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10.000 Schiffe bis 2035 aus Europa! So lautet das Ziel des Verbands der europäischen Werften, Sea Europe, der eine »180-Grad-Wende in der europäischen Schiffbaupolitik« fordert. 

Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) und seine europäischen Partnerorganisationen im Verband Sea Europe haben einen ambitionierten Plan für eine 180-Grad-Wende in der europäischen Schiffbaupolitik vorgelegt. So soll Europa »in der maritimen Domäne sicher und stark« bleiben, schnell klimaneutral werden und seine maritim-industriellen Fähigkeiten erhalten und entwickeln. [ds_preview]

1998 hatte die EU ein Verbot von Subventionen im Schiffbau beschlossen. Bemühungen, internationale Handelsregeln für den Schiffbau zu etablieren, blieben ohne Erfolg. Damals hätte die europäischen Schiffbauindustrie noch rund fünfmal so viel Schiffstonnage wie China produziert. Innerhalb von zwölf Jahren und unter Einsatz von mehr als 200 Mrd. € staatlicher Mittel sei die produzierte Tonnage in China von 1,1, Mio. CGT auf über 20 Mio. CGT gewachsen. Inzwischen sind weitere 15 Jahre vergangen. Heute entstehen in China rund zehnmal so viele Schiffe wie in Europa.

»Gefährdert industrielle Kapazitäten der europäischen Werften und das gesamte Ökosystem der Lieferkette«

Der Rückgang im Handels- und Offshore-Schiffbau aufgrund der langjährigen Wettbewerbsverzerrungen durch Asien habe nicht nur die industriellen Kapazitäten der europäischen Werften gefährdet, sondern auch das gesamte Ökosystem der Lieferkette, das Ausrüstungen, Systeme und Technologien umfasst, untergraben und die Fähigkeiten des Marineschiffbaus beeinträchtigt, so Sea Europe.

Christophe Tytgat, Generalsekretär des europäischen Werften-Verbands SEA Europe
Christophe Tytgat, SEA Europe

»Aufgrund erheblicher Preisunterschiede von 30 % bis 40 % in Verbindung mit vorteilhaften finanziellen Anreizen – insbesondere durch chinesische Banken – haben sich die europäischen Reeder zunehmend für asiatische Werften entschieden. Infolgedessen haben die europäischen Werften einen erheblichen Auftragsrückgang zu verzeichnen. Diese Entwicklung stellt nicht nur ein erhebliches wirtschaftliches Risiko dar, sondern untergräbt auch die strategische Autonomie Europas, insbesondere in Anbetracht der derzeitigen geopolitischen Spannungen«, erklärt Sea Europe.

Werften wollen 10 Mrd. € investieren

Generalsekretär Christophe Tytgat: »Es ist zwingend notwendig, die europäischen Schiffbaukapazitäten wiederherzustellen, indem wir Aufträge von Reedern, auch von europäischen Reedern, sichern. Der Übergang zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung in der Schifffahrt und der Blauen Wirtschaft ist eine vielversprechende Gelegenheit für Europa, die globale Konkurrenz in Sachen Qualität, Effizienz und Sicherheit zu übertreffen. Unser Ziel ist klar: Bis 2035 wollen wir 10.000 nachhaltige und digitalisierte Schiffe für strategische Sektoren der europäischen Blue Economy bereitstellen.«

Reinhard Lüken VSM Verband für Schiffbau und Meerstechnik
Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer VSM

»Eine maritime Industriestrategie für Europa ist überfällig. Wir wollen die riesigen Bedarfe in Europa decken und sind bereit, dafür viel zu investieren. Maritime Souveränität ist existenziell für Europa. Sie klappt aber nur, wenn man auch die dafür nötige Technik beherrscht, stetig weiterentwickelt und produzieren kann«, erklärt VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken.

Um das Ziel zu erreichen, will die Industrie 10 Mrd. € investieren, fordert dafür aber  adäquate Rahmenbedingungen. Die politischen Entscheidungsträger der EU müssten im Sinne der strategischen Autonomie Europas dringend eine maritime Industriestrategie verabschieden. Der Verband will seine politischen Empfehlungen am 17. April im Europäischen Parlament im Rahmen einer Veranstaltung vorstellen, die von den Europaabgeordneten Catherine Chabaud und Pierre Karleskind mitorganisiert wird.