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Wie kommen Komponenten und Mitarbeiter in die Baufelder der drei Offshore-Windparks im Helgoland-Cluster? Der fünfte Teil der HANSA-Serie beleuchtet die unterschiedlichen logistischen Konzepte.
In welcher Höhe die Kosten für logistische Prozesse beim Bau und Betrieb ihres je­weiligen Offshore-Windparks genau zu Buche[ds_preview] schlagen, haben WindMW, RWE Innogy und Eon Climate & Renewables noch nicht im Detail durchgerechnet. Fest steht jedoch, dass sie in erheblichem Umfang zum Gesamtpreis beitragen: Experten schätzen den Anteil der Logistikkosten an einer Offshore-Windenergieanlage auf 15 bis 25 %. Noch gibt es keine standardi-

sier­ten Abläufe, sondern lediglich Einzelfalllösungen, die nicht unwesentlich auch von der Infrastruktur der genutzten Häfen abhängen. Die Branche setzt für die Zu-

kunft auf eine steigende Lernkurve sowie optimierte Umschlagbedingungen und erhofft sich dadurch deutliche Einsparpotenziale. Die aktuelle Folge der HANSA-Serie gibt einen Überblick über die logistischen Konzepte der drei Windparks im Helgoland-Cluster.

WindMW

»Meerwind Süd/Ost« ist das einzige der drei Projekte, bei dessen Bau durchgängig zwei Errichterschiffe im Einsatz sind. Aktuell fährt die »Seajacks Zaratan« mit jeweils drei geladenen Monopile-Fundamenten von der Produktionsstätte in Cuxhaven zum Baufeld, während die kleinere »Seajacks Leviathan« mit jeweils zwei der dazugehörigen Transition Pieces etwas häufiger pendeln muss. Sobald alle 80 Fundamente stehen, werden die beiden Jack-up Vessels für den Transport und die Installation der Turbinen umgerüstet, die dann im dänischen Esbjerg an Bord genommen werden. »Wir werden die Ersten sein, bei denen die beiden Turmelemente für einen Teil der Turbinen schon an Land vorinstalliert werden«, sagt Knut Schulze, Projektingenieur bei WindMW. »Die ›Zaratan‹ kann diese Segmente stehend in einem Stück rausfahren, das spart viel Zeit.« Einen weiteren großen Zeitvorteil bringe der Einsatz eines zweiten Schiffes: Das rechne sich trotz der anfallenden zusätzlichen Charterkosten.

Die Monteure sind während der Installationsarbeiten auf den Errichterschiffen untergebracht, Mannschaftswechsel werden mit Crew Transfer Vessels von Cuxhaven und später auch von Esbjerg aus vorgenommen. Wenn der Windpark in Betrieb geht, wird das jeweils diensthabende Service- und Wartungsteam – wie auch bei RWE und Eon – auf Helgoland Quartier beziehen und von dort aus täglich zum Arbeitsplatz in der Nordsee fahren.

Zu den besonderen Herausforderungen der Offshore-Logistik zählt Schulze neben unvorhergesehenen Vorfällen wie Reparaturarbeiten an den Schiffen vor allem das Wetter – auch wenn der Plan bislang nach einer Schlechtwetterperiode im Januar und einem überraschend guten Februar recht gut aufgegangen sei. Langwieriger als kalkuliert habe sich indessen die Kampfmittelräumung gestaltet, da man auf unerwartet viel alte Munition gestoßen sei. Gerade in diesem Bereich müsse man außerdem häufig Wartezeiten in Kauf nehmen, weil es noch nicht genügend Kampfmittelbeseitiger auf dem Markt gebe. »Wenn die Zahl der Anbieter steigt, das gilt zum Beispiel auch ganz allgemein für die benötigten Schiffe, wird das zu einer Entspannung sowohl auf der Kostenseite als auch auf der zeitlichen Seite beitragen«, meint der Projektingenieur.

RWE Offshore Logistics Company

Mit einem eigenen Installationsschiff, der »Victoria Mathias«, geht RWE Innogy beim Bau von »Nordsee Ost« ans Werk. Weil das Unternehmen die Strategie verfolgt, möglichst mehrere Projekte parallel umzusetzen, ist die baugleiche Schwester »Friedrich Ernestine« derzeit in der Irischen See unterwegs und errichtet dort den Windpark »Gwynt y Môr«. Um die logistischen Prozesse aus einer Hand planen und koordinieren zu können, ist die Tochterfirma RWE Offshore Logistics Company (OLC) gegründet worden.

Der Mannschaftswechsel für das deutsche Projekt findet immer mittwochs statt und wird mit Helikoptern durchgeführt. Die in Norwegen produzierten 580 t schweren Jacket-Fundamente werden mit Bargen nach Bremerhaven gebracht und dort auf das Errichterschiff umgeladen, das jeweils zwei von ihnen zusammen mit den zur Befestigung benötigten acht Piles transportieren kann. Ebenfalls in Bremerhaven sollen später die vor Ort hergestellten Turbinen an Bord genommen werden. Erschwert werden die Prozesse aktuell dadurch, dass zwar die Piles wie geplant an der direkt an der Wesermündung gelegenen Stromkaje aufgenommen werden können: Um keine Probleme mit der dort herrschenden Strömung zu bekommen, muss die »Victoria Mathias« allerdings zum Laden der deutlich schwereren Fundamente den Kaiserhafen ansteuern und dafür jedes Mal eine Schleuse passieren – das kostet Zeit.

Zu Beginn der Planungen hatte RWE OLC auch die Variante durchgespielt, das Installationsschiff im Baufeld zu belassen und die Komponenten mit Feeder-Bargen anzuliefern. »Dann wären die Wetterfenster aber noch kleiner gewesen«, erläutert Logis­tik-Koordinator Marc Itgen. »Außerdem wären mit den dann nötigen Umladevorgängen auf See hohe Risiken verbunden, darum haben wir uns letztlich dagegen entschieden.« Insgesamt sei der Komplexitätsgrad der logistischen Prozesse extrem hoch. »Es muss nicht nur dafür gesorgt werden, dass ein Schiff bei passendem Wetterfenster von A nach B kommt«, so Itgen, »sondern auch im Hafen muss alles zur rechten Zeit am rechten Ort sein.« Momentan sei die Infrastruktur der zur Verfügung stehenden Häfen »noch nicht ganz ideal«. Er gehe aber davon aus, dass sich dies in den kommenden Jahren ändern werde und dann auch die Logistikkosten gesenkt werden könnten.

Eon Climate & Renewables

Eon Climate & Renewables hat sich inzwischen entschieden: Basishafen für den voraussichtlich Ende 2013 beginnenden Bau von »Amrumbank West« wird Cuxhaven sein. Das Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich die Wertschöpfungskette in der Offshore-Windbranche durch mehrere Länder ziehen kann – so kommen die Hauptkomponenten aus Polen, Belgien, den Niederlanden, Deutschland und Dänemark. Auf dem Landweg oder auf Binnenschifffahrtsstraßen werden sie zu den Häfen in Vlissingen, Cuxhaven, Rømø bzw. Esbjerg gebracht und von dort in den Windpark gefahren. Lediglich die Monopiles und Transition Pieces haben einen zusätzlichen Umladevorgang vor sich: Sie werden von Vlissingen zunächst nach Cuxhaven verschifft, um die Fahrtzeit für das Installationsschiff möglichst kurz zu halten.

Für seine diversen europäischen Windpark-Projekte hat Eon mit der »MPI Adventure« und der »MPI Discovery« zwei Jack-ups im Einsatz, wobei beim Bau von »Amrumbank West« nach jetzigem Stand nur eins von beiden genutzt werden soll. Es wird zunächst die Fundamente setzen und anschließend die in Esbjerg geladenen Windenergieanlagen und Rotorblätter installieren. Die Mannschaft soll jeweils nach Abschluss einer Tour im Hafen gewechselt werden. Während der Turbineninstallation wird darüber hinaus ein Hotelschiff im Baufeld platziert, auf dem die für die Inbetriebnahme der Anlagen verantwortlichen Techniker untergebracht werden. In der späteren Betriebsphase des Windparks soll dauerhaft ein Hubschrauber auf Helgoland bereitstehen, damit bei möglichen Störungen kurzfristig reagiert werden kann.

»So erhöhen wir die Erreichbarkeit unserer Windturbinen bei Schlechtwetter«, sagt Projektmanager Marc Vahjen. Um die angestrebte Kostenreduktion in der Logis­tik zu erreichen, hält er Synergien mit anderen Parkbetreibern bei der Nutzung von Schiffen und Helikoptern für sinnvoll. »Außerdem gehe ich davon aus, dass sich die Technologien weiterentwickeln werden – sowohl bei den Transportmitteln als auch bei den Anlagen, die dann im Idealfall weniger wartungsintensiv sein werden«, hofft Vahjen.

Die Organisation und Steuerung von Material- und Personaltransporten für Offshore-Windparks ist eine ungewöhnlich komplexe Angelegenheit, doch auch in kleinerem Maßstab können sich ungewöhnliche Herausforderungen stellen – zum Beispiel bei der Insellogistik. Der nächste Teil der Serie beschreibt die Ver- und Entsorgungsprozesse auf Helgoland.


Anne-Katrin Wehrmann