»COSCO Yantian« im Panamakanal
Photo: ACP

Der Mangel an Niederschlägen im Einzugsgebiet des Panamakanals könnte zu weiteren Tiefgangsbeschränkungen führen, große Schiffe können nicht mehr ausgelastet werden. Darum könnten kleinere Schiffe wieder in der Gunst der Reedereien steigen.

Die Niederschläge im Zeitraum zwischen Februar und April betrugen weniger als die Hälfte der normalen Werte, wobei es Ende Mai einige willkommene Regenfälle gab. Da für 2023/2024 die Rückkehr des Wetterphänomens El Niño vorhergesagt wird, das die Region wärmer und trockener machen wird, steht diese wichtige Verbindung zwischen dem pazifischen und dem atlantischen Becken unter großem Druck. [ds_preview]

Der vom Panamakanal abhängige Korridor zwischen Nordeuropa und der südamerikanischen Westküste war in den Pandemiejahren turbulenten Schwankungen unterworfen, die sich auf das Schiffsaufkommen und die Frachtraten auswirkten.

Die Panamakanalbehörde hat die zulässigen Tiefgänge für 2023 bereits mehrmals gesenkt, wobei die jüngste Ankündigung vom 29. Mai die nächste Senkung nur um zwei Wochen verschoben hat. »Jede Senkung bedeutet, dass weniger Ladung von Schiffen durch die Neopanamax-Schleusen transportiert werden kann«, sagt Peter Sand, Chefanalyst bei Xeneta.

Die im Juni 2016 eingeweihten Neopanamax-Schleusen ermöglichen es Containerschiffen, die mehr als doppelt so groß sind wie frühere Panamax-Schiffe, Fracht von Asien an die US-Ostküste, von Europa an die Westküste Südamerikas, von der US-Golfküste in den Fernen Osten und in viele weitere interregionale Verkehre zu bringen. »Bei einem normalen Tiefgang von maximal 50 Fuß (15,24 m) wirkt sich der derzeit zulässige Tiefgang von 44,5 Fuß (13,56 m) bereits auf das Geschäft aus. Die neue Tiefgangsbeschränkung von 43,5 Fuß, die ab dem 25. Juni gilt, wird dies im wahrsten Sinne des Wortes auf ein neues Niveau heben«, so Sand.

Bei insgesamt 285 Neopanamax-Schiffen, die allein im April den Panamakanal passierten, von denen die Hälfte Containerschiffe waren, habe jede weitere Verringerung erhebliche Auswirkungen auf das Volumen, meint der Analyst.

Panamakanal für Nordeuropa-Südamerika-Westküste besonders wichtig

Ein Fahrtgebiet, das auf eine effiziente Durchfahrt durch den Panamakanal angewiesen ist, ist der Korridor Nordeuropa-Südamerika-Westküste. Volatilität war hier schon während der Corona-Pandemie an der Tagesordnung, und alles – von den verschifften Mengen bis hin zu den kurz- und langfristigen Frachtraten – war nahezu ständig in Bewegung.

Die kurzfristigen Raten in diesem Verkehr erreichten vor genau einem Jahr mit 7.707 $ pro FEU ihren Höchststand und sind seitdem auf 3.500 $ pro FEU gefallen. Obwohl der Rückgang um 55 % für die Verlader eine willkommene Nachricht ist, ist es ein schwacher Trost, dass die Raten immer noch rund 2.000 Dollar über dem Durchschnitt für 2020 liegen«, so Sand.

Die Daten von Xeneta zeigen, dass dies auch für die langfristigen Raten gilt. Die Preise sind seit den Höchstständen von April bis November 2022 um etwa ein Drittel gefallen. Langfristige Verträge, die innerhalb des letzten Dreimonatszeitraums unterzeichnet wurden, liegen jedoch immer noch knapp unter 3.800 $ pro FEU. »In dieser Hinsicht ist der Rückgang der Preise für dieses Geschäft etwas losgelöst von der Entwicklung bei größeren Geschäften, die noch stärker und dramatischer zurückgegangen sind«, so der Xeneta-Chefanalyst.

Warum ist das so? Jedes Jahr werden etwa 250.000 TEU von Nordeuropa an die Westküste Südamerikas verschifft (Quelle: CTS). »Vielleicht ist es einfach eine Tatsache, dass die Containerraten langsam von den größten Handelsrouten auf die kleineren übergehen, wobei sich die Entwicklungen verzögern, da die Reedereien ihre globalen Containerschifffahrtsnetze aktualisieren und überarbeiten, um sich an die ›nächsten normalen‹ Marktbedingungen anzupassen«, meint Sand.

Kleine Schiffe bieten jetzt Auslastungsvorteil

Da die Schiffe immer größer werden und die Reedereien Größenvorteile erzielen, indem sie sie in verschiedenen Fahrtgebieten einsetzen, werden die Häfen bevorzugt, die mehr Container pro Anlauf mit optimaler Effizienz abfertigen können. Dieser Trend, der sich bei Importen aus dem Fernen Osten an der südamerikanischen Ostküste bereits bewährt hat, setzt sich nun auch bei Containerfracht aus Nordeuropa an der Westküste des Kontinents fort.

Gleichzeitig ist die Spanne zwischen den Container-Spotraten in sekundären (Sub-) und primären (Haupt-) Containerhäfen an der Westküste volatiler. Sie stieg im November 2022 auf 1.300 $ pro FEU. Zu diesem Zeitpunkt war der korrigierende Rückgang in den Primärhäfen am stärksten ausgeprägt. Die Daten von Xeneta zeigen, dass die normale Spanne bei 300 $ pro FEU liegt. »Im Mai 2023 lag die Spanne bei rund 400 $ pro FEU, was eindeutig darauf hindeutet, dass eine Normalisierung des Marktes noch in weiter Ferne liegt«, heißt es.

Mit der fortschreitenden Verschärfung der Tiefgangsbeschränkungen im Panamakanal könnten kleinere Schiffe nach Einschätzung Sands wieder in der Gunst der Reedereien steigen, da diese nicht mehr in der Lage seien, die volle Kapazität größerer Schiffe auszulasten.

»Dies führt zu einem Aufwärtsdruck auf die kurzfristigen Marktpreise und könnte die Verlader dazu veranlassen, ihre Lieferketten zu ändern, wenn sich auch die Hafenanläufe entsprechend den Schiffsgrößen ändern«, sagt er.