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In ihrem Koalitionsvertrag hat die neue Ampel-Koalition die Leitlinien für die Bundespolitik festgezurrt. Was steht drin für die maritime Wirtschaft?[ds_preview]

Das Werk ist 178 Seiten stark und handelt alle Themenfelder ab, die die drei Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP für wichtig halten. Daher ist zunächst nur Grundsätzliches zu finden, die Details bleiben der Tagespolitik und der Ressort-Zuständigkeit vorbehalten, wobei die meisten Minister noch gar nicht benannt sind.

Wir dokumentieren daher die wichtigsten Passagen aus dem Koalitionsvertrag zu den Themen Verkehr und maritime Wirtschaft und anderen relevanten Themen. Allerdings werden neben dem Verkehrsministerium, das überraschend FDP-Politiker Volker Wissing bekommt, auch andere Ministerien bei vielen Entscheidungen ein gewichtiges Wort mitreden, wie die von den Grünen zu besetzenden Ressorts für Wirtschaft /Klima unter Robert Habeck und für Umwelt (noch offen), das Finanzministerium unter FDP-Chef Christian Lindner oder das SPD-geführte Arbeitsministerium.

Schiffbau / Martime Wirtschaft

Durch Innovation und Technologieführerschaft sorgen wir für eine wettbewerbsfähige maritime Wirtschaft in Deutschland, insbesondere bei klimafreundlichen Schiffsantrieben. Wir bekennen uns zu den Zielen der Maritimen Agenda. Wir stärken den Schiffbau über die gesamte Wertschöpfungskette inklusive des Schiffsrecyclings als industriellen Kern in Deutschland.

Auf europäischer Ebene treten wir für faire Wettbewerbsbedingungen und die Einsetzung eines europäischen Flottenmodernisierungsprogramms ein. Vergabeverfahren werden wir beschleunigen unter der konsequenten Einstufung des Marine-Unter- und Überwasserschiffbaus sowie des Behörden- und Forschungsschiffbaus als Schlüsseltechnologien inklusive der Instandhaltung.

»Die explizite Aufnahme der VSM-Forderung nach einem europäischen Flottenprogramm
eröffnet große Chancen für die maritime Industrie in Deutschland«

VSM via LinkedIn

Wir werden eine Neukonzeptionierung der maritimen Ausbildung in Kooperation mit den Bundesländern anstoßen. Wir setzen uns für eine Koordinierung des Sedimentmanagements zwischen Bund und Ländern ein. Wir wollen, dass mehr Schiffe unter deutscher Flagge fahren. Wir werden die Zollabwicklung beschleunigen.

Häfen und Schifffahrt

Wir werden eine Nationale Hafenstrategie entwickeln und die enge Zusammenarbeit unserer Häfen fördern. Der Bund steht zur gemeinsamen Verantwortung für die notwendigen Hafeninfrastrukturen.

Den Schifffahrtsanteil im Güterverkehr wollen wir steigern und dazu auch Hinterlandanbindungen stärken. Wir werden Landstrom und alternative Antriebe und Kraftstoffe fördern. Wir werden das Flottenerneuerungsprogramm für die klimafreundliche Binnenschifffahrt anpassen. Wir wollen bei der Ausgestaltung von »Fit for 55« (EU-Programm, Anm. der Red.) die Gesamtbelastungen für die Schifffahrt im Blick behalten.

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie werden wir stärken, um eine einheitliche Flaggenstaatsverwaltung einzuführen. Wir werden Sanierung und Ausbau von Schleusen beschleunigen. Wir werden einen gesamtgesellschaftlichen Dialog zu Klimaresilienz und Naturschutz bei Wasserstraßen initiieren. Wir werden die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung stärken und ihre Effizienz erhöhen.

Bahnverkehr

Wir werden den Masterplan Schienenverkehr weiterentwickeln und zügiger umsetzen, den Schienengüterverkehr bis 2030 auf 25% steigern und die Verkehrsleistung im Personenverkehr verdoppeln. Den Zielfahrplan eines Deutschlandtaktes und die Infrastrukturkapazität werden wir auf diese Ziele ausrichten.

Bis 2030 wollen wir 75% des Schienennetzes elektrifizieren und innovative Antriebstechnologien unterstützen. Die Digitalisierung von Fahrzeugen und Strecken werden wir prioritär vorantreiben. Wir werden ein Programm »Schnelle Kapazitätserweiterung« auflegen, Barrierefreiheit und Lärmschutz verbessern, Bahnhofsprogramme bündeln und stärken, das Streckennetz erweitern, Strecken reaktivieren und Stilllegungen vermeiden und eine Beschleunigungskommission Schiene einsetzen.

Die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung wollen wir beschleunigen, den Einzelwagenverkehr stärken und Investitionsanreize für Gleisanschlüsse setzen. Bei neuen Gewerbe- und Industriegebieten soll die Schienenanbindung verpflichtend geprüft werden. KV-Terminals wollen wir weiter fördern, die Kranbarkeit von Standard-Sattelaufliegern vorantreiben und den Zu- und Ablauf bis max. 50 km von der Lkw-Maut freistellen.

Wir werden die Deutsche Bahn AG als integrierten Konzern inklusive des konzerninternen Arbeitsmarktes im öffentlichen Eigentum erhalten. Die internen Strukturen werden wir effizienter und transparenter gestalten. Die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) der Deutschen Bahn AG werden innerhalb des Konzerns zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt. Diese steht zu 100% im Eigentum der Deutschen Bahn als Gesamtkonzern. Gewinne aus dem Betrieb der Infrastruktur verbleiben zukünftig in der neuen Infrastruktureinheit. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen werden markt- und gewinnorientiert im Wettbewerb weitergeführt. Wir wollen die Investitionsmittel für die DB Infrastruktur erhöhen.

»Jetzt gilt es, diese Eckpunkte mit Leben zu füllen, damit die Transport- und Logistikunternehmen
den Versorgungsauftrag für Wirtschaft und Gesellschaft vor dem Hintergrund von Klimaschutz, Fahrermangel und Transportwachstum gewährleisten können. Wir freuen uns auf einen offenen und ehrlichen Dialog mit der neuen Ampelkoalition und wünschen ihr viel Erfolg!«

Stellungnahme des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL)

Erneuerbare Energien / Offshore

Wir machen es zu unserer gemeinsamen Mission, den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen.

Wir richten unser Erneuerbaren-Ziel auf einen höheren Bruttostrombedarf von 680-750 TWh im Jahr 2030 aus. Davon sollen 80% aus Erneuerbaren Energien stammen. Entsprechend beschleunigen wir den Netzausbau. Die jährlichen Ausschreibungsmengen passen wir dynamisch an …

Wir werden Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigen … Wir setzen uns dafür ein, dass die Zulassungsbehörden durch den Einsatz externer Projektteams wirksam entlastet werden. Der zeitliche Beginn der gesetzlichen Genehmigungsfristen soll durch klare Anforderungen an die Antragsunterlagen gesichert werden. Auch soll eine Klarstellung der Umsetzungsfristen für Genehmigungen vorgenommen werden …

Für die Windenergie an Land sollen 2% der Landesflächen ausgewiesen werden … Die Kapazitäten für Windenergie auf See werden wir auf mindestens 30 GW bis 2030, 40 GW bis 2035 und 70 GW bis 2045 erheblich steigern. Dazu werden wir entsprechende Flächen in der Außenwirtschaftszone sichern. Offshore-Anlagen sollen Priorität gegenüber anderen Nutzungsformen genießen. Wir treiben europäische Offshore-Kooperationen weiter voran und stärken grenzüberschreitende Projekte in Nord- und Ostsee.

Den zusätzlich erzeugten Offshore-Windstrom werden wir beschleunigt, eingriffsminimierend und gebündelt anbinden. Die dafür notwendigen Technologieentscheidungen, beispielsweise zur Rolle hybrider Interkonnektoren, vermaschter Offshore-Netze oder von Multiterminalanbindungen, werden wir umgehend treffen und dabei auch die landseitige Netzintegration im Blick haben.

Kohleausstieg

Zur Einhaltung der Klimaschutzziele ist auch ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung nötig. Idealerweise gelingt das schon bis 2030. 

Wasserstoff

Die Wasserstoffstrategie wird 2022 fortgeschrieben. Ziel ist ein schneller Markthochlauf. Erste Priorität hat die einheimische Erzeugung auf Basis Erneuerbarer Energien. Für einen schnellen Hochlauf und bis zu einer günstigen Versorgung mit grünem Wasserstoff setzen wir auf eine technologieoffene Ausgestaltung der Wasserstoffregulatorik …

… So wollen wir bis 2030 Leitmarkt für Wasserstofftechnologien werden und dafür ein ambitioniertes Update der nationalen Wasserstoffstrategie erarbeiten

… Neben dem Ausbau der Infrastruktur werden wir die Ziele zur Elektrolyseleistung deutlich erhöhen, europäische und internationale Klima- und Energiepartnerschaften für klimaneutralen Wasserstoff und seine Derivate auf Augenhöhe vorantreiben und Quoten für grünen Wasserstoff in der öffentlichen Beschaffung einführen, um Leitmärkte zu schaffen.

Wir fördern in Deutschland die Produktion von grünem Wasserstoff. Im Interesse eines zügigen Markthochlaufs fördern wir zukunftsfähige Technologien auch dann, wenn die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff noch nicht ausreichend sichergestellt ist. Wir wollen den Einsatz von Wasserstoff nicht auf bestimmte Anwendungsfelder begrenzen. Grüner Wasserstoff sollte vorrangig in den Wirtschaftssektoren genutzt werden, in denen es nicht möglich ist, Verfahren und Prozesse durch eine direkte Elektrifizierung auf Treibhausgasneutralität umzustellen.

Vergaberecht

Wir wollen die öffentlichen Vergabeverfahren vereinfachen, professionalisieren, digitalisieren und beschleunigen. Die Bundesregierung wird die öffentliche Beschaffung und Vergabe wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ ausrichten und die Verbindlichkeit stärken, ohne dabei die Rechtssicherheit von Vergabeentscheidungen zu gefährden oder die Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen. Wir werden die bestehenden Anforderungen entsprechend des europäischen Vergaberechts im nationalen Vergaberecht präzisieren. Die öffentliche Hand soll sich am Aufbau eines Systems zur Berechnung von Klima- und Umweltkosten beteiligen … 

… Wir wollen die rechtssichere Digitalisierung in diesem Bereich vorantreiben und dazu eine anwenderfreundliche zentrale Plattform schaffen, über die alle öffentlichen Vergaben zugänglich sind und die eine Präqualifizierung der Unternehmen ermöglicht. Wir wollen schnelle Entscheidungen bei Vergabeverfahren der öffentlichen Hand fördern und unterstützen dabei Länder und Kommunen bei der Vereinfachung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.