Die Corona-Krise hat neben vielen anderen Industrien auch den deutschen Schiffbau kalt erwischt. Exemplarisch dafür steht die Entwicklung auf der Meyer Werft in Papenburg und Turku sowie die MV Werften in Stralsund, Rostock und Wismar einschließlich der Lloyd Werft in Bremerhaven. Der Kreuzfahrtmarkt, über viele Jahre für Reedereien, Werften und[ds_preview] maritime Zulieferbetriebe gleichermaßen lukrativ, ist heute eine der größten Problemfälle mit riesigen Verlusten und dem drohenden Verlust von Kapazitäten und Arbeitsplätzen. Aber auch Unternehmen, die in anderen Segmenten unterwegs sind, leiden unter den Krisenfolgen.

Da verwundert es, dass der zuständige Koordinator der Bundesregierung, Norbert Brackmann, im Vorfeld der kommenden Nationalen Maritimen Konferenz, davon spricht, dass sich die Stärken auch unter der Covid-19-Pandemie bewährt hätten. Ja, es geht immer noch schlimmer. Auch das in den vergangenen Jahren in den Spezialmärkten erworbene technische Know How der deutschen Werften verschwindet nicht über Nacht. Aber ohne Aufträge wird es eben schwer, die wirtschaftliche Existenz und die Expertise im Lande zu erhalten.

Auch der heimische Schiffbau ist natürlich von der Weltwirtschaft abhängig, kein Staat in Europa wird Kreuzfahrtschiffe bestellen, für Meyer & Co bleiben da vorerst nur die hilfreichen und auch bewährten Krisenhilfen. Und doch lässt sich enttäuscht konstatieren, dass die maritime Wirtschaft mehr als nur vollmundige Versprechen verdient gehabt hätte.

Wo sind sie denn, die vorgezogenen Aufträge der staatlichen Hand für Behörden-, Forschungs- und Marineschiffe? Bislang Fehlanzeige. Selbst Projekte wie die dringend benötigten Tanker verzögern sich, und das hatte noch nicht einmal etwas mit Corona zu tun. Die Wasserstoff-Strategie, das Aufstocken von Forschungsgeldern, eine bessere LNG-Förderung – alles gut und richtig, nur greifen solche Maßnahmen weder kurzfristig noch füllen sie das Orderbuch der Werften.

Vermutlich wird die deutsche Schiffbauindustrie im Mai, auf der Nationalen Maritimen Konferenz, wieder in höchsten Tönen gelobt – als eine Hochtechnologiebranche mit großem Innovationspotenzial, sogar als Schlüsselindustrie, wenn es um künftige Rüstungsvorhaben geht. Wenigstens diese Erkenntnis hatte sich nach der umstrittenen Vergabe der MKS-180-Schiffe an die niederländischen Nachbarn durchgesetzt.

Davon abgesehen, haben die Werften und auch die maritime Wirtschaft insgesamt immer noch eine zu geringe Lobby bei den Politikern von Land und Bund. Mit Verweis auf viele Tausende Arbeitsplätze und die milliardenschwere Wertschöpfung, die zwischen Küsten und Alpen erbracht wird, müssen die Unternehmen und auch ihre Verbandsspitzen sehr viel kräftiger für ihre Anliegen und Bedürfnisse trommeln und sich dafür die richtigen Verbündeten suchen. Dass es das wert ist, zeigt die trotz der Corona-bedingten Einschränkungen immer noch beeindruckende Leistungsschau der heimischen Werften in unserem Sonderteil zu »Ships made in Germany«.

Gebraucht wird tatsächlich eine maritime Wachstumsagenda – für Deutschland, besser noch abgestimmt für Europa als dem mit Abstand größten maritimen Binnenmarkt der Welt. Sie wird allerdings nicht vom Himmel fallen, sondern nur entstehen, wenn alle Kräfte am selben Strang in die gleiche Richtung ziehen.

Krischan Förster Chefredakteur