Das Bewusstsein für digitale Trends in der Schifffahrt ist noch deutlich ausbaufähig. Das ist eine der Kernaussagen der Umfrage »Digitalization in Shipping – the Human Factor«, die das auf maritime und logistische Themen spezialisierte Hamburger Marktforschungsinstitut Maritime Research Partners (MRP) zusammen mit der HANSA durchgeführt hat.[ds_preview]

Rund 130 Leser der HANSA beteiligten sich an der anonymen Online-Umfrage. »Für mehr als 80 % der Befragten spielen persönliche Kontakte nach wie vor eine große Rolle im täglichen Schifffahrtsgeschäft«, erläutert Ingmar Loges, der MRP im Sommer 2019 zusammen mit seinem Geschäftspartner Behrend Oldenburg gegründet hat. Dies treffe vor allem für Beschäftigte kleinerer und mittlerer Unternehmen zu. »An ein künftig mehr oder weniger automatisiertes, digitales Business glaubt nur ein knappes Drittel der Teilnehmer.«

Besonders kleinere Unternehmen sehen sich gut aufgestellt

Lediglich gut die Hälfte der Befragten gibt an, dass ihr Unternehmen über eine Langzeitstrategie in Sachen Innovation und digitaler Strategie verfügt. »Uns hat dabei kaum überrascht, dass vor allem die größeren Schifffahrtsbetriebe mit über 250 Beschäftigten hier deutlich vor den kleineren Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten liegen, was eine in die Zukunft ausgerichtete Digitalstrategie betrifft«, ergänzt Oldenburg.

Etwas anders sieht es dagegen bei der Bewertung des aktuellen unternehmensspezifischen Digitalisierungsgrades aus: Hier sehen sich kleinere Unternehmen in der Selbsteinschätzung zu 51 % sehr gut beziehungsweise gut aufgestellt, große Betriebe dagegen nur zu 42 %.

Deutliche Unterschiede zeigen sich beim Wissensstand über aktuelle Digitalisierungstrends in der Schifffahrt nach Altersgruppen: In der Selbsteinschätzung geben 43 % der jüngeren Befragten (unter 50 Jahren) an, dass sie sich durchaus gut informiert fühlen, bei ihren älteren Kollegen ist das nur zu 29 % der Fall.

»Auffällig ist auch, dass mehr kleinere als große Unternehmen davon überzeugt sind, dass sie mit digitalen Services ihre Kundenbindung stärken können, und in ihnen sind es wiederum mehr jüngere als ältere Mitarbeiter«, so Oldenburg weiter.

Entsprechend selbstbewusst treten die jüngeren Beschäftigten mit ihrem Wissen auf: Auf die Frage »Sind Sie davon überzeugt, dass Sie ihre unternehmensspezifische Digitalisierungsstrategie am besten mit einem externen Berater implementieren können?« antworten sie nur zu 20 % grundsätzlich mit »ja«, ihre älteren Kollegen vertrauen dagegen zu 38 % auf externe Fachkompetenz.

»Zu 70 % sind sich dagegen die Teilnehmer einig, wenn es um die Zuständigkeit für den Digitalisierungsprozess im eigenen Unternehmen geht«, so Loges: »Sie sollte im C-Level beziehungsweise im Topmanagement angesiedelt sein. Nur 15 % sehen diese Aufgabe in der IT-Abteilung und lediglich drei Prozent halten dafür eine eigene Digitalabteilung für nötig.«

Digitalisierung ist in der maritimen Branche »Chefsache«

Ideen und Fachwissen beziehen ein knappes Viertel der Teilnehmer (22 %) über alle Altersgrenzen und Unternehmensgrößen zum überwiegenden Teil aus dem Internet, aus Social Media, Blogs und Newsrooms. »Bemerkenswert, dass dabei die eigenen IT-Experten die gleiche Rolle spielen wie die Wettbewerber«, sagt Oldenburg.

Start-ups, Branchenmessen und noch immer eher traditionell aufgestellte Fachmagazine spielen bei der Informationsbeschaffung derzeit eine weniger wichtige Rolle. »Wir nehmen diese Aussagen zum Anlass, unsere Berichterstattung und auch Aktivitäten, die über unser Magazin und die Online-Aktivitäten hinausgehen, zum Thema Digitalisierung in der Schifffahrt deutlich auszuweiten«, kündigt Michael Meyer an. Als stellvertretender Chefredakteur der HANSA hat er die Konzeption und Umsetzung der Umfrage eng begleitet.

Als Inspiration und Impulsgeber spielen IT-Experten übrigens bei großen Unternehmen mit 25 % noch vor digitalen Informa­tionsquellen (20 %) die wichtigste Rolle. Bei kleineren Unternehmen sind es dagegen nur 15 %. Dafür spielen Start-ups für 22 % dieser Betriebe eine deutlich wichtigere Rolle als bei den Großunternehmen, hier setzen nur 15 % auf eine Zusammenarbeit.

23 % der Unternehmen zeigen kein Interesse

Und wo liegen die größten Herausforderungen für die Beschäftigten, was die Digitalisierung in ihren Unternehmen angeht? »Für 29 % ist es tatsächlich das fehlende Fachwissen, gefolgt von unklaren internen Prozessen«, zieht Loges Bilanz. »Was uns aber wirklich gewundert hat«, ergänzt Oldenburg: »23 % der Befragten geben schlicht mangelndes Interesse an der Digitalisierung ihres Unternehmens an – und das über alle Unternehmensgrößen und Altersgruppen hinweg.«

»Maritime Snapshots« von HANSA und MRP

Die Umfrage »Digitalization in Shipping – the Human Factor« ist das erste Ergebnis der exklusiven Kooperation von Maritime Research Partners (MRP) und der HANSA. Beide Partner werden auch künftig gemeinsam Umfragen durchführen und veröffentlichen, um das aktuelle Stimmungsbild in der maritimen Branche zu besonderen Themen widerzuspiegeln. Basis für die Befragungen bildet der umfangreiche und hochkarätige Datenpool aus der internationale Schifffahrtsbranche von MRP, der um die wachsende Leserschaft der HANSA-Produkte ergänzt wird. Die Teilnehmer antworten grundsätzlich anonym und unter Wahrung strengster Datenschutzbestimmungen. Für Kunden aus der gesamten Bandbreite der internationalen maritimen Wirtschaft erstellt MRP vertrauliche Marktstudien und Analysen zur Entscheidungsfindung.