Wieder einmal gibt es eine Schiffbaukrise, wieder einmal müssen die Lloyd Werft in Bremerhaven und die drei Standorte der MV Werften in Mecklenburg-Vorpommern um ihre Existenz bangen. Sie wurden jetzt schmerzlich an die Ereignisse vor 25 Jahren erinnert, als sie in den Pleite-Strudel des Bremer Vulkan gerissen wurden.
Einen globalen maritimen Technologiekonzern [ds_preview]wollte der damalige Vorstandschef Friedrich Hennemann ab 1988 aus dem Bremer Vulkan schmieden und ging auf Einkaufstour. Zu den Traditionswerften an der Weser kamen immer neue Unternehmen dazu: die ostdeutschen Werften in Wismar und Stralsund, das Dieselmotorenwerk Rostock, Krupp Atlas Elektronik in Bremen und der Maschinenbauer Dörries Scharmann. Am Ende waren es rund 100 Firmen im Vulkan-Verbund mit insgesamt 23.000 Beschäftigten und 2,5 Mrd. Mark Schulden.
Nach Liquiditätsproblemen wurde Hennemann auf Druck der Banken Ende 1995 abgelöst, im folgenden Februar ein Vergleich beantragt. Als die Gläubiger sich dem verweigerten, stürzte der Werftenriese wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Im Mai 1996 wurde für die Verbund AG, die Stammwerft in Bremen und die Schichau-Seebeck-Werft in Bremerhaven Konkurs angemeldet, die Werften in Ostdeutschland waren zuvor herausgelöst worden und konnten weitermachen.
Rund 9.000 Werftarbeiter verloren damals sofort ihre Jobs. 4.500 Schiffbauer wechselten für zwölf Monate in eine Beschäftigungsgesellschaft. Ein Teil wurde an die verbliebenen Werften verliehen, um die letzten Aufträge abzuarbeiten. Im August 1997 war auf der Vegesacker Vulkan-Werft mit der Ablieferung des letzten Schiffes endgültig Schluss, nach mehr als 100 Jahren Schiffbaugeschichte gingen buchstäblich die Lichter aus.
Diese bis dahin größte Nachkriegspleite in Deutschland war bereits der zweite große Schicksalsschlag für den Schiffbau in Bremen. 1983 hatte die AG Weser im Zuge der Werftenkrise die Tore für immer schließen müssen, schon damals hatten rund 10.000 Arbeiter ihre Jobs verloren.
Offiziell 1893 von Bremer Kaufleuten, Reedern und dem Werfteigner Meyer aus Papenburg gegründet, reichten die Wurzeln des Bremer Vulkan zurück bis 1805, als Johann Lange an der Weser seine Werft gründete.
Mehr als 1.000 Schiffe aller Art wurden hier gebaut – vom Heringslogger über den ersten deutschen Transatlantik-Dampfer, Stückgutfrachter sowie Kombischiffe für den Norddeutschen Lloyd, später Tanker, Fregatten und Containerschiffe, in Kriegszeiten im Bunker »Valentin« auch U-Boote.
Dann folgte die »nicht abgesicherte Expansionspolitik« Hennemanns, wie es später der Konkursverwalter Wolfgang van Betteray formulierte. Untersuchungsausschüsse in Bonn, Bremen und Schwerin stellten später fest: Subventionsmentalität, ein unüberschaubares Geflecht von Beteiligungen und mangelhafte Kontrolle hätten zum Crash geführt. Gegen den früheren Vulkan-Vorstand wurde wegen zweckwidriger Verwendung von EU-Beihilfen in Höhe von rund 220 Mio. € ermittelt. Hennemann kam sechs Wochen in Untersuchungshaft, wurde viele Jahre später zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und dann doch wieder freigesprochen.
Auf dem einstigen Vulkan-Gelände in Bremen-Vegesack befindet sich die Unternehmenszentrale der Lürssen-Gruppe, die erfolgreich Mega-Yachten baut. Die Lloyd Werft konnte schon 1996 dank ihrer guten Auftragslage eigenständig weitermachen, geriet in den Folgejahren aber selbst wiederholt in Schwierigkeiten, und soll aktuell von Genting verkauft oder aber endgültig geschlossen werden. Auch die MV Werften, die nach ihrer Vulkan-Zeit unter Aker, P+S Werften und Nordic Yards firmierten und derzeit ebenfalls zu Genting gehören, kämpfen nach einem kurzen Boom mit Kreuzfahrtschiffen mangels Aufträgen derzeit wieder um ihre Zukunft. KF