Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) hat angesichts herausfordernder und instabiler Zeiten die Bedeutung verlässlicher und wirtschaftsfreundlicher Rahmenbedingungen für Deutschlands größten Seehafen herausgesellt.
Wie stets im November hat der UVHH anlässlich der diesjährigen Mitgliederversammlung im Rahmen eines Pressegesprächs über aktuelle Hafenthemen berichtet und – mit Blick auf die im Stadtstaat anstehende Bürgerschaftswahl im kommenden Jahr – die wichtigsten Forderungen der Hamburger Hafenwirtschaft an einen leistungs- und wettbewerbsfähigen Hafenstandort vorgestellt. [ds_preview]
Schließlich erfolgt im Hamburger Hafen rund 40 % des deutschen Seegüterumschlags, bei den Containern entfallen sogar 60 % des gesamten Umschlags auf den Elbehafen. Auch die weiteren Kennzahlen – 68.000 hafenbezogene Arbeitsplätze in Hamburg, 124.000 in der Metropolregion und 607.000 in Deutschland, eine Bruttowertschöpfung von 8,1 Mrd. € allein in Hamburg, 12,4 Mrd. in der Metropolregion und 51 Mrd. in Deutschland –veranschaulichen dessen nationale Bedeutung. Bei den gerade besonders wichtigen Steuereinnahmen sind es 1,2 Mrd. € für Hamburg, 1,53 Mrd. € für die Metropolregion und 2,57 Mrd. € für Deutschland.
Hamburg Hafen auch militärisch systemrelevant
Ulfert Cornelius, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH), beobachtet dennoch, dass die Systemrelevanz des Hafens gerade wieder in den Hintergrund trete. Zwar habe der Bund in seiner Nationalen Hafenstrategie die Bedeutung der Häfen für die Bundesrepublik Deutschland anerkannt. Allerdings müssten die Seehäfen nicht zuletzt aufgrund des Ukrainekrieges und weiterer Eskalationen dazu in der Lage sein, Ausrüstung und Streitkräfte in größerem Umfang schnell zu bewegen.
„Auch sind die Häfen maßgeblich für das Gelingen der Energiewende und die Gewährleistung einer sicheren Energieversorgung verantwortlich“, konstatierte der UVHH-Präsident. So werde Hamburg bei der Energieversorgung künftig einen noch größeren Beitrag als bisher leisten. „Erste Beispiele für privatwirtschaftliches Engagement in diesem Bereich gibt es bereits“, so Cornelius.
Große Bedeutung für Umschlag von grünem Wasserstoff
Konkret habe der Hamburger Hafen das Potenzial, bis zu 50 % des für Deutschland auf dem Seeweg transportierten grünen Wassserstoffs und seiner Derivate – bis Mitte des Jahrhunerts etwa sechs bis acht Mio. t. – umzuschlagen. „Dafür müssen jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden!“ Als Beispiel nannte Cornelius die Genehmigungen für Tankschiffliegeplätze im Hamburger Hafen, an denen derzeit gearbeitet werde, und forderte zügige Verfahren sowie die Schaffung einer leistungsfähigen Infrastruktur für den Weitertransport.
Allerdings müssten jetzt auch die ordnungspolitischen und infrastrukturellen Voraussetzungen, wie eine zügige Erteilung von Genehmigungen und die Schaffung leistungsfähiger Infrastruktur für den Weitertransport, umgesetzt werden. „Der Hamburger Hafen kann eine Schlüsselrolle in der Energiewende einnehmen, aber nur mit politischer Unterstützung und dem Aufbau einer leistungsfähigen Infrastruktur“, betonte Cornelius.
UVHH fordert vom Bund mehr Engagenment
„Dies muss sich auch in einem stärkeren Engagement des Bundes bei der Finanzierung von Infrastrukturvorhaben in den Seehäfen widerspiegeln, denn deren Erhaltung und Ausbau ist eine nationale Verpflichtung und nicht die Aufgabe einzelner Küstenländer“, so Cornelius weiter. Deshalb unterstütze der UVHH auch die Forderung des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) nach einer Unterstüzunng des Bundes in Höhe von nunmehr 500 Mio. Euro pro Jahr (statt zuvor 400 Mio. €) pro Jahr. Zum Hintergrund: Bisher beträgt der Zuschuss seit 14 Jahren konstant 38,3 Mio. € pro Jahr.
Die Hafenwirtschaft stehe vor großen Herausforderungen, befand Cornelius. „Neben den weltweiten Krisen setzen strukturelle Hemmnisse wie hohe Kosten, sanierungsbedürftige Infrastruktur und eine überbordende Bürokratie die Unternehmen unter Druck.“ Zeitgleich befänden sich die Unternehmen in einem digitalen, sozialen und ökologischen Transformationsprozess, der den Unternehmen viel abverlange. Um diesen Prozess zu unterstützen und erfolgreich umzusetzen, seien grundlegende Verbesserungen am Wirtschaftsstandort dringend erforderlich.
So wird seit 20 Jahren die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer von der deutschen Hafenwirtschaft kritisiert. Dennoch werde es nach aktuellem Stand noch weitere Jahre dauern, bis die dringend notwendige Reform umgesetzt wird. „Ähnlich verhält es sich mit Infrastrukturprojekten. Es schadet dem Standort, wenn die offizielle Verkehrsfreigabe einer neuen Köhlbrandbrücke erst für das Jahr 2042 geplant ist, obwohl seit 2008 bekannt ist, dass sie ersetzt werden muss“, unterstrich der UVHH-Präsident, und sagte weiter: „Zehn Jahre wäre noch immer ein sehr langer Zeitraum.“ Zudem sollte man sich bei der Höhe der Brücke an der über den Suezkanal orientieren: Die lichte Höhe müsste 73,5 m betragen.
Massiver Ausbau des Schienennetzes
Eine weitere Herausforderung für den Hamburger Hafen ist aus Sicht des UVHH die Leistungsfähigkeit des Schienenverkehrs. Der Bahnanteil im Hamburger Hafen ist in der Vergangenheit kontinuierlich gestiegen und hat sich in den vergangenen Jahren fast verdoppelt, sodass der Eisenbahnnanteil hier europaweit am größten ist. So wurden 2023 45,6 Mio. t. Güter insgesamt und 2,5 Mio. TEU auf der Schiene transportiert. Damit werden 53,5 % beziehungsweise 50 % der Container (in TEU) mit der Bahn bewegt. Dieser Anteil ließe sich noch steigern, aber dafür müsste das Schienennetz massiv ausgebaut werden. „Derzeit ist jedoch die Leistungsfähigkeit erreicht, wenn nicht überschritten.“
Die Generalsanierung, in deren Zuge die Schieneninfrastruktur in Deutschland auf hochfrequentierten Strecken bis 2030 grundlegend erneuert wird, schaffe einige Herausforderungen. Cornelius kritisierte überdies die Erhöhung der Trassenpreise: „Die Untätigkeit der Vergangenheit darf nicht zu zusätzlichen Belastungen der unternehmen führen.“ Auch die Binnenwasserstraßen und Schleusen befänden sich in einem schlechten Zustand und müssten ausgebaut werden.
Umschlagsrückgang und Potenzial durch neue Allianzen
Beim Umschlag musste der Hamburger Hafen in den ersten drei Quartalen einen Rückgang an Ladung verzeichnen. Während dieser bei den Containern mit 5,8 Mio. TEU nur bei 0,4 % lag, waren es mit 84 Mio. t insgesamt 3 % weniger. Beim Massengut lag der Rückgang bei 9,3 % (24,9 Mio. t.), beim Stückgut waren es minus 0,1 % auf 59,1 Mio. t.
Beim Massengut sei der stärkere Rückgang insbesondere auf weniger flüssige Produkte zurückzuführen, erläuterte Cornelius. Beim Dieselkrtaftstoff lag der Rückgang bei etwa 4 %. „Der Importbedarf in Deutschland ist hier insgesamt zurückgegangen, was auch ein politisch gewollter Trend ist.“
Beim für Hamburg wichtigen Containerumschlag habe es laut Michael Blach, Co-Vorsitzender der Gruppengeschäftsführung von Eurogate, eine leichte Belebung im dritten und eine stärkere im vierten Quartal gegeben. In den kommenden Monaten gehe es für Deutschlands größten Seehafen darum, sich angeschts der vielen Veränderungen, die sich durch die Neuordnung der Allianzen der großen Containerreedereien ergeben, richtig aufzustellen. „Diese Chancen gilt es für Hamburg zu nutzen“, schloss Blach.