Smarte Kunststoffrohre statt Metall

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In Sachen Wasserverteilung an Bord lässt sich durch den Einsatz von Kunststoff nicht nur Gewicht im Rohrleitungssystem einsparen. GF Piping Systems verspricht auch Vorteile bei Installation, Monitoring und Lebensdauer.[ds_preview]

Möchte man ein Schiff energieeffizienter machen, ist Gewicht eine der wichtigsten Stellschrauben. Daher wird bei modernen Schiffen immer mehr auf den Einsatz leichter Materialien geachtet. GF Piping Systems aus der Schweiz sieht für den Schiffbau insbesondere in den Bereichen Trinkwasser und Abwasseraufbereitung Potenzial, das vielfach auch schon genutzt wird.

GF arbeitet beispielsweise mit der Meyer Werft zusammen. Denn wenn Kreuzfahrtschiffe mehr als 6.000 Passagiere an Bord haben, wird enorm viel Trinkwasser benötigt und es entstehen große Mengen Abwasser. Das betrifft Kabinen, Küchen, Wäschereien oder Wellnessbereiche und bedeutet kilometerlange Rohre und tausende Sensoren und Ventile, die sich über das gesamte Schiff erstrecken.

Langlebigere Komponenten

»All diese benötigte Technik wird sehr schnell schwer und man bekommt Platzprobleme. Die Herausforderung besteht darin, sie gut erreichbar und trotzdem unauffällig zu implementieren. Schließlich sollen Gäste davon so wenig wie möglich mitbekommen«, sagt Nils Steinfelder, Maschinenbauingenieur bei der Meyer Werft.

GF Piping Systems setzt hier an zwei Stellen an. Zum einen fertigt der Rohrleitungsspezialist seine Produkte aus Kunststoff, somit sind sie deutlich leichter als herkömmliche Produkte aus Metall. »Das bedeutet auch, dass sie langlebiger sind und kaum gewartet werden müssen. Durch Prozessautomatisierung nehmen sie darüber hinaus weniger Platz ein«, so GF Piping Systems, die speziell auf den Schiffbau zugeschnittene »Komplettlösungen« entwickelt haben. So bieten die Produktionsstandorte vorgefertigte Teile an, welche den Planungsaufwand reduzieren und Zeit sparen. Außerdem verfolgt die Firma den Ansatz eines eigenen Ökosystems, bei dem Rohre, Ventile und Sensoren aus einer Hand kommen. Die Kunststoffrohre können dabei nicht nur vormontiert, sondern auch mit Mess- und Regeltechnik versehen bestellt werden. Zudem werden Design und Planung dadurch erleichtert, dass alle Fittings schon als CAD-Modelle vorliegen. Durch den leichteren Einsatz von Mess- und Regeltechnik ist nach Aussage von Julian Backes, Market Segment Manager Marine bei GF Piping Systems in Deutschland auch ein besseres Monitoring, beispielsweise über Durchflussmessgeräte, möglich. »Das Tracking, die Auswertung und die Optimierung tragen letztlich auch zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen bei«, sagt er im Gespräch mit der HANSA.

Denn abgesehen von der Gewichtseinsparung und dem optimierten Verbrauch könne so unter Umständen auch das Gewicht des Schiffs noch weiter gesenkt werden. »Ein smarteres System bedeutet, dass auch der Durchmesser von Rohrleitungen reduziert werden kann, dank strömungsoptimierten Fittings und Armaturen befindet sich so weniger Wasser in der Rohrleitung«, sagt Backes. Hinzu kämen Energieeinsparungen. Wo man früher dank billiger Energie Trinkwasser im Überfluss produzieren konnte, ist heute Effizienz gefragt. Man sollte nur so viel Wasser produzieren wie nötig und es nur dorthin schaffen, wo es gebraucht wird.

600 x Kunststoffklappe spart 10 t

Vorgestellt hat das Unternehmen kürzlich die neue Absperrklappe 565 – dreimal so leicht wie eine herkömmliche Metallklappe. Bei einem mittelgroßen Schiff könne man von 600 solcher Klappen ausgehen. Umgerechnet könne man so schon allein an diesem einen Bauteil 10 t Gewicht einsparen. Die Sicherheit sei genauso gegeben wie bei Metall, die neue Klappe halte aber 25 bis 30 Jahre, während eine aus Stahl wegen der Korrosionsanfälligkeit nach fünf bis sieben Jahren ausgetauscht werden müsste. »Ziel muss es sein, Komponenten für Schiffe zu entwickeln, die möglichst lange halten«, sagt Backes.

Potenzial für die Anwendung sieht er noch im Bereich der Klimatechnik, wo vorisolierte Kunststoffrohre Arbeit sparen und Vorteile in Sachen Haltbarkeit bieten. Auch bei Brennstoffzellen kommen Metallrohre an ihre Grenzen. Das für den Betrieb der Zellen benötigte de-ionisierte Wasser muss in Kunststoffleitungen geführt werden. Schon jetzt gebe es zudem rege Nachfrage von den Herstellern von Ballastwasseranlagen. Wegen des Umgangs mit korrosivem Seewasser und Schwefelsäure seien die Kunststoffrohre auch für Scrubber interessant.

»Alle Rohrleitungen, durch die Wasser fließt, sind für Kunststoff geeignet«, sagt Backes, derzeit kommt das Material insbesondere auf Kreuzfahrtschiffen schon überall im Bereich der nicht vortriebsrelevanten Wasserverteilung zum Einsatz. »Der regulatorische Rahmen ist aber noch sehr konservativ, zudem denkt der klassische Rohrbauer in Stahl.« Die Schweizer lassen ihre Produkte von allen Klassifikationsgesellschaften prüfen und zulassen.    (fs)