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Die Nachverhandlungen bewirkten Lieferverschiebungen, Stornierungen sowie Reduzierungen von Preisen und Charterraten. Die Resales der 13.100-TEU-Schiffe brachten einen Verlust, entspannten aber die Finanzlage.

Dass unter anderen Vorzeichen und unter anderen Bedingungen am Ende auch ganz andere Verhandlungsergebnisse stehen können als beim Fonds »Bulkerflotte 1[ds_preview]«, das hat nicht zuletzt gerade die Erck-Rickmers-Gruppe in den vergangenen Jahren mit Bravour unter Beweis gestellt. An Herausforderungen herrschte hier seit Ausbruch der Finanzkrise, später Schifffahrtskrise, wahrlich kein Mangel. Mit einem Orderbuch über insgesamt mehr als 50 Schiffe und einem Wert rund um 4 Mrd. $ sah man sich anfangs konfrontiert: 14 Supramax-Bulker (siehe Beitrag S. 82ff), zehn Capesize-Bulker à 180.000 tdw, acht Mega-Containerschiffe von 13.100 TEU – allesamt beim Schiffbaukonzern Hyundai in Auftrag gegeben – und 19 Offshore-Schiffe. Immerhin waren die Fremdfinanzierungen geregelt, wie es heißt, allerdings mit Aus­nahme ausgerechnet der Containerriesen.

Supramax-Bulker

Doch zunächst zur Frage: Was wurde eigentlich aus den restlichen fünf Supramax-Bulkern? Die Antworten finden sich in zwei Schiffsfonds-Beteiligungsprospekten sowie im Geschäftsbericht der Erck Rickmers GmbH & Cie. KG. So wurde die »E. R. Brighton« (mit Hanjin-Charter) im Juli 2010 als Reedereischiff übernommen. Für die anderen vier Bauverträge konnten bereits im Jahr 2009 die Ablieferungen im Einvernehmen mit der Werft in die Jahre 2012 und 2013 verschoben werden (inkl. Fünf-Jahres-Chartern). Im Rahmen weiterer Nachverhandlungen wurde für die letzten beiden Einheiten – inzwischen ohne Charter – eine Option auf Stornierung ausgehandelt, die noch bis Ende diesen Jahres ausgeübt werden kann.

Für die verbleibenden Nummern 11 und 12 gelang es Rickmers, zusätzlich so attraktive Bedingungen auszuhandeln, dass diese Schiffe ab August 2010 sogar wieder als Schiffsfonds zur Platzierung angeboten werden konnten: »E. R. Bordeaux« – das einst für die »Bulkerflotte 1« mit Korea Line-Charter vorgesehene Schiff – und »E. R. Bristol«. Sie präsentieren sich Anlegern in völlig abgespecktem Gewand – im Preis um rund 12,5 Mio. $ reduziert, die Charterrate dem neuen Preis und den Marktverhältnissen angepasst, die Ablieferung nunmehr zwar Juli 2011, aber dennoch gegenüber dem Bauvertrag um rund zehn Monate nach hinten verschoben. Überraschend auch: Bei der »E. R. Bordeaux« war im Zuge der neuen Projektierung spätestens 2010 der Charterer Korea Line bereits gegen Hanjin ausgetauscht. Bezahlt werden jetzt in den ersten fünf Jahren Raten zwischen 19.000 und 19.750 $ statt der ursprünglichen 24.600 $. Für die von der Commerzbank exklusiv vertriebene und bereits ausplatzierte »Bristol«, deren Bau von Hyundai Vinashin zu Hyundai Mipo gewechselt ist, zahlt Hanjin Shipping sogar 22.111 $, dies allerdings als Subcharterer an E. R. Schiffahrt, die der Fondsgesellschaft gegenüber ihrerseits nur eine Charter in Höhe 19.250 $ garantiert hat. Voraussichtlicher Überschuss für E. R. gemäß Beteiligungsprospekt: 5,15 Mio. $.

Da die Schiffe von ihren ursprünglichen auftraggebenden Gesellschaften (bei der »E. R. Bordeaux« war es z. B. die liberianische Seventh Phoenix Shipping Inc. als 100 %ige Tochter der deutschen Fonds-KG) hausintern »verkauft« wurden an die Zweiundzwanzigste bzw. Siebzehnte »Michel« Schiffahrts GmbH & Co. KG, um von hier aus wiederum an die Fondsgesellschaften zu den neuen Preisen und Bedingungen verkauft zu werden, dürften weitere Zwischengewinne nicht auszuschließen sein. So haben sich beispielsweise die Kosten für die Bauaufsicht gegenüber der »Bulkerflotte 1« von 300.000 $ auf 400.000 bzw. 500.000 € erhöht. Auch die Position »Mehrkosten und Erstausrüstung« fällt mit angesetzten 1,5 Mio. $ höher aus. Gleichwohl: Inklusive Bauaufsicht, Bauzeitzinsen und sonstigen Anschaffungsnebenkosten (ohne die erwähnten 1,5 Mio. $) soll sich der effektive Kaufpreis jeweils auf nur noch rd. 36,2 Mio. $ belaufen, rechtzeitige Anzahlungen vorausgesetzt. Ursprünglich kostete die Serie bei Werftpreisen von 47–48 Mio. $ inkl. Zinsen und Bauaufsicht 48,2–49,3 Mio. $.

Capesize-Bulker

Die zehn Caper mit einem Auftragsvolumen von insgesamt 1,056 Mrd. $ wurden im Jahr 2010 plangemäß an E. R. Schiffahrt abgeliefert. Neben der bestehenden Fremdfinanzierung über 753 Mio. $ im Rahmen eines Clubs von Banken, der im Sommer 2008 unter der gemeinsamen Führung von Deutsche Bank und HSH Nordbank arrangiert worden war, gelang es, für diese Neubauten eine Mezzanine-Finanzierung mit der Werft (ebenfalls Hyundai) zu vereinbaren. Die Caper verfügen über Beschäftigungen von zwischen fünf und zehn Jahren bei Sanko (vier Schiffe), »K«-Line (drei), Shinwa (zwei) und CSC (ein Schiff).

Containerschiffe

Insgesamt acht Containerschiffe à 13.102 TEU waren zur Lieferung 2010 bestellt worden. Die erste Anzahlungsrate war aus eigener Liquidität und Bankenfinanzierung realisiert worden, mit der Gesamtfinanzierung aber hing man trotz einer 15-Jahres-Charter seitens MSC in der Luft. Im ersten Schritt konnte 2009 mit der Werft ein LieferaAufschub um durchschnittlich 550 Tage in die Zeit ab Ende 2011 und 2012 erreicht werden. In einem weiteren Schritt wurde nach langen Verhandlungen im Laufe des Jahres 2010 die Option auf das Recht vereinbart, vier der Riesen stornieren zu dürfen. »Die Option zur Stornierung für diese vier Schiffbauverträge soll ausgeübt werden, wenn keine Finanzierungsalternativen gefunden werden«, heißt es im Geschäftsbericht 2009. Über die Höhe der dafür ggf. anfallenden Stornogebühren wird nichts gesagt, lediglich, dass deshalb für 2010 mit einem negativen GuV-Ergebnis zu rechnen sei. Im Gegenzug konnten dann für die ersten vier Schiffe Finanzierungen mit Banken vereinbart und gesichert werden. Der aktuelle Stand verheißt Entspannung. Auf Anfrage antwortete Nordcapital: »Es ist keine Stornierung eines der Schiffe geplant. Alle werden gebaut. Ob wir gegebenenfalls noch weitere Einheiten verkaufen, halten wir uns offen.«

Ursprünglich haben die Schiffe 175 Mio. $ gekostet. Wie weit dieser Preis zwischen den Verhandlungspartnern Reederei, Werft und Charterer aufgeweicht werden konnte und wer welchen Anteil daran trägt, dazu wird geschwiegen. Fakt ist aber, dass die Erck-Rickmers-Gruppe mittlerweile drei Bauverträge zu einem Preis von jeweils 155 Mio. $ verkauft hat, unter Inkaufnahme eines Verlustes von Summe »x«. Zu beachten ist dabei, dass sich dieser Marktpreis in Verhandlungen mit norwegischen Investoren entwickelte, die Rickmers damit von der Last zweier zur Stornierung frei gegebener Aufträge befreiten. Vor diesem Hintergrund ist ein Verkauf auch dann als Erfolg zu verbuchen, wenn der Verlust geringer ausfällt als er bei Stornierung drohte. Bauaufsicht und Bereederung übrigens bleiben E. R. Schiffahrt erhalten.

Die erste Einheit »E. R. Benedetta« hat Nordcapital dieser Tage als ihren Jubiläumsfonds Nr. 100 zwecks Platzierung auf den Markt gebracht. Auch hier beträgt der Kaufpreis 155 Mio. $ (152 zzgl. 3 Mio. $ für Mehrkosten und Erstausrüstung, inkl. Bauzeitzinsen). Der Charterer MSC zahlt 15 Jahre lang die bereits 2008 vereinbarte Rate von 60.275 $ und hält sowohl nach Ablauf von 12 als auch 15 Jahren eine Kaufoption über 120,5 resp. 93,6 Mio. $. Die Bankfinanzierung liegt hier nur noch bei 62 % des Anschaffungswertes. Nordcapital kommentiert dies wie folgt: »Aus einer Position der Stärke konnten wir das Schiff mit einem Verlust für unsere Gruppe an die Fondsgesellschaft verkaufen. Der Fonds profitiert von einem günstigen Kaufpreis und unsere Gruppe setzt gebundenes Kapital frei für neue Projekte.«

Zudem ist eins von vier 880-TEU-Feederschiffen der chinesischen Werft Fujian Mawei storniert worden. Alle anderen sind abgeliefert.

Offshore

Die Unternehmensgruppe hatte neben elf Plattform-Versorgern acht AHTS (Anchor Handling Tugsupply Vessels) bei Sekwang in Südkorea bestellt. Von den AHTS wurden lediglich zwei Schiffe geliefert und abgenommen. Für zwei AHTS waren die Bauverträge schon 2009 storniert worden. Für die verbleibenden vier AHTS bestehe nach erheblichen zeitlichen Verzögerungen im Baufortschritt »Einigkeit mit der Werft, dass diese nicht zur Ablieferung kommen müssen und eine Rückzahlung der geleisteten Bauraten erfolgt,« so das Unternehmen.

Nordcapitals aktuelles Statement zum Orderbuch insgesamt lautet: »Das verbleibende Orderbuch ist voll durchfinanziert. Nach einer Rekordablieferung im Jahr 2010 mit 17 Neubauten wird das Orderbuch der E. R. Schiffahrt in absehbarer Zeit auf Null schrumpfen. Daher denken wir bereits über mögliche Neubestellungen nach.«

Am Ende des Geschäftsberichts 2009 der Erck Rickmers GmbH & Cie. KG mit Datum 15. Oktober 2010 heißt es: »Nach der Lösung der Neubaubestellungen für die 13.100-TEU-Containerschiffe hat die Unternehmensgruppe die im Rahmen der Wirtschaftskrise aufgetretenen Problemfelder erfolgreich abgearbeitet.« Was aus Sicht des Unternehmens das Problemfeld Korea Line zweifellos einschloss, das sollte für die »Nordcapital Bulkerflotte 1 GmbH & Co. KG« drei Monate später erst beginnen.


Jürgen Dobert