Zwilling, Praxis
Krischan Förster

Gemini stammt aus dem Lateinischen und heißt Zwilling. Außerdem ist es der Name eines Sternbildes und der eines früheren Raumfahrtprogramms der Nasa. Vermutlich hatten die Manager bei Maersk und Hapag-Lloyd eine gewisse Symbolik im Kopf, als sie ihr neues Bündnis so benannten.

Trotz der unterschiedlichen Flottengröße sehen sie sich als sehr vergleichbare Reedereien an, als Zwillinge eben – mit großen Ähnlichkeiten bei der strategischen Ausrichtung, in der Unternehmenskultur, in ihrer Verantwortung gegenüber der Umwelt.

Für die neue Partnerschaft mit den Dänen opfert Hapag-Lloyd das bisherige Bündnis mit ONE, Yang Ming und HMM und nutzt dafür eine vereinbarte Ausstiegsklausel. Dabei hatte CEO Habben Jansen bis zuletzt einen möglichen Allianz-Wechsel als reine Spekulation von sich gewiesen und auf einen noch bis 2030 gültigen Vertrag verwiesen. Warum also die Kehrtwende?

Zum einen wird Maersk darauf gedrängt haben. Die ehemalige Nr. 1 im globalen Liner-Ranking war durch das verkündete Ende der »2M«-Allianz mit MSC unter Zugzwang und ist nach Einschätzung von Analysten nicht groß genug, um wie MSC künftig allein weiterzumachen. Hapag-Lloyd ist unter allen möglichen Partner mit Sicherheit der geeignetste, um sich künftig als Premium-Anbieter in der globalen Linienschifffahrt aufzustellen.

Anleihe nehmen die Bündnispartner bei der Luftfahrt. Ihre 32 gemeinsamen Dienste sollen im Ost-West-Verkehr ein Dutzend großer Transshipment-Häfen anlaufen, in denen die beiden Reedereien über eigene Umschlagterminals verfügen – das sichert ihnen die operative Kontrolle und eine effiziente Steuerung aller Abläufe. Bremerhaven und Wilhelmshaven sind dabei, Hamburg dagegen nicht. Dazu kommen 32 regionale Shuttle-Services. Dieses aus dem Luftfrachtgeschäft bekannte »Hub-and-Spoke«-Prinzip (Nabe und Speiche) könnte dem Konsortium durchaus Vorteile am Markt verschaffen – sofern sie ihre Qualitätsversprechen tatsächlich einhalten können.

»Auf Augenhöhe« werde man künftig zusammenarbeiten, betonte der Hapag-Lloyd-Chef. Als Junior-Partner sieht er sich keineswegs, obwohl er nur 40 % der 290 Schiffe im Netzwerk stellt, Maersk hingegen 60 %. Bei aller zwillingshaften Ähnlichkeit werden sich die Hamburger dennoch strecken müssen: Die Dänen sind bei wichtigen Kennziffern wie der Fahrplantreue aktuell weit voraus. Sollten die gemeinsam gesetzten Ziele also verfehlt werden, könnte es zwischen den Partnern schnell ungemütlich werden – und das nicht nur wegen der untereinander vereinbarten Strafzahlungen.

Krischan Förster

Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal