Wann kommt die Weservertiefung? Die Konkurrenz unter den Containerhäfen der Nordrange wird immer intensiver. Trotzdem müssen sich Reedereien und Hafenbetriebe bei der geplanten Anpassung der Außenweser bis Bremerhaven weiter in Geduld üben.
Auf einer Veranstaltung der Bremischen Hafen- und Logistikvertretung (BHV) warnten Experten gestern, dass das Projekt »Weservertiefung« frühestens in vier Jahren abgeschlossen sein werde.[ds_preview] »Wenn wir 2027 damit fertig sein könnten, wäre ich sehr froh«, erklärte der Vorsitzende des Wirtschaftsverbands Weser Uwe Beckmeyer. Der ehemalige parlamentarische Staatssekretär, maritimer Koordinator der Bundesregierung und frühere Bremer Hafensenator rechnet nicht vor 2024 mit einem offiziellen Beginn des Planungsverfahrens.
Das federführende Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Weser-Jade-Nordsee ist nach Festlegung des Untersuchungsrahmens für die Umweltverträglichkeitsuntersuchungen durch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Ende vergangenen Jahres jetzt dabei, die erforderlichen Planunterlagen und Gutachten zu erstellen. Dabei geht es um zwei Vorhaben: zum einen die Anpassung der Außenweser zur tideunabhängigen Erreichbarkeit Bremerhavens für Schiffe mit einer Abladetiefe von 13,50 m. Zum anderen um die Vertiefung der Unterweser (Nord) für die tideabhängige Erreichbarkeit des Hafen Brake für Frachter mit 12,80 m Tiefgang.
Es seien aber noch grundlegende verfahrenstechnische und politische Fragen zur Weservertiefung zu klären, damit beide Projekte realisiert werden können, führte Beckmeyer aus. So müsse spätestens 2024 entschieden werden, in welchem gesetzlich-administrativen Rahmen die Planung erfolgen soll: nach dem »Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz« des Bundes oder als klassisches Planfeststellungsverfahren. Beckmeyer und der Wirtschaftsverband Weser sprechen sich für Letzteres aus, obwohl sich derartige Verfahren in der Vergangenheit häufig als sehr zeitraubend erwiesen.
Öffentlichkeitsbeteiligung für Weservertiefung könnte frühzeitig erfolgen
»Die Öffentlichkeitsbeteiligung kann damit frühzeitig erfolgen«, argumentiert der Experte. Nach Lösung aller Streitfragen seien dann keine Klagen gegen die Weservertiefung mehr zu erwarten. Anders beim Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz. Dies sei zwar mit dem Ziel der Beschleunigung von Infrastrukturvorhaben verabschiedet, bislang aber nicht angewendet worden. »Es wurde noch für kein Projekt ein Maßnahmengesetz beschlossen.« Ausgerechnet die Weseranpassung zum Testfall dafür zu machen, hält Beckmeyer für riskant. Potenzielle Kläger würden alle Register ziehen, um das Gesetz vor dem Bundesverwaltungsgericht zu kippen. »Wenn dann ein Maßnahmengesetz für die Weser vor Leipzig nicht standhält, verlieren wir wieder Jahre«, so der Verbandschef.
Des Weiteren müssten sich die Bundesländer Niedersachsen und Bremen über die Notwendigkeit beider Ausbaumaßnahmen – Außenweser und Unterweser (Nord) – einigen. Beckmeyer sieht hier vor allem die Bremer Seite unter Zugzwang, weil sich der rot-grün-rote Senat des kleinsten Bundeslandes bislang nur zum Außenweserprojekt bekannt hat. «Das ist allein gar nichts wert. Denn Niedersachsen wird nur mitmachen, wenn auch die nördliche Unterweser dabei ist.«
» … dann haben wir ein Problem«
Darüber hinaus seien noch Widerstände gegen die Weservertiefung beziehungsweise die Flussanpassung in der Bevölkerung hauptsächlich in der Wesermarsch zu überwinden. Die Hauptstreitpunkte: ein zu erwartender leicht erhöhter Salzeintrag – problematisch vor allem für die Weidewirtschaft in der Region – und die Verschlickung von Sportboothäfen. Beides sei jedoch lösbar, so Beckmeyer. Ersteres durch Bau eines weiteren Pumpwerks, Letzteres durch Neugestaltung der Ufer. Größere Verschlickungsprobleme in der Fahrrinne wie im Fall der Elbe seien aufgrund des Strömungsverhaltens der Außenweser nicht zu erwarten.
Beckmeyer sieht gewaltige Chancen für den Umschlag in Bremerhaven durch die Anpassung der Außenweser, aber auch große Risiken bei einem Scheitern des Projekts. Jedes Großcontainerschiff mit über 20.000 TEU Kapazität lade und lösche rund 9.000 TEU pro Anlauf in Bremerhaven. Bei einem einzigen wöchentlichen Service mache dies auf das Jahr hochgerechnet 450.000 TEU. »Wenn wir diese Schiffe nicht bekommen, dann haben wir ein Problem.« (mph)