Gemini stammt aus dem Lateinischen und heißt Zwilling. Außerdem ist es der Name eines Sternbildes und der eines früheren Raumfahrtprogramms der Nasa. Vermutlich hatten die Manager bei Maersk und Hapag-Lloyd eine gewisse Symbolik im Kopf, als sie ihr neues Bündnis so benannten.
Trotz der unterschiedlichen Flottengröße sehen sie sich als sehr vergleichbare Reedereien an, als Zwillinge eben – mit großen Ähnlichkeiten bei der strategischen Ausrichtung, in der Unternehmenskultur, in ihrer Verantwortung gegenüber der Umwelt.
Für die neue Partnerschaft mit den Dänen opfert Hapag-Lloyd das bisherige Bündnis mit ONE, Yang Ming und HMM und nutzt dafür eine vereinbarte Ausstiegsklausel. Dabei hatte CEO Habben Jansen bis zuletzt einen möglichen Allianz-Wechsel als reine Spekulation von sich gewiesen und auf einen noch bis 2030 gültigen Vertrag verwiesen. Warum also die Kehrtwende?
Zum einen wird Maersk darauf gedrängt haben. Die ehemalige Nr. 1 im globalen Liner-Ranking war durch das verkündete Ende der »2M«-Allianz mit MSC unter Zugzwang und ist nach Einschätzung von Analysten nicht groß genug, um wie MSC künftig allein weiterzumachen. Hapag-Lloyd ist unter allen möglichen Partner mit Sicherheit der geeignetste, um sich künftig als Premium-Anbieter in der globalen Linienschifffahrt aufzustellen.
Anleihe nehmen die Bündnispartner bei der Luftfahrt. Ihre 32 gemeinsamen Dienste sollen im Ost-West-Verkehr ein Dutzend großer Transshipment-Häfen anlaufen, in denen die beiden Reedereien über eigene Umschlagterminals verfügen – das sichert ihnen die operative Kontrolle und eine effiziente Steuerung aller Abläufe. Bremerhaven und Wilhelmshaven sind dabei, Hamburg dagegen nicht. Dazu kommen 32 regionale Shuttle-Services. Dieses aus dem Luftfrachtgeschäft bekannte »Hub-and-Spoke«-Prinzip (Nabe und Speiche) könnte dem Konsortium durchaus Vorteile am Markt verschaffen – sofern sie ihre Qualitätsversprechen tatsächlich einhalten können.
»Auf Augenhöhe« werde man künftig zusammenarbeiten, betonte der Hapag-Lloyd-Chef. Als Junior-Partner sieht er sich keineswegs, obwohl er nur 40 % der 290 Schiffe im Netzwerk stellt, Maersk hingegen 60 %. Bei aller zwillingshaften Ähnlichkeit werden sich die Hamburger dennoch strecken müssen: Die Dänen sind bei wichtigen Kennziffern wie der Fahrplantreue aktuell weit voraus. Sollten die gemeinsam gesetzten Ziele also verfehlt werden, könnte es zwischen den Partnern schnell ungemütlich werden – und das nicht nur wegen der untereinander vereinbarten Strafzahlungen.
Krischan Förster
Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal