Die an Fachbegriffen sicher nicht arme Schifffahrt musste in den vergangenen Jahren neue Termini in ihr Vokabular aufnehmen. Es begann mit Scrubbern, dazu kamen EEDI und CII, ETS und CCS. Und zuletzt KI und sogar ChatGPT. Alles Begriffe, die auf dem Weg in eine emissionsfreie Zukunft nicht mehr wegzudenken sind.
Wenn demnächst die IMO zusammenkommt, dürften diese Begriffe und die Technologien, für die sie stehen, noch an Bedeutung gewinnen.[ds_preview]
Denn es besteht kaum ein Zweifel, dass bei dem Treffen die ohnehin ambitionierten Klimaziele noch einmal kräftig hochgesetzt werden. Statt wie bisher geplant die Treibhausgasemissionen der Weltflotte bis 2050 zu halbieren, sollen sie bis 2050 auf netto Null sinken. Wichtige Zwischenschritte sind bis 2030 bzw. 2040 vorgesehen.
Wie die bislang bekannten oder die noch kommenden Technologien dabei helfen können, bleibt abzuwarten. Noch bestehen viele Unsicherheiten und ein immenser Handlungsbedarf. Sei es mit Blick auf die Produktion alternativer Kraftstoffe, auf die benötigte Infrastruktur oder auf eine ausreichend schnelle Modernisierung der Flotte.
Dass sich die Schifffahrt auf den Weg gemacht hat, belegen aktuelle Zahlen. Demnach ist die Hälfte aller Neubauten in der Containerschifffahrt für emissionsmindernde Kraftstoffe wie LNG oder Methanol ausgelegt. 40 % der Flotte sind mit Technologien ausgestattet oder nachgerüstet worden, die den Energieverbrauch und damit auch den Schadstoffausstoß signifikant senken. Das lässt hoffen, auch wenn andere Schifffahrtssektoren noch hinterherhinken.
Gleichzeitig zeigt es, wie viel noch zu tun ist. Selbst die heute mit Dual-Fuel-Motoren ausgestatteten Neubauten können, müssen aber nicht zwangsläufig »grün« bebunkert werden. Denn die Kosten stehen oft noch im Vordergrund: Als die Preise für LNG während der Corona-Pandemie durch die Decke gingen, schwenkten die Reedereien postwendend wieder auf die verpönten fossilen Kraftstoffe um.
Kein Königsweg in der Praxis
Ohnehin, auch darin sind sich die Experten einig, gibt es keinen Königsweg – weder bei den Kraftstoffen noch beim Zusammenspiel aller denkbaren Technologien. Was am Ende über allen strategischen Ansätzen stehen wird, ist keines der »buzzwords« aus der jüngeren Vergangenheit, sondern ein altbekanntes und übergeordnetes Konzept, dass die Schifffahrt von jeher vorangetrieben hat: eine höchstmögliche Effizienz. Das war beim Wechsel vom Segeln auf die Dampfmaschine so, auch bei der Einführung des Dieselmotors. Es bleibt auch heute die oberste Maxime, ob nun im Schiffsbetrieb oder für die Prozessabläufe an Land.
Dabei laufen künftig ganz sicher zwei Megatrends zusammen: Dekarbonisierung und Digitalisierung. Weil diese zwei Begriffe zwar heute in aller Munde sind, aber erst in ihrer praktischen Anwendung und Verknüpfung zu einer besseren Effizienz und zur Erfüllung ambitionierter Klimaziele führen können, kommt es darauf an, dass die Industrie einerseits ihre Hausaufgaben erledigt und ihr andererseits dafür von den politischen Institutionen die richtigen Rahmenbedingungen gegeben werden – lieber international als nur national. Die Einführung der seit langem diskutierten globalen CO₂-Abgabe und ein daraus finanzierter Klimafonds zur Beschleunigung der »grünen« Transformation wären die nächsten wichtigen Schritte auf einem zweifellos noch langen und beschwerlichen Weg.
Krischan Förster
Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal