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Drogen-Schmuggel über Seehäfen ist ein vieldiskutiertes Thema. Die europäische Polizeibehörde Europol hat die aktuelle Situation zusammen mit großen Häfen analysiert.

Beteiligt waren die Häfen von Antwerpen, Hamburg, Bremerhaven und Rotterdam – also die großen Umschlagplätze in Nordeuropa. Sie sind elementarer Bestandteil der Lieferketten für Im- und Exporte. Gleichzeitig sind es aber auch Einfallstore für Drogen-Schmuggel. Immer wieder werden große Mengen Heroin, Kokain, Crystal Meth und andere Drogen in Containern oder Schiffen versteckt durch Zoll oder andere Behörden gefunden.[ds_preview]

Dennoch gehen Experten davon aus, dass ein großer Teil der geschmuggelten Drogen gar nicht gefunden wird und über die Seehäfen auf die Straßen gelangt. Europol wollte sich einen genaueren Überblick verschaffen und hat mit den Häfen jetzt einen Analysebericht veröffentlicht, in dem die Risiken und Herausforderungen für die Strafverfolgung durch kriminelle Netze in EU-Häfen untersucht werden.

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© Europol

»Kriminelle Netze, die von dem ständigen Wunsch nach wachsenden Gewinnen und der Ausweitung ihrer illegalen Aktivitäten angetrieben werden, arbeiten zunehmend daran, wichtige logistische Punkte zu infiltrieren und zu kontrollieren«, heißt es darin. Die Häfen der EU werden als Beispiele für solche wichtigen Knotenpunkte genannt. Die drei größten europäischen Häfen, nämlich Antwerpen, Rotterdam und Hamburg, gehören laut Europol zu den am stärksten von Kriminellen infiltrierten Häfen: »Die Kriminellen erreichen dies vor allem durch die Bestechung von Reedereipersonal, Hafenarbeitern, Importeuren, Transportunternehmen und Vertretern nationaler Behörden sowie anderer Akteure, deren Handeln notwendig ist, um die Einfuhr illegaler Sendungen sicherzustellen.«

Um ihre Anstrengungen zu bündeln und das Risiko eines Warenverlusts zu minimieren, suchen die organisierten Kriminellen nach Ansicht der Europol-Experten nach neuen Vorgehensweisen, die die Bestechung von weit weniger Personen erfordern. Der Europol-Analysebericht über kriminelle Netzwerke in EU-Häfen befasst sich daher mit einer speziellen Technik, bei der missbräuchlich verwendete Container-Referenzcodes verwendet werden. Hierfür ist die Bestechung einer einzigen Person erforderlich, die entweder durch Bestechung oder durch die Einschleusung von Extraktionsteams im Stil eines trojanischen Pferdes erfolgt, die dann zwischen 7 und 15 % des Wertes der illegalen Sendung erhalten.

Drogen-Kriminalität vom Hafen auf die Straße

Die wichtigsten Ergebnisse der Analyse sind:

  • Die Verwendung missbräuchlich verwendeter Container-Referenzcodes (oder der so genannte PIN-Code-Betrug) wird von kriminellen Netzwerken immer häufiger als Modus Operandi für den Abtransport illegaler Waren aus den Häfen genutzt
  • Die kriminellen Netze arrangieren die Infiltration von Häfen durch die Koordinierung lokaler Netze korrumpierter Hafeninsider.
  • Als Nebeneffekt der kriminellen Aktivitäten in den Häfen und der damit verbundenen Rivalität schwappt die Gewalt oft von den großen Verkehrsknotenpunkten auf die Straßen der umliegenden Städte über, wo der Wettbewerb um den Vertrieb stattfindet.

Auch einige Empfehlungen werden ausgesprochen:

  • Der internationale Informationsaustausch über die Aktivitäten der kriminellen Netze in den Häfen mit Europol und zwischen den EU-Mitgliedstaaten sollte weiter ausgebaut werden.
  • Der Integration von Sicherheitsmerkmalen in die Gestaltung der Hafeninfrastruktur müsse kontinuierlich Aufmerksamkeit gewidmet werden.
  • Die Umsetzung öffentlicher Partnerschaften zur Einbeziehung aller Hafenakteure »ist für die Bekämpfung der Unterwanderung durch kriminelle Netze in EU-Häfen unerlässlich«.

Ylva Johansson, Kommissarin für Inneres in der EU-Kommission sagte: »Der Europol-Bericht über kriminelle Netzwerke in Häfen zeigt, womit wir es zu tun haben. Er enthüllt die Raffinesse der kriminellen Drogenbanden, ihre Stärke und ihre Grausamkeit.« Die Drogenhändler würden korrupte Handlungen und Praktiken, manchmal durch Bestechung, manchmal durch Einschüchterung fördern. »Wir arbeiten mit den Behörden auf allen Ebenen zusammen, um die Systeme im Kampf gegen die in diesem Bericht beschriebenen kriminellen Aktivitäten zu stärken.«

In den Seehäfen der EU werden jährlich etwa 90 Millionen Container umgeschlagen, aber die Behörden sind nur in der Lage, zwischen 2 und 10% davon zu kontrollieren. Schätzungen zufolge wurden in den letzten Jahren allein über die Häfen von Antwerpen und Rotterdam mindestens 200 t Kokain geschmuggelt. Diese logistische Hürde stellt eine Herausforderung für die Strafverfolgungsbehörden und eine Chance für kriminelle Netzwerke dar, die Zugang zu logistischen Knotenpunkten benötigen, um ihre kriminellen Aktivitäten zu erleichtern.

Die Exekutivdirektorin von Europol, Catherine De Bolle, betonte, eine wirksame Antwort auf die kriminellen Machenschaften sei eine engere Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor. »Dieser Bericht, der erste, der in Zusammenarbeit mit den Häfen von Antwerpen, Rotterdam und Hamburg/Bremerhaven erstellt wurde, ist Teil des Aufbaus dieser gemeinsamen Front. Dieser Informationsaustausch hat zu einer Vertiefung des Wissens geführt, das die wirksamste Waffe gegen das organisierte Verbrechen ist.«

Der Report kann hier heruntergeladen werden.