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Sieben Meilen vor der Küste Miamis und nur wenige Meter unter der Wasseroberfläche liegt heute ein beliebter Anziehungspunkt für Taucher: Das Wrack der »Arratoon Apcar«, die 1878 dort sank.[ds_preview]

Die »Arratoon Apcar« wurde 1861 von James Henderson and Son in Schottland gebaut und nach ihrem ursprünglichen Eigner, Apcar and Company, benannt. Der Armenier Arratoon Apcar war 1795 nach Indien gekommen und hatte dort ein sehr erfolgreiches Familienunternehmen aufgebaut. Das Schiff war ein knapp 80 m langer Dampfer mit Eisenrumpf und einer Breite von gut 10 m, der von einer 250-PS-Verbunddampfmaschine angetrieben wurde. 1872 wurde das Schiff an die H. F. Swan Company verkauft.

Beinahe-Kollision mit Leuchturm

Am 17. Februar 1878 rammte das Schiff, mit Kohle beladen, auf seiner Fahrt von Havanna nach Liverpool die Fowey Rocks und stieß dabei fast mit dem im Bau befindlichen Leuchtturm von Fowey zusammen. Laut Überlieferungen sollen die Arbeiter aufgewacht sein, als sie Geräusche des 1.500 t-Dampfers hörten, der direkt auf sie zusteuerte und nur 200 m entfernt auf den Felsen lief. Ironischerweise sollte der Leuchtturm genau an dieser Stelle errichtet werden, um die Schiffe vor den Gefahren der Riffkante zu warnen.

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Ein Gemälde der »Arratoon Apcar« hängt im Internationalen Maritimen Museum in Hamburg (© IMMH)

Schwerer Seegang und starke Winde drückten das Schiff auf das Riff. Der hohe Wellengang hob das Schiff immer wieder an und ließ es dann wieder auf die schneidenden Felsen fallen. Drei Tage lang versuchte man vergebens, das Wasser aus dem Schiff zu pumpen, bevor man die Rettungsboote besetzte und an Land ging. Die in der Nähe befindliche »Tappahannock« rettete alle 24 Mitglieder der Mannschaft und Kapitän Pottinger, der durch seine Fehleinschätzungen für das Unglück verantwortlich gemacht wurde. Am 12. März 1878 wurde die »Arratoon Apcar« als Totalverlust aufgegeben.

Von der einstigen Pracht des Dampfers zeugt heute noch ein großformatiges Gemälde von John Scott (1802–1885), das sich im Internationalen Maritimen Museum Hamburg befindet. Der Maler war in der Gegend von Newcastle-on-Tyne tätig und diente zunächst als Seemann, bis er etwa 1834 von John Wilson Carmichael, einem der gefragtesten Marinemaler seiner Zeit, künstlerisch unterrichtet wurde. C. H. Ward-Jackson beschreibt Scott in Ship Portrait Painters (1978) als »an excellent and productive specialist in portraits of merchantmen off points of land as far apart as Dover and Cape Town.«

Tatsächlich hat sich John Scott überregional einen Namen als gefragter Schiffsporträtist gemacht. Bei diesen »Porträts« handelt es sich um sogenannte Kapitänsbilder, eine Bildgattung innerhalb der Marinemalerei, die sich durch möglichst präzise technische Darstellungen der Schiffe kennzeichnet. Zumeist wurden die Schiffe in Seitenansicht, oft unter vollen Segeln, wiedergegeben, um ihre Dynamik und Leistungsfähigkeit zu demonstrieren.

Erinnerung als Kapitänsbild

Diese Bilder hatten vornehmlich einen dokumentarischen Charakter und waren in der Regel Erinnerungsstücke der jeweiligen Kapitäne. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Genre durch die Fotografie, die die Schiffe inzwischen viel akkurater dokumentieren konnte, verdrängt.

Dass es sich hier um ein besonders qualitatives Kapitänsbild handelt, das den alleinigen Zweck der Dokumentation übertrifft, wird bei genauer Betrachtung deutlich. Fast schon untypisch für diese Bildgattung ist die malerische Ausführung der Peripherie des Bildes; des Himmels und des Wassers. Mit einem feinen Gespür für die Lichtbrechung durch die Wellen nuanciert der Maler den Einfall der Sonne auf das Meer. In der Ferne geht das Wasser in bläulichere Farbtöne über, wodurch eine gesteigerte Bildtiefe erzeugt wird. Besonders behutsam akzentuiert er den Himmel, der durch sein zartes Wolkenspiel und das harmonische Kolorit einen Kontrast zum dunklen, bewegten Meer darstellt.

Scott versteht es, die Gegensätze auf einer Bedeutungsebene zusammenzuführen: So inszeniert er die »Arratoon Apcar« vor dieser Naturkulisse als prachtvolles Schiff, das die raue See überwindet. Die Vermutung liegt nahe, dass der Auftrag für dieses Gemälde aus dem Umfeld der H. F. Swan Company erteilt wurde, die das Schiff erst kurz zuvor erworben hatte.


Autor: Patrick Kammann Internationales Maritimes Museum Hamburg (IMMH)