In Kiel ist man mit der Eröffnung des »Shore Control Centers« im CAPTN-Projekt der autonomen Schifffahrt ein Stück näher gekommen.

Aus dem Kontrollzentrum kann die Forschungsplattform »Wavelab« ferngesteuert werden. Der Forschungsträger wurde gebaut, um autonome und teilautonome Navigation im Rahmen der Initiative Clean Autonomous Public Transportation Network (CAPTN) voranzutreiben.[ds_preview]

Anschütz-CAPTN
Die »Wavelab« ist die Forschungsplattform in dem CAPTN-Projekt

Das Kieler Unternehmen Anschütz, als Spezialist für Navigations- und integrierte Brückensysteme, hat nun die Fernsteuerung der »Wavelab« von dem Kontrollzentrum aus erfolgreich demonstriert. Mit der Inbetriebnahme dieses »Shore Control Centers« dem Firmengelände von Anschütz wurde ein weiterer Meilenstein im CAPTN-Forschungsprojekt »Förde 5G« erreicht, so der Navigationsspezialist. Das Vorhaben besteht insgesamt aus sechs Teilprojekten, »Förde 5G« ist eines davon.

»Wir freuen uns, dass wir mit der Inbetriebnahme des Shore Control Centers bei Anschütz nun einen großen Schritt in Richtung teilautonomer und autonomer Navigation im digitalen Testfeld in Kiel machen«, so Daniel Sommerstedt, Projektleiter CAPTN bei Anschütz.

Anschütz-CAPTN
Das »Shore Control Center« befindet sich bei Anschütz auf dem Firmengelände

Die »Wavelab« wird in Echtzeit überwacht

Vom Kontrollzentrum aus wird die »Wavelab« im maritimen Testfeld an der Innenförde in Echtzeit überwacht. Es kann auf die Sensoren und Navigationssysteme an Bord zugegriffen werden und die Steuerung und der Antrieb des Schiffes können ferngesteuert werden. Die Projektpartner erstellen einen vollständigen, digitalen Zwilling im Kontrollzentrum mit allen Daten, die von den verschiedenen vorhandenen und experimentellen Sensoren und Systemen an Bord geliefert werden.

Um die großen Datenmengen in Echtzeit zwischen Kontrollzentrum und Schiff auszutauschen, wird auf der Förde und an Land eine leistungsfähige Systemarchitektur für maritime Datenkommunikation auf Basis eines 5G-Mobilfunknetzes und eines WiFi-6-Netzes der Addix GmbH aufgebaut.

Projektmanager Daniel Sommerstedt
Projektmanager Daniel Sommerstedt

»Mit dem Kontrollzentrum bekommen wir die Möglichkeit, viele neue Daten in unsere Brückenplattform einzuspeisen, sie zu verarbeiten und dann in einem maritimen Gesamtbild zu visualisieren«, so Sommerstedt. »Eines der Ziele der nächsten Forschungsphase ist es, herauszufinden, welche Informationen den Nutzern auf welche Weise präsentiert werden müssen, damit sie ›Wavelab‹ sicher und effizient überwachen und fernsteuern können.«

Das Kontrollzentrum an Land ist mit einem großen Monitor ausgestattet, auf dem Kamerasysteme eine 360-Grad-Ansicht in Echtzeit anzeigen, genau wie auf einer echten Fähre. Ebenso wie auf dem Schiff ermöglichen Multifunktionsdisplays den Zugriff auf das Navigationsradar sowie auf das elektronische Kartendarstellungs- und Informationssystem und eine flexible Anzeige von Navigationsdaten. Ein weiteres Display steht für die Benutzeroberfläche der Steuerungs- und Antriebssysteme der »Wavelab« zur Verfügung. Die Leistung des Gesamtsystems, wie die verfügbare Bandbreite, die Statusdaten der Systemkomponenten oder das Energiemanagement, werden auf einem separaten Dashboard dargestellt und überwacht.

Assistenzsysteme im Test

Auch innovative Assistenzsysteme, die im Rahmen der CAPTN-Initiative entwickelt werden, können die Projektpartner direkt auf weiteren Displays im Kontrollzentrum testen. Um hierzu auch automatisierte Manöver zu ermöglichen, wurden die Steuerungs- und Antriebssysteme der »Wavelab« mit offenen Schnittstellen ausgestattet. Zu den Assistenzsystemen gehören Kollisionsvermeidungsszenarien, die auf Basis von künstlicher Intelligenz oder regelbasierten Ansätzen berechnet werden, automatisierte Anlegemanöver und Videobilder, auf die eine automatische Objekterkennung angewendet wird.

»Wir können hier sehr flexibel den Mehrwert zusätzlicher Informationen oder Anzeigen direkt in einer realen Testumgebung testen und daraus ableiten, wie wir durch einen höheren Integrations- oder Automatisierungsgrad die Sicherheit und Effizienz zukünftiger Navigationssysteme tatsächlich verbessern können«, so Sommerstedt.

Projektpartner bei der Realisierung des Kontrollzentrums sind die Addix GmbH, die eine sichere Datenübertragung und die Systemarchitektur für den digitalen Zwilling realisiert, sowie die Universität Kiel. Assoziierter Partner des Projekts »Förde 5G« ist die Wehrtechnische Dienststelle WTD 71, die mit dem Marinearsenal einen idealen, geschützten Hafen für die Erprobung autonomer Fahrmanöver bietet. Weitere Projektpartner sind die Landeshauptstadt Kiel, Seehafen Kiel, AVL Deutschland, HH Vision, Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel, und das Wissenschaftszentrum Kiel.

Ziel des CAPTN-Projektes

Die Vision von CAPTN ist es, autonome, sichere und nachhaltige öffentliche Verkehrssysteme zu entwickeln. CAPTN will das Ost- und Westufer der Kieler Förde mit autonomen, emissionsarmen Personenfähren verbinden. Ein Netzwerk von Unternehmen und Hochschulen entwickelt und erforscht die dafür notwendigen Technologien in einer Reihe von Einzelprojekten, die vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert werden. Die »Wavelab« und das maritime Testfeld zur Entwicklung von Sensoren und Softwaresystemen für die autonome Navigation sind Teil der CAPTN-Forschungsteilprojekte »Förde Areal 1 + 2«.