Shortsea, Toepfer
Foto: Felix Selzer
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Selbst in einer wirtschaftlichen Schwächephase bestehen Chancen für den europäischen Shortsea-Verkehr. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie zu den deutschen Häfen. In den vergangenen Jahren sind jedoch Marktanteile verloren gegangen[ds_preview]

Der Kurzstreckenseeverkehr sei anders als die globale Schifffahrt nicht alternativlos. Er stehe immer in Konkurrenz zum Straßengüterverkehr oder zur Bahn. »Trotzdem ist jede Lkw-Ladung grundsätzlich verlagerungsfähig«, sagt Markus Nölke als Geschäftsführer des Shortsea-Verbands spc und Auftraggeber der Studie des Bremer Instituts für Seeverkehr und Logistik (ISL). Überlegungen der Industrie, aufgrund von Lieferstörungen im globalen Handel während der Corona-Pandemie Produktionsstätten (zurück) nach Europa zu verlagern, könnten einen neuen Schub bringen. Ohnehin hat der Kurzstreckenseeverkehr bereits eine enorme Bedeutung: Rund 14,7 Mio. TEU macht das jährliche Umschlagvolumen für die Häfen der Le Havre-Gdansk-Range aus. Rechnet man den Umschlag der Übersee-Liniendienste ein, der mit dem Feedergeschäft verbunden ist, sind es sogar 23,6 Mio. TEU.

»Mehr als die Hälfte des Containerumschlags unserer Seehäfen hängt vom Shortsea-Verkehr ab«, sagt Sönke Maatsch vom ISL. Im Warenaustausch mit europäischen Korrespondenzregio­nen hatten Kurzstreckendienste 2020 einen Anteil von 33 % am gesamten Containerumschlag an der deutschen Küste. In den Hub-Häfen ist auch ein Teil des interkontinentalen Containerver­kehrs von innereuropäischen Verkehren abhängig. Bezieht man die Transship­ment-Verkehre ein, so geht es sogar um mehr als die Hälfte des Volumens.

Der innereuropäische Umschlag lag im Jahr 2020 mit 4,7 Mio TEU nur leicht unter dem Vorjahreswert. Er zeigte sich somit robust in der Covid19-Pandemie. Die rückläufige Tendenz der Jahre 2016 bis 2020 sei jedoch nicht auf eine schwache Konjunktur zurückzuführen, sondern vor allem auf verlorene Marktanteile der deutschen Nordseehäfen gegenüber den Westhäfen Rotterdam und Antwerpen.

Das Volumen der innereuropäischen Shortsea-Land-Verkehre – also der Transport von Waren zwischen europäischen Ländern per Seeschiff – betrug 2020 knapp 1 Mio. TEU. In diesem Marktsegment sind neben den Containerhäfen in der Nordsee auch die deutschen Ostseehäfen aktiv.

Abb 1
Verteilung des Containervolumens im innereuropäischen Feederverkehr © ISL

Deutsche Häfen verlieren

Im Feederverkehr stehen die deutschen Seehäfen im Wettbewerb mit Häfen in Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Polen. Dabei ist der Marktanteil der deutschen Häfen in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen – von 44 % in 2016 auf 35 % im Jahr 2020. Während der Gesamt-Feedermarkt in diesem Zeitraum von 7,8 Mio. TEU auf 8,9 Mio. TEU anwuchs, sei der deutsche Anteil von 3,4 Mio. TEU auf 3,1 Mio. TEU zurückgegangen. Sowohl in Hamburg als auch in Bremerhaven wirken sich laut ISL vor allem die Tiefgangsbeschränkungen für Asien-Liniendienste zunehmend limitierend auf die Ladungsmengen aus. Die Reedereien löschen daher ihre Transhipment-Container zunehmend in Rotterdam oder Antwerpen. »Die jüngste Fahrrinnenanpassung der Elbe und die geplante Weservertiefung könnten hier allerdings zu Rückholeffekten führen«, heißt es in der ISL-Studie.

Die wichtigsten Transhipmentmärkte der Nordrange- und Ostseehäfen sind der Ostseeraum und die britischen Inseln (5,6 Mio. TEU bzw. 1,2 Mio. TEU). Daneben sind Verkehre innerhalb der Nordrange von Bedeutung (0,9 Mio. TEU). Auch die iberische Halbinsel und der Mittelmeerraum werden teilweise über Nordrangehäfen versorgt.

Trotz Handelssanktionen gegen Russland, die zu einem Rückgang des Verkehrs führten, bleibt das Land der größte Feedermarkt in Europa mit 1,6 Mio. TEU. Weitere Feedermärkte mit mehr als 500.000 TEU sind Finnland, Schweden und Polen.

Der Feederverkehr zwischen den kontinentaleuropäischen Hub-Häfen und den britischen Inseln hatte im Jahr 2020 ein Volumen von ca. 1,2 Mio. TEU. Hier sind vor allem Rotterdam und Antwerpen die führenden Hubs.

Abb 2
Verteilung des Containerumschlags im Shortsea-Land-Verkehr © ISL

Shortsea-Land

2020 wurden im innereuropäischen Shortsea-Containerverkehr 5,9 Mio. TEU in den betrachteten Häfen umgeschlagen. In diesem Segment sind das Vereinigte Königreich (2,4 Mio. TEU) und Irland (0,6 Mio. TEU) die mit Abstand bedeutendsten Märkte, die vor allem über Rotterdam, Zeebrugge und Antwerpen versorgt werden. Die deutschen Häfen Hamburg, Bremerhaven und Cuxhaven spielen im Vergleich mit einem Anteil von 11 % dagegen nur eine vergleichsweise geringe Rolle.

Auch im Shortsea-Land-Verkehr mit dem Ostseeraum halten die westlichen Wettbewerbshäfen den größten Marktanteil. Von etwa 1,8 Mio. TEU hielten Rotterdam, Antwerpen und Zeebrugge zusammen 63 % und die deutschen Häfen 32 %. In den deutschen Ostseehäfen, allen voran Lübeck, besteht eine direkte Konkurrenz zu Trailerverkehren, die für den Handel der Länder im Ostseeraum untereinander von weit höherer Bedeutung sind als der Containerverkehr. KF