In Berlin ist das Vergabeverfahren zur »Entwicklung und Bau einer Industrieanlage zur Entsorgung von Munitionsaltlasten auf See« und damit für die Entwicklung einer Entsorgungsplattform gestartet. [ds_preview]
Auf einem Industrieinformationstag, der am Donnerstag in Berlin stattgefunden hat, haben das das Bundesumweltministerium (BMUV) zusammen mit der Projektleitung der Seascape und dem Projektträger Jülich (PtJ) über das BMUV-Sofortprogramm Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee informiert.
Die Informationsveranstaltung der in der Kampfmittelbergung und -entsorgung tätigen Unternehmen, Anlagenhersteller und Werften sowie Zulieferer und Ingenieurbüros markiert den formalen Start des Vergabeverfahrens zu »Entwicklung und Bau einer Industrieanlage zur Entsorgung von Munitionsaltlasten auf See«. Im September sollen nun die ersten Bergungsarbeiten im Rahmen der Pilotierung in der Lübecker Bucht aufgenommen werden.
Bis zu 1,6 Mio. t Munitionsaltlasten am Meeresgrund von Nord- und Ostsee
Bis zu 1,6 Mio. t konventioneller Munition aus zwei Weltkriegen liegen nach heutigem Wissen auf dem Meeresgrund, teilweise nur wenige Kilometer von unseren wundervollen Stränden an Nord- und Ostsee entfernt. 2019 gab es den Weckruf aus der Wissenschaft, dass aus den verrostenden Kampfmitteln bereits heute Sprengstoff (TNT) und dessen Abbauprodukte austreten.
In Muscheln und Fischen, die in der Nähe von Munitionsfundorten leben, konnten bereits Spuren dieser Stoffe nachgewiesen werden. Damit war der Nachweis erbracht, dass diese Stoffe auf lange Sicht auch in unsere Nahrungskette gelangen könnten. Neben den bekannten Risiken, unter anderem für Fischer, die in ihren Netzen Munitionskörper mit verrosteten, teilweise geöffneten Hüllen finden, oder auch Risiken für die Seeschifffahrt und den Tourismus diskutieren wir seitdem auch das potenzielle Risiko für Meeresumwelt und menschliche Gesundheit.
Lemke: Munitionsaltlasten sind Gefahr für die Tiere und Pflanzen in Nord- und Ostsee
»Für unsere Meere stellen Munitionsaltlasten aus den Weltkriegen eine große Belastung dar. Je länger sie am Meeresboden nach und nach verfallen, desto größer wird die Gefahr für die Tiere und Pflanzen in Nord- und Ostsee«, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke. Die aktuelle Bundesregierung sei die erste Regierung weltweit, die das Problem der Altmunition vor den eigenen Küsten entschieden und lösungsorientiert angeht.
Im Fokus stünden dabei die Vorsorge und der Meeresschutz. Die Veranstaltung am 29. August sei ein wichtiger Meilenstein gewesen. Denn sie markierte den öffentlich sichtbaren »Startschuss« zum Vergabeverfahren für die Entwicklung und den Bau der industriellen Entsorgungsplattform. »Mit deren Hilfe wollen wir weltweit zum ersten Mal Munitionsaltlasten in industriellem Maßstab sicher und umweltgerecht aus dem Meer bergen und direkt auf See vernichten“, so Lemke.
100 Mio. Euro für Sofortprogramm der Bundesregierung gegen Munitionsaltlasten trotz schwieriger Haushaltslage
Das Sofortprogramm zur Bergung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee ist ein Kernstück der Meeresoffensive der Bundesregierung. Trotz der schwierigen Haushaltslage stehen dem Projekt unverändert Mittel in Höhe von insgesamt 100 Mio. Euro aus Bundesmitteln zur Verfügung. Damit ist der Bund im Sinne der Vorsorge in Vorleistung gegangen, um dieses drängende Thema anzugehen und endlich zur Lösung dieses gigantischen Umweltproblems beizutragen.
Beitragen zur erfolgreichen Entwicklung der Entsorgungsplattform sollen auch die Erkenntnisse aus den Pilotbergungen. Nach der formalen Ausschreibung wurden Mitte Juni dieses Jahres die Aufträge für das Verfahren »Pilotierung Erkundung und Bergung« vergeben, in dem Technologien zu Erkundung und Bergung von Munitionsaltlasten in der Lübecker Bucht erprobt werden sollen. Damit tritt das Sofortprogramm in seine erste praktische Phase ein, und es werden im Rahmen des Sofortprogramms erstmals Munitionsaltlasten geborgen.
Formaler Eintritt in das Vergabeverfahren und freiwillige »EU-Vorabinformation
Der Industrieinformationstag habe im Gesamtprozess einen weiteren bedeutenden Schritt markiert, nämlich den formalen Eintritt in das Vergabeverfahren zu Entwicklung und Bau der Industrieanlage. Darüber hinaus sollte die Veranstaltung den Teilnehmenden die Gelegenheit bieten, untereinander in den fachlichen Austausch zu kommen. Zeitgleich mit der Einladung zum Industrieinformationstag erfolgte eine sogennate freiwillige »EU-Vorinformation« auf einschlägiger Internetseite, um potenziellen Anbietern bereits Kenntnis vom »anlaufenden« Verfahren zu geben.