gehörten ebenfalls zur Besatzung.

Auch an Land sei der personelle Aufwand mit derzeit 25 Mitarbeitern höher als bei anderen Shipmanagern. Ein technischer Inspektor kümmere sich bei Pronav um maximal drei Schiffe, normal seien sonst in der Bereederung von beispielsweise Containerschiffen bis zu sechs.

3.000 Fahrten und 6.000 Hafenoperationen seit 1990 weist die Gastanker-Statistik bei BSM bis heute aus. Bislang ist die Bilanz makellos, in all den Jahren habe es keine Unfälle oder gravierenden Störungen im Betriebsablauf gegeben. »Das soll natürlich so bleiben«, sagt Roolvink. Hochqualifiziertes Personal und die nötige Expertise seien die entscheidenden Faktoren, um sich am Markt und im Wettbewerb von den Mitbewerbern abzusetzen.

Innerhalb der Schulte Group versuche man, dem drohenden Engpass durch die Umschulung von Tankerpersonal und die Rekrutierung geeigneter Seeleute und Techniker vorzubeugen. Die Gruppe betreibt eigene Gastrainingszentren. Außerdem gibt es bei Pronav ein unternehmensinternes Kadettenprogramm, um Nautiker und Ingenieure für den Einsatz auf LNG-Tankern heranzuziehen.

Seit Anfang vergangenen Jahres baut die Schulte Group im LNG-Sektor ein zweites Standbein auf. Mit Babcock International wurde das Joint Venture Babcock Schulte Energy für den Erwerb und Betrieb von Bunkerschiffen gegründet. Die bei Hyundai Mipo im südkoreanischen Ulsan gebaute »Kairos« galt damals als weltweit größtes LNG-Bunkerschiff (117m lang, 7.500m3) und war im Februar 2019 in Hamburg getauft worden.

Da weltweit weitere Terminals gebaut werden, könnten sich zur »Kairos« weitere Neubauten gesellen. »Auch im ›Small Scale‹-Bereich wollen wir noch mehr tun«, kündigt Leggewie an. Mit dem einen Schiff habe man wertvolle Erfahrungen gesammelt, »aber ein Schiff reicht nicht.« Noch sei aber nichts spruchreif.


Krischan Förster