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Die Zukunft des Schiffbaus in den USA ist seit Jahren ungewiss, zahlreiche große Werften befinden sich in ausländischer Hand.
Um die Industrie wiederzubeleben, will das American Bureau of Shipping (ABS) zukünftig auf Schiffe mit Nuklearantrieb setzen. CEO Wiernicki nannte die Technologie eine „Geheimwaffe“.[ds_preview]
Sogenannte „Small Modular Reactors“ (SMR, Kleine Modulare Reaktoren) sollen laut Empfehlung des ABS zukünftig als Antriebseinheiten auf Schiffen verbaut werden. Wie die Klassifikationsgesellschaft mitteilte, sei die Entwicklung eines solchen Reaktors eine Chance, den US-Schiffbau wieder auf Kurs zu bringen und wettbewerbsfähig zu machen.
„Es handelt sich um eine Schlüsseltechnologie, die den Wandel vorantreibt“, sagte Christopher J. Wiernicki, CEO von ABS. „Sie verändert das Handelsmodell, die Wirtschaftlichkeit der Schifffahrt, den Betrieb der Schiffe und ihr Design. Es ist nicht nur eine globale, sondern auch eine US-Angelegenheit.“ Wiernicki erhofft sich von der Technologie Sicherheit für Energie und Wirtschaft des Landes, außerdem soll sie als „Katalysator“ für eine neue Industriepolitik fungieren.
„Neue Nukleartechnologie kann äußerst wettbewerbsfähig sein“, sagt er weiter. „Die Wirtschaftlichkeit ist über die gesamte Lebensdauer eines Schiffes hinweg überzeugend, wenn man Brennstoffunterschiede, die Kosten für die Einhaltung der Vorschriften und den Restwert berücksichtigt. Die Kosten sind ungefähr so hoch wie bei fossilen Brennstoffen.“
Nuklear-Forschung wird staatlich gefördert
Wie auch in Kanada und dem Vereinigten Königreich wird die Entwicklung von SMR-Technologie auch in den USA mit staatlichen Mitteln gefördert. Noch sei es allerdings viel Arbeit, bis der erste solcher Reaktoren in Betrieb gehen könne. Dazu appellierte der CEO vor allem an die Politik, die Vorschriften zur Nukleartechnologie anpassen müsse.
„Neue Kernenergie könnte die Geheimwaffe des US-Schiffbaus sein, aber wir müssen in die Technologie investieren und wir brauchen ein neues Kernenergie-Handbuch, um dies umzusetzen“, sagte er. Man müsse den kommerziellen Ansatz vom Militär sowie die landgestützte Nutzung von der Schifffahrt trennen sowie die Öffentlichkeit aufklären.
ABS veröffentlichte im Oktober letzten Jahres die ersten umfassenden Regeln der Branche für Kernenergie in der Schifffahrt. Auch die International Maritime Organisation (IMO) hat einen Auflagenkatalog über den Einsatz von nuklearer Antriebstechnologie aufgelegt.
Einsatz in der Schifffahrt bisher nicht rentabel
„Small Modular Reactors“ sind, wie der Name vermuten lässt, deutlich kleinere Kernreaktoren und damit auch an Bord von beispielsweise Containerschiffen einsetzbar. In Zeiten von teurer werdenden fossilen Kraftstoffen und Emissions-Systemen wie beispielsweise FuelEU wird die Verwendung von Nukleartechnologie in der Schifffahrt von einigen Seiten in Betracht gezogen. Schon in der Mitte des letzten Jahrhunderts konnten Seeschiffe mit Nuklearantrieben realisiert werden, waren aber nicht rentabel. Das erste war der Eisbrecher „Lenin“, der 1957 fertiggestellt wurde. 1962 folgte die „Savannah“ in den Vereinigten Staaten, nach 20 Jahren wurde sie jedoch außer Dienst gestellt und als Museumsschiff genutzt. Die in Deutschland gebaute „Otto Hahn“ stach 1968 mit einem Druckwasserreaktor in See und sollte die Nutzbarkeit der Technologie belegen. Sie blieb allerdings das einzige deutsche „Atomschiff“ und wurde 1979 auf einen konventionellen Motor umgerüstet.
Die Bestrebungen des ABS zur erneuten Nutzung von Kernenergie in der Schifffahrt geschehen vor dem Hintergrund, dass der Schiffbau als Industriebranche in den USA auszusterben droht. US-Werften halten sich vor allem mit Aufträgen aus öffentlicher Hand über Wasser, einige von ihnen – wie zum Beispiel der Philly Shipyard – sind ins Ausland verkauft worden. Einen umfassenden Bericht über die Zukunft des US-Schiffbaus lesen Sie in der kommenden HANSA 03/2025.
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