Michael Meyer, Stellvertretender Chefredakteur (© HANSA)
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Sollten mehr Schiffe deutscher Reeder unter deutscher Flagge fahren? Und ist die Kritik an Reedereien berechtigt, die sich (allerdings nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus praktischen Gründen) internationale, offene Register suchen?[ds_preview]

Und ist die Kritik an der deutschen Flagge – Stichwort Preis und Umständlichkeit – nun immer noch berechtigt oder mittlerweile eher ein Vorurteil, dessen Vertreter die Entwicklungen der Flaggenstaatsverwaltung nicht mitbekommen haben?

Potenzielle Kandidaten für die deutsche Flagge gibt es nach wie vor zuhauf. Die von hier kontrollierte Flotte hat nach einem enormen Rückgang in den schweren Krisenjahren seit 2008 wieder etwas ruhigere Fahrwasser erreicht. Diverse Reeder konnten in der Raten-Hausse der vergangenen Monate sogar sehr gute Gewinne einfahren.

Einige von Ihnen haben das frische Kapital in Neubau-Verträge gesteckt – wie in dieser Ausgabe nachzulesen ist, ebenso wie der aktuelle Stand bei Flotten und Investitionen hiesiger Reeder. Unter deutscher Flagge werden aber wohl nur die wenigsten der Flotten-Zugänge fahren. Zu »ausbaufähig« ist nach wie vor der Ruf des schwarz-rot-goldenen Registers. Nach wie vor ist die deutsch-geflaggte Handelsflotte nicht sonderlich groß. Und nach wie vor ist ein Großteil ausgeflaggt – unter anderem nach Antigua & Barbuda, Liberia, Portugal, Zypern.

Die Zeiten der »Billigflaggen« ist vorbei, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die aber in der deutschen Handelsflotte keine Rolle spielen. Die internationalen Standards und Rankings sind eindeutig. Das weiß man auch bei der deutschen Flagge. Dennoch gibt es Raum für verschiedene Register, sowohl öffentlich-rechtlich beziehungsweise national als auch offen beziehungsweise kommerziell, meint zumindest die Deutschland-Chefin des liberianischen Registers Merle Stilkenbäumer im jüngsten HANSA PODCAST. Die fortwährende Ausflaggung ist trotzdem im Sinne des Schifffahrtsstandortes Deutschland mindestens schade, bezüglich bestimmter Aspekte wie der Ausbildung deutscher Seeleute vielleicht sogar tragisch.

Das öffentlich-rechtliche Register hat einiges dafür getan, die Attraktivität zu steigern, die zuständige Einrichtung BG Verkehr müht sich redlich, auch wenn in puncto Kundennähe sicherlich noch einiges zu tun ist. In einem exklusiven Interview in dieser Ausgabe berichtet ein Vertreter der BG Verkehr ausführlich über den Stand der deutschen Flagge, vermeintliche (finanzielle) Nachteile, Vorurteile und tatsächliche Verbesserungspotenziale.

Das auch die Bundespolitik – sprich die Bundesregierung und das zuständige Verkehrsministerium – noch einige Hausaufgaben zu erledigen hat, ist kein Geheimnis. Leider will sich das Ministerium als zuständige übergeordnete Behörde nicht zu allen Punkten äußern und hat einen Teil der interessanten Informationen nicht freigegeben. Was schade ist, nicht nur politisch fragwürdig, denn mit derartigen Aspekten könnte man mit mehr Tiefgang sprechen, Missverständnisse ausräumen und Bedürfnisse zielgerichtet befriedigen …

Von Michael Meyer
Stellvertretender Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal