Seit dem letzte Woche Raketenangriffe auf Handelsschiffe die Lieferketten ins Chaos gestürzt haben, steigen auch die Frachtraten.
Jüngste Daten des Osloer Marktanalyseunternehmens Xeneta zeigen, dass die Spotraten auf dem Seefrachtmarkt seit Freitag um 20 % in die Höhe geschnellt sind, nachdem große Reedereien angekündigt hatten, das Rote Meer angesichts der Angriffe der Huthi-Miliz zu meiden. [ds_preview]
Die Schiffe werden nun über das Kap der Guten Hoffnung umgeleitet, was nicht nur bis zu zehn Tage zusätzliche Fahrtzeit bedeutet, sondern auch bis zu 1 Mio. $ an zusätzlichen Kraftstoffkosten für jede Hin- und Rückfahrt zwischen dem Fernen Osten und Nordeuropa. Betrachtet man allein den Containerverkehr, so schätzt Xeneta, dass die Umleitung über Afrika zusätzliche Schiffskapazitäten in der Größenordnung von 1 Mio. TEU erfordern wird.
»Es gibt zwar Kapazitäten auf dem Markt, aber sie haben ihren Preis, und die Seefrachtraten könnten um 100 % steigen. Diese Kosten werden letztendlich an die Verbraucher, die die Waren kaufen, weitergegeben«, so Xeneta-Chefanalyst Peter Sand.
Wie lange dauert der Zustand an?
Diese Woche kündigte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin die »Operation Prosperity Guardian« an, eine Task Force der Koalition zur Bekämpfung der Houthi-Angriffe und zum Schutz von Handelsschiffen, die durch das Rote Meer und den Golf von Aden fahren. Sie baut auf der bereits bestehenden Task Force 153 zur Bekämpfung der Piraterie in der Region auf.
Sand: »Wir sehen jetzt, dass die Politiker handeln, aber wir wissen nicht, wie oder wann diese Koalition erfolgreich sein wird, um den Schiffen eine sichere Durchfahrt durch das Rote Meer und den Golf von Aden zu ermöglichen.«
Maersk hatte beispielsweise erklärt, man wisse nicht, wann es sicher sei, durch die Bab-el-Mandeb-Straße zu fahren, und die CMA CGM-Gruppe hatte eine Mitteilung über »höhere Gewalt« herausgegeben, was nach EInschätzunh Sands »vielleicht darauf hindeutet, dass sie nicht glaubt, dass diese Situation in unmittelbarer Zukunft gelöst werden kann.«
Langfristige Auswirkungen auf Frachtraten?
»Das könnte sich auch auf die laufenden Verhandlungen zwischen Verladern und Seefrachtunternehmen über langfristige Verträge mit einer Laufzeit bis 2024 auswirken. Die Verlader könnten sich besorgt zeigen, dass die langfristigen Raten dem Spotmarkt folgen und infolge dieser Krise drastisch ansteigen könnten.«
Die Versorgungsketten haben sich nach Beobachtung des Analysten noch immer nicht vollständig von der Pandemie erholt, die Fahrplanzuverlässigkeit der Linienreedereien zwischen Fernost und Nordeuropa liegt bei nur 64 %. »Diese jüngste Krise könnte diese Erholung noch weiter zurückwerfen«, meint er.