Elbvertiefung, Klage
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Eine Kurzstudie des Thinktanks Centrum für Europäische Politik (CEP) hat die volkswirtschaftliche Bilanz von Flussvertiefungen analysiert.

Demnach stehe einem nur geringen wirtschaftlichen Nutzen ein umso größerer Schaden an den vertieften Gewässern gegenüber.[ds_preview]

Die nationale Hafenpolitik muss sich grundlegend verändern – diese Forderung richten die Umweltverbände WWF, NABU und BUND an den Bund, und vor allem an die Bundesländer Niedersachsen, Bremen und Hamburg. Hintergrund sind die Ergebnisse der Studie „Die volkswirtschaftliche Bilanz von Flussvertiefungen“, die die Umweltverbände beim unabhängigen Centrum für Europäische Politik (CEP) beauftragt hatten.

Hohe ökologische Schäden

Haupterkenntnis des Gutachtens unter Federführung von CEP-Chef Henning Vöpel ist, dass sich Flussvertiefungen an Elbe oder Weser wegen des geringen volkswirtschaftlichen Nutzens bei gleichzeitig hohen ökologischen Schäden durch Ausbau und Instandhaltung von Gewässern nicht mehr rechtfertigen ließen.

Bereits in konjunkturell guten Zeiten mit positiven Trends seien dreistellige Millionenbeträge für die jährlichen Unterhaltungskosten allein an der Elbe nach Auffassung der Umweltverbände kaum zu rechtfertigen. Angesichts erheblicher geoökonomischer Verschiebungen von Lieferketten oder interkontinentaler Containerschiffrouten sowie globaler Disruption unter anderem durch Kriege könnten die deutschen Häfen ihr „Business-as-Usual“-Geschäftsmodell nicht weiter auf Kosten von Natur und Umwelt organisieren.

Kooperation der deutschen Nordseehäfen

Um die Potentiale wirtschaftlicher Entwicklung am Hafenstandort Deutschland optimal und nachhaltig zu nutzen, müssten die deutschen Nordseehäfen künftig so miteinander kooperieren, dass maximale Wertschöpfung bei minimalem negativen Einfluss auf Natur und Umwelt garantiert wird. Das gelte für schiffbare Hafenzufahrten ebenso wie für die zusätzlichen Flächen, die den Bau und Verladen von Windkrafträdern benötigt werden, um die energetische Transformation zu ermöglichen.

Der Bund müsse sowohl finanziell als auch strategisch eine entscheidende Rolle bei der Hafenentwicklung spielen, um den Hafenstandort Deutschland im nationalen Interesse zu entwickeln, notfalls auch gegen föderale Eigeninteressen. Da sich der Containerumschlag dauerhaft auf niedrigerem Niveau einpendelt, müsse man sich vor allem in Bremerhaven und Hamburg völlig neu aufstellen und die Häfen zu „Hubs der Energiewende“ transformieren. Schifffahrts- und hafenbezogene Verkehrsinfrastruktur müsse im gesamtgesellschaftlichen Interesse grundlegend neu bewertet werden, so die drei Umweltverbände.

CEP: Tiefgang mehrheitlich nicht genutzt

Selbstverständlich seien die deutschen Nordseehäfen für die Versorgung mit Gütern unentbehrlich. Doch die Schiffe löschen Teile ihrer Ladung in anderen Häfen, bevor sie Hamburg und Bremerhaven anlaufen. Seit Jahren und selbst mit den größten Schiffen nutzten die Linienreedereien den möglichen Tiefgang mehrheitlich nicht aus. Die stetige Baggerei erzeuge einen völlig unnötigen ökologischen Dauerschaden für die Gewässer. Durch die ausufernden Unterhaltungskosten der Elbe werde jede privatwirtschaftliche Schiffspassage, die den Tiefgang ausnutzt, quasi mit einem sechsstelligen öffentlichen Betrag subventioniert, was nicht im gesellschaftlichen Interesse ist.

Nach Auffassung der Umweltverbände WWF, NABU und BUND ist ein Paradigmenwechsel bei den Prioritäten im Sinne eines Ausgleichs zwischen Ökonomie und Ökologie überfällig. Der Bund unterstützt die Seehäfen jährlich mit 38 Millionen Euro, wobei der Bedarf bei einem Zehnfachen der Summe liegt. Deswegen sollten nach Auffassung der drei Umweltverbände die bei nachweislich überflüssiger Verkehrsinfrastruktur eingesparten Mittel besser in die die Zukunftssicherung der deutschen Hafenstandorte investiert werden.