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Der Europäische Rat hat heute die neue Verordnung zur sogenannten Initiative »FuelEU Maritime« angenommen. Die Bundesregierung sieht darin die nötige Planungssicherheit für Reeder und Kraftstoffherstellern.

»Die neue Verordnung wird Schiffsbetreibern und Kraftstofferzeugern Rechtssicherheit bieten, die groß angelegte Produktion nachhaltiger Schiffskraftstoffe ankurbeln und so einen wesentlichen Beitrag zu unseren Klimazielen auf europäischer und globaler Ebene leisten«, sagte heute Raquel Sánchez Jiménez, spanische Ministerin für Verkehr, Mobilität und Städteagenda.[ds_preview]

Hauptziel der Initiative »FuelEU Maritime« – eines zentralen Bestandteils des Pakets »Fit für 55« der EU – ist es, die Nachfrage nach erneuerbaren und kohlenstoffarmen Kraftstoffen und deren konsequente Nutzung zu steigern und damit die Treibhausgasemissionen des Schifffahrtssektors zu verringern und dabei zugleich das reibungslose Funktionieren des Seeverkehrs zu gewährleisten und Verzerrungen im Binnenmarkt zu vermeiden.

Die neuen Vorschriften zielen darauf ab, im Seeverkehr den Weg hin zu den Klimazielen der EU für 2030 und 2050 zu ebnen, und dürften eine grundlegende Rolle bei der Umsetzung des europäischen Klimagesetzes spielen.

Zentrale Elemente der FuelEU-Verordnung

Die neue Verordnung hat einige zentrale Elemente:

  • Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass die Treibhausgasintensität der vom Schifffahrtssektor verwendeten Kraftstoffe im Laufe der Zeit schrittweise verringert wird – um 2 % im Jahr 2025 und schließlich um 80 % im Jahr 2050 (s.u.)
  • einen speziellen Anreiz zur Förderung der Einführung sogenannter erneuerbarer Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (renewable fuels of non-biological origin, RFNBO) mit hohem Dekarbonisierungspotenzial
  • den Ausschluss fossiler Brennstoffe vom Zertifizierungsverfahren der Verordnung
  • eine Verpflichtung für Fahrgast- und Containerschiffe, ab 2030 die landseitige Stromversorgung für den gesamten Strombedarf zu nutzen, solange sie in großen EU-Häfen am Kai festgemacht sind, um die Luftverschmutzung in Häfen zu verringern, die oft in der Nähe dicht besiedelter Gebiete liegen
  • einen freiwilligen Mechanismus zur Zusammenlegung in einem Pool, bei dem Schiffe ihre Konformitätsbilanz mit einem oder mehreren anderen Schiffen bündeln können, wobei der Pool – als Ganzes – die Grenzwerte für die Treibhausgasintensität im Durchschnitt einhalten muss
  • zeitlich befristete Ausnahmen für die besondere Behandlung von Gebieten in äußerster Randlage, kleinen Inselstaaten und wirtschaftlich stark von ihrer Anbindung abhängigen Gebieten
  • Einnahmen aus der Durchführung der Verordnung („FuelEU-Strafzahlungen“) sollten für Projekte zur Förderung der Dekarbonisierung des Seeverkehrs mit einem verbesserten Transparenzmechanismus verwendet werden
  • die Überwachung der Umsetzung der Verordnung durch das Berichterstattungs- und Überprüfungsverfahren der Kommission

Aus der deutschen Bundesregierung gab es heute Zustimmung, aber auch Kritik: »Die EU-Mitgliedstaaten haben heute den Weg freigemacht um nachhaltige erneuerbare Kraftstoffe in den Seeverkehr zu bringen«, heißt es in einer Mitteilung aus Berlin. Sie stimmten der Verordnung »FuelEU Maritime« zu. Am 12. Juli hatte auch das EU-Parlament für die im Trilogverfahren erzielte Einigung gestimmt.

Lob und Kritik aus der Bundesregierung

Die neuen Vorgaben gelten für Schiffe mit einer Bruttoraumzahl über 5.000, die in Häfen im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaats einlaufen, aus ihnen auslaufen oder sich dort aufhalten, zudem für Container und Passagierschiffe eine Landstromplicht ab 2030. Der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien wird für die Schifffahrt gezielt gefördert.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte: »Heute hat die EU entscheidende Weichen für mehr Klimaschutz und den Einsatz von erneuerbaren Kraftstoffen im Seeverkehr gestellt. Auch künftig werden Reedereien auf Kraftstoffe angewiesen sein, denn elektrische Antriebe sind für den Langstreckenverkehr bisher keine Option.« Im Seeverkehr seien E-Fuels aus erneuerbaren Energien daher eine sinnvolle klimafreundliche Alternative.

Mit den neuen Vorgaben gibt die EU nach Ansicht der Grünen-Politikerin den Herstellern und Reedereien »die nötige Planungssicherheit«, treibe die Entwicklung moderner Technologien voran und mache erneuerbare Kraftstoffe für den Seeverkehr marktreif. »Aber es gibt auch Schatten: Dass Kraftstoffe aus fossilen Quellen und aus Atomenergie auch als Erfüllungsoption zugelassen sind, ist bedauerlich«, so Lemke weiter. Das BMUV will sich weiterhin dafür einsetzen, dass vorwiegend synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien eingesetzt werden, um den Seeverkehr klimaneutral zu machen.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP schlug einen großen Bogen: »Nachdem wir kürzlich bereits auf UN-Ebene einen Durchbruch für den maritimen Klimaschutz erzielen konnten, forcieren wir mit der ›FuelEU Maritime‹-Initiative nun auf europäischer Ebene die tatsächliche Transformation hin zum klimaneutralen Schiffsverkehr.«

Er lobte den Verordnungsentwurf als technologieoffen, der die besonderen Wettbewerbsbedingungen im Seeverkehrssektor berücksichtigt. Hauptziel sei es, die Nachfrage nach erneuerbaren und kohlenstoffarmen Kraftstoffen und deren konsequente Nutzung zu steigern und damit die Treibhausgasemissionen im Seeverkehr entscheidend zu verringern. »Die Initiative dürfte so eine grundlegende Rolle bei der Umsetzung des europäischen Klimagesetzes für die Schifffahrt spielen«, so Wissing.

Einheitliche Regeln

Die »FuelEU Maritime« legt EU-weit einheitliche Regeln für die Begrenzung der Treibhausgasintensität der an Bord eines Schiffes verwendeten Energie fest, und damit vor allem der Kraftstoffe. Die Verordnung aus dem Fit-for-55-Paket sieht vor, dass die Schifffahrt in der EU ihre Emissionen ab 2025 um 2%, ab 2030 um 6%, ab 2035 um 14,5%, ab 2040 um 31%, ab 2045 um 62% und ab 2050 um 80% reduzieren muss.

Die Bewertung der Treibhausgasemissionen aller Kraftstoffe erfolgt anhand einer Lebenszyklusbetrachtung (sog. Well-to-wake (WtW)-Ansatz der die Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas einbezieht). Als Erfüllungsoption sind alle Kraftstoffe zugelassen, die Gesetzesinitiative ist somit technologieneutral.

Der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen wird mit einem besonderen Mechanismus angereizt: Sollte der Anteil synthetischer Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien (»renewable fuels of non-biological origin«, RFNBO) im Brennstoffmix im Jahr 2031 nicht über ein Prozent liegen, tritt automatisch ab 2034 eine verpflichtende Mindestquote von zwei Prozent für diese RFNBO-Kraftstoffe in Kraft.

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie gilt ab dem 1. Januar 2025, mit Ausnahme einiger Artikel, die ab dem 31. August 2024 gelten.