Mit der Entwicklung der deutschen Flotte ist der Verband Deutscher Reeder (VDR) durchaus zufrieden. Das gilt allerdings nicht für die deutsche Flagge beziehungsweise die hiesige Verwaltung. »Alles aus einer Hand« wäre ein wichtiger Schritt, heißt es.
Die Debatte um die deutsche Flagge wird seit vielen Jahren geführt. Früher ging es vor allem um die Kosten.[ds_preview]
Angesichts umfangreicher finanzieller Förderungen steht mittlerweile aber vor allem die Qualität der Verwaltung im Fokus. Es geht um Bürokratie-Abbau, Digitalisierung und eine einheitliche Flaggenstaatsverwaltung.
VDR-Geschäftsführer Martin Kröger nutzte heute beim traditionellen Jahresrück- und ausblick des Verbands in Hamburg die Gelegenheit, auch die Flaggenführung der hiesigen Reeder auf die Agenda zu heben.
Deutsche Flagge nur auf Rang 34 in der Performance-Liste des »Paris MoU«
48,9% der aus Deutschland bereederten Schiffe fahren mittlerweile unter einer EU-Flagge – 881 Frachter. »Eine sehr positive Entwicklung«, sagte Kröger mit Blick auf die immer wieder geäußerte Kritik an der Wahl vermeintlicher »Billigflaggen«. Zu den beliebtesten Registern gehörten nach den VDR-Zahlen zur Jahresfrist die von Portugal (386 Schiffe), Zypern (135) und Malta (41) – außerhalb der EU werden demnach vor allem Antigua & Barbuda (429) und Liberia (400) favorisiert. (Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) führt in seiner offiziellen Statistik für Ende Februar 404 deutsche Schiffe bei Antigua & Barbuda, 384 Einheiten bei Portugal, 360 bei Liberia und 126 bei Zypern.)
Auf die deutsche Flagge entfallen laut dem VDR 259 Schiffe. Das ist durchaus ausbaufähig, wie auch die hiesige Verwaltung anerkennt. Und es gibt Bewegung.
Der VDR-Geschäftsführer betonte heute zum Einen die politischen Initiativen zum Bürokratieabbau: »Das begrüßen wir sehr«. Allerdings treibt ihn auch eine Sorge um: »Beim Thema Sicherheit ist die deutsche Flagge nicht mehr führend.« Kröger verweist zur Begründung auf die maßgebliche Performance-Liste des »Paris Memorandum of Understanding«, bei dem die Qualität von Flaggen unter anderem anhand von Hafenstaatkontrollen an Bord bewertet wird.
Die jüngste Performance-Liste des Paris MoU führt Schwarz-Rot-Gold lediglich auf Rang 34 der sogenannten White List – also diejenige mit den »guten« Flaggen. Sie umfasst allerdings auch nur 39 Positionen. Zum Vergleich: Die anderen beliebten Register der deutschen Reeder liegen allesamt weiter vorn: Zypern belegt Rang 8, Liberia Rang 25, Portugal Platz 26, Malta folgt auf 28 und Antigua & Barbuda auf 31.
Nach Ansicht des VDR macht dieses Bild die deutsche Flagge nicht unbedingt attraktiver. Was also tun, um Reeder zu überzeugen? »Alles aus einer Hand wäre schonmal ein erster wichtiger Schritt«, so unisono die Antwort von Kröger und VDR-Präsidentin Gaby Bornheim. Im Alltagsgeschäft müssten Reeder aktuell mit fünf verschiedenen Stellen in der Behördenlandschaft arbeiten. »Andere Flaggen sind da wesentlich schlanker aufgestellt«, so der Geschäftsführer. Deutschland dürfe auch durchaus noch digitaler werden und Sonderregelungen abschaffen, die nicht hilfreich für einen Bürokratieabbau sind.
Immerhin: In puncto »einheitliche Verwaltung« scheint sich etwas zu tun. Dem Vernehmen nach laufen Gespräche darüber und das zuständige Bundesverkehrsministerium unter der Ägide des FDP-Politikers Volker Wissing strebt eine Vereinfachung der Strukturen an. Bislang ist aber kein Wasserstand an die Öffentlichkeit gelangt. »Wir wissen nicht, wie der Stand der Dinge ist«, sagte Kröger heute.
Auch unabhängig davon hat sich die Bundespolitik des Themas mittlerweile verstärkt angenommen. Die zuständige Behörde BG Verkehr und das Bundesverkehrsministerium haben neue Gesprächsrunden mit Reedern, Finanzierern und anderen maritimen Akteuren initiiert. Bürokratie soll abgebaut, die Digitalisierung vorangetrieben werden. Hören Sie hier ausführlich, wie »Einflaggungsmanager« Christian Bubenzer von der BG Verkehr im HANSA PODCAST auf die einzelnen Kritikpunkte eingeht.