Deutsche Seehäfen, HHLA, Frachtraten
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Die anhaltenden geopolitischen Spannungen im Nahen Osten treiben die Frachtraten für Containerschiffe auf den höchsten Stand seit rund zwei Jahren.

Ein Ende dieser Preisentwicklung sei aktuell nicht in Sicht, heißt es in einer Studie des weltweit führenden Kreditversicherers Allianz Trade. Nachdem die Frachtraten zu Jahresbeginn drei Monate in Folge wöchentlich gesunken waren, haben sie seit Mai zu einem neuen Höhenflug angesetzt – und zwar auf den höchsten Stand seit August 2022.[ds_preview]

Die durchschnittlichen Frachtraten für einen Vierzigfuß-Container (FEU) haben sich demnach auf 5.901 $ seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt (+121%) und im Vergleich zum Vorjahr nahezu vervierfacht (+297%).

Krise im Roten Meer hält Frachtraten auf hohem Niveau

– »Der Nahost-Konflikt und vor allem die Angriffe der Huthi-Rebellen auf Schiffe im Roten Meer sind der größte Preistreiber bei den Frachtraten«, sagt Maria Latorre, Branchenexpertin bei Allianz Trade. Durch die verlängerten Transitzeiten seienLieferketten und -zeiten gestört, Häfen teilweise überlastet und Schiffe weit im Voraus ausgebucht.

Auch die steigende Nachfrage und daraus resultierende zaghafte Erholung des Welthandels spielten eine Rolle bei den Transportkosten. Diese machen allerdings nur rund 15% des Anstiegs aus und damit einen geringeren Anteil als der Konflikt im Roten Meer.

Die Ölpreise allerdings, die 2022 der Haupttreiber der hohen Frachtraten waren, sind andererseits seit ihrem damaligen Höchststand deutlich gesunken und tragen nicht mehr zum Anstieg der Frachtkosten bei.

Solange die Spannungen im Nahen Osten und vor allem im Roten Meer andauern, rechnen die Experten mit anhaltend hohen Kosten – allerdings auch mit guten Erträgen für die Container-Reedereien. Zusammen mit dem Hotelgewerbe sei die Schifffahrt der Sektor mit den höchsten Gewinnkorrekturen nach oben in diesem Jahr«, sagt Allianz-Expertin Latorre. Dem gegenüber stehe aber auch ein hoher Investitionsbedarf.

Asien-Verkehre deutlich teurer als Transatlantik-Verkehre

Die Entwicklung der Frachtraten ist regional sehr unterschiedlich: Die Raten von Europa in die USA (Rotterdam-New York) sind seit Jahresbeginn beispielsweise um lediglich 30% gestiegen. Die Raten von China nach Europa (Shanghai-Rotterdam) haben sich hingegen fast verfünffacht (+383%).

40% der EU-Einfuhren kommen aus Asien und fast ein Viertel (22%) aus China. Vor der Pandemie waren es noch 16%. »Die Abhängigkeit ist also weiter gestiegen und damit auch die Auswirkungen von derart stark steigenden Frachtraten auf die hiesigen Unternehmen.«

Die erwartete Erholung bei den Gewinnmargen in der zweiten Jahreshälfte 2024 sei in einigen Branchen dadurch gefährdet, heißt es weiter. Das betreffe vor allem den Maschinen- und Anlagenbau, die Automobilbranche, Haushaltsgeräte, Elektronik und Bekleidung.

Allianz sieht ein Plus von 3,6% für Welthandel

Insgesamt dürfte der Welthandel in diesem Jahr mit +3,6 % beim Volumen die Einbußen aus dem Vorjahr (-0,7 %) wett machen und im zweiten Halbjahr anziehen. Besonders China belebt den Welthandel: Der chinesische Handelsüberschuss stieg trotz der geopolitischen Spannungen und der Zölle auf chinesische Exporteure weiter an und erreichte im Juni mit 99 Mrd. $ ein noch nie dagewesenes Niveau.

Entgegen den allgemeinen Erwartungen stiegen die chinesischen Exporte im vergangenen Monat um 8,6% an auf einen Gesamtwert von 307,8 Mrd. $. Stahl, Haushaltsgeräte, Schiffe und Automobile waren dabei die am schnellsten wachsenden Kategorien waren. »Tatsächlich verzeichneten die chinesischen Pkw-Exporte im Juni mit einem satten Plus von 29 % einen bemerkenswerten Boom«, sagt Latorre.

Aber auch andere asiatische Länder tragen zum Aufschwung des Handels bei. Südkoreas Exportvolumenindex wuchs im Juni um +2,6% und damit ähnlich schnell wie der Indiens, während Taiwans Exporte im Jahresvergleich um +23,5% stiegen, wobei sich der Handel mit Computern, Elektronik und Halbleitern deutlich steigerte.