In Indien winkt ein neuer Großauftrag für ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS). Gleichzeitig forciert der neue Konzernchef den Verkaufsprozess für die Marinesparte.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius ist gerade mit TKMS-Chef Oliver Burkhard in Indien. Dort wurde heute ein Vorvertrag für den Bau von bis zu sechs U-Booten zwischen TKMS und Mazagon Dock Shipbuilders unterzeichnet. [ds_preview]
Indien will zur Erneuerung seiner Flotte konventionelle U-Boote mit außenluftunabhängigem Antrieb anschaffen. Im Raum steht ein Auftragsvolumen von rund 7 Mrd. €, das wäre für TKMS der größte Auftrag der Unternehmensgeschichte. Der Konkurrent Daewoo aus Korea hätte das Nachsehen.
Bei Mazagon Dock Shipbuilders handelt es sich um eine der führenden Werften des Landes mit Sitz in Mumbai. Im Falle einer Auftragsvergabe würde TKMS Konstruktion und Design der U-Boote sowie beratende Tätigkeiten übernehmen. Mazagon Dock Shipbuilders (MDS) wäre für den Bau und die Ablieferung der U-Boote verantwortlich.
Indien hat in der Vergangenheit bereits deutsche U-Boote geliefert bekommen, macht aber eine Fertigung vor Ort zur Bedingung, schreibt die FAZ. Vier U-Boote der HDW-Klasse 209 wurden in den 1980er Jahren im Rahmen einer erfolgreichen deutsch-indischen Kooperation hergestellt. Die Boote eins und zwei wurden von thyssenkrupp Marine Systems (damals HDW in Kiel) gebaut, die Boote drei und vier wurden von MDS in Mumbai gefertigt.
Auftragsbuch bei TKMS gut gefüllt
Die Auftragsbücher bei TKMS sind auch ohne die mögliche Bestellung aus Indien gut gefüllt, man hat Arbeit bis 2030. Die Aussichten gelten zudem als glänzend, weil in Folge des Ukraine-Krieges die Rüstungsbudgets weltweit steigen. Mit der ehemaligen MV-Werft in Wismar hatte sich der Konzern im vergangenen Jahr zusätzliche Kapazitäten gesichert. Gerade erst wurde mit NXTGEN der zivile Schiffbau in eine eigene Sparte ausgegliedert.
Dennoch soll der neue Konzernchef Miguel López den Verkauf der Marinesparte jetzt noch einmal forcieren. Wie die FAZ berichtet, sollen die Datenräume für Investoren in Kürze geöffnet werden, damit mögliche Interessenten die übliche »due diligence«-Prüfung vornehmen können. Gespräche laufen bereits seit Monaten, bislang allerdings ohne konkretes Ergebnis. Für die kommende Woche ist ein Treffen mit der IG Metall anberaumt, auch Gewerkschaft und Belegschaft sollen in den Prozess eingebunden werden, heißt es.
Steigt der Staat bei TKMS ein?
Sicherheitspolitische Aspekte spielen bei einem möglichen Verkauf allerdings eine Rolle. Gerade der Marineschiffbau gilt als Schlüsselindustrie, deren Know-how unbedingt im Land gehalten werden sollen. Der Einstieg von Finanzinvestoren wie Carlyle oder KKR ist derzeit ebenso denkbar wie eine Beteiligung strategischer Partner wie etwa Lürssen, German Naval Yards aus Deutschland oder die Naval Group aus Frankreich. Auch der Erwerb einer Sperrminorität (25,1%) durch die Bundesregierung ist vorstellbar. So war es vor zwei Jahren beim Waffenhersteller Hensoldt geschehen.
Mit internem Widerstand ist demnach nicht zu rechnen. So sollen sich auch die Arbeitnehmervertreter hinter die Pläne einer Verselbständigung der Marine-Tochter mit rund 6.500 Beschäftigten gestellt haben. Die IG Metall fordert allerdings, dass TKMS selbst oder der Bund als Anker-Investor an Bord bleiben.