Unter dem Namen Pythia startet das maritime Finanzportal Oceanis einen neuen Service. Reeder können für ihre Schiffsprojekte über eine erste Online-Analyse herausfinden, wie gut ihre Chancen bei potenziellen Kapitalgebern stehen.[ds_preview] Von Krischan Förster
Vor gut zwei Jahren war das Startup Oceanis in Hamburg an den Start gegangen. Konzipiert für kleinere und mittlere Reeder, versteht sich das Online-Portal als Vermittler zwischen angehenden Schiffseignern und potenziellen Financiers – Banken, Investorenfonds oder Leasing-Gesellschaften.
Seit wenigen Tagen ist ein neuer Service im Angebot. »Pythia – the loan oracle«. »Wir fanden den Bezug zur griechischen Mythologie sehr passend«, berichter Maximilian Otto, einer der Gründer und Geschäftsführer von Oceanis. Pythia war die Bezeichnung für die weissagende Priesterin im Orakel von Delphi, deren Prophezeiungen in der Antike von größter Bedeutung waren. Weniger eine Weissagung als vielmehr eine Prognose soll das neue Kredit-Orakel von Oceanis liefern – ob nämlich ein Schiffsprojekt überhaupt Chancen auf eine erfolgreiche Finanzierung mit Fremdkapital hat.
Oceanis hat inzwischen 42 Kapitalgeber an Bord – von den traditionellen europäischen Banken über asiatische Leasingfirmen bis hin zu amerikanischen Investmentfonds. Seit dem Start der Digital-Plattform vor zwei Jahren wurden Angebote mit einem Volumen von 1,5 Mrd. $ platziert. »Wir wissen daher, welche Anforderungen gestellt werden und wodurch ein Projekt für Investoren attraktiv ist«, sagt Otto. So sei Pythia entstanden, mit der eigenen Datenbasis und den eigenen Web-Entwicklern. Durch das Ausfüllen eines Online-Formulars, das nicht länger als 2 min dauern soll, können Schiffseigner sofort Aufschluss darüber erhalten. Auch werden Schwachstellen in dem Projekt aufgezeigt.
Ziel von Oceanis sei es von Anfang an gewesen, mehr Transparenz in die Schiffsfinanzierung zu bringen und die Interessenten schnell und effektiv zusammen zu bringen, vor allem bei kleineren Tickets von weniger als 10 Mio. S. Während aber in anderen Märkten die Kreditkonditionen öffentlich nachzulesen sind, sei die Schiffsfinanzierung vielschichtiger, komplexer und durch ihre Internationalität und sehr individuelle Projekte kaum standardisiert. Die vielen Bewertungs- und Risikofaktoren auf der Finanzierungsseite seien für Schiffseigner eine Herausforderung, vorab halbwegs verlässliche Finanzierungskonditionen in Erfahrung zu bringen. Hier setzt Pythia an. Oceanis hat nach eigenen Angaben in dem Online-Tool die wichtigsten Schlüsselvariablen hinterlegt, die den Kern jeder Projektbewertung durch einen Kreditgeber bilden. »Im heutigen Umfeld geht es darum, schnell auf Marktchancen reagieren zu können«, sagt Otto.
Er hat mit seinen Partnern gerade die zweite Finanzierungsrunde abgeschlossen, um weiteres Wachstum bei Oceanis zu finanzieren, das Volumen behält er vorerst noch für sich. Das Startup bedient nicht nur den deutschen, sondern auch den norwegischen und griechischen Markt. Zuletzt habe man die Finanzierung von zwei 2017 gebauten Bulkern zwischen einem griechischen Reeder und einer deutschen Bank im Wert von 19,9 Mio. $ vermittelt.
Pythia kann kostenlos und unverbindlich genutzt werden. »Wir hoffen natürlich darauf, dass daraus konkrete Finanzierungsabschlüsse werden«, sagt Otto. Reeder stellen ihre Schiffsprojekte auf der Plattform oceanis.io ein, potenzielle Kreditgeber erfahren die grundlegenden Informationen zum Schiff wie die technischen Daten, Charterverträge und -raten, OPEX und Docking-Budget. Sind sie interessiert, können sie ein »indikatives« Angebot, also grundlegende Rahmendaten wie Volumen, Laufzeit, Zins und Tilgungsprofil, abgeben. Die Kreditsumme liegt zwischen 50 %-80 % des Schiffswerts (Loan-to-Value). Die konkreten Verhandlungen über vorrangige Darlehen oder auch Leasing-Verträge erfolgen bilateral zwischen den beiden Parteien.
Auch die Nutzung des Online-Portals ist für angemeldete Nutzer kostenfrei. Oceanis erhält nur im Erfolgsfall eine Kommission.