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Die BLG Logistics Group hat im vergangenen Jahr ein Ergebnis von 37 Mio. € bei einem Umsatz von mehr als 1,2 Mrd. € erzielt. Über die Beteiligung an Eurogate wurden rund 15 Mio. TEU bewegt, dazu kamen knapp 8 Mio. Fahrzeuge. Beides Rekordwerte. Auch ein Ausbau der Kontraktlogistik ist geplant, sagt BLG-Vorstandschef Frank Dreeke

Herr Dreeke, wie zufrieden sind Sie mit dem abgelaufenen Jahr?

Frank Dreeke:

Wir haben im Prinzip eine Punktlandung[ds_preview] hingelegt, trotz einiger Krisen in relevanten Märkten wie zum Beispiel Russland. Die Auswirkungen hielten sich aber in Grenzen, wir konnten das auffangen.

Die BLG ruht auf drei Geschäftsbereichen, wie haben die sich entwickelt?

Dreeke: Bei Containern haben wir in unserem Netzwerk ungefähr um 6% zugelegt, in Hamburg sogar zweistellig, in Bremerhaven gab es dagegen leichte Einbußen. Der Automobilbereich war mit einem Plus von 8% in Bremerhaven außerordentlich erfolgreich. Der Kontraktbereich ist mit neuen Projekten auch gewachsen. Also rundherum trotz des Preisdrucks, trotz der Wirtschaftskrise ein sehr vernünftiges Ergebnis.

Wie sieht der Kurs für die kommenden Jahre aus – Konsolidierung oder Expansion?

Dreeke:

Das wird eine Mischung aus beidem. Wir werden den Wachstumskurs weiterführen. Bei Containern und Automobilen sind wir bereits Marktführer in Europa und der Gejagte, das zu halten, ist schon eine Herausforderung. Wir wollen aber dennoch weiter wachsen, vermutlich dann eher mit dem Markt als über dem Markt. Wir schauen auch rechts und links, was neben dem organischen Wachstum noch möglich ist.

Durch Übernahmen?

Dreeke:

Durch Beteiligungen. Aber wir werden in diesem kapitalintensiven Bereich sehr vorsichtig agieren. Das Gleiche gilt für den Automobilbereich. Mit dem neuen Parkregal für 20Mio. € in Bremerhaven rüsten wir uns für die Zukunft. Wir wollen aber auch unser Netzwerk ausbauen, die Dienstleistungspalette weiter erhöhen.

Auch in der Kontraktlogistik?

Dreeke:

Vielleicht wird es da sichtbarer als in den anderen beiden Geschäftsbereichen. Wir werden schauen, ob wir durch Beteiligungen und Akquisitionen wachsen und gleichzeitig mit Zusatzleistungen die Wertschöpfungskette abrunden können.

Wie frei sind Sie in Ihren unternehmerischen Entscheidungen und wie sehr treibt Sie der Markt?

Dreeke:

Natürlich zwingt uns der Markt zu einer ständigen Weiterentwicklung. Nehmen Sie nur die Themen E-Commerce oder Industrie 4.0, damit müssen wir uns beschäftigen. Wir selbst wollen uns aber mit unserem Produkt besser bewegen. Als Anbieter von sehr individuellen Angeboten sehe ich für uns sehr gute Chancen.

Der Umsatz ist in den vergangenen Jahren gestiegen, die Umsatzrendite dagegen gesunken. Bereitet Ihnen das Sorgen?

Dreeke:

Das ist nicht schön, aber das zeigt, was sich im Markt derzeit abspielt. Der Preisdruck ist immens. Bei gleicher oder steigender Leistungsnachfrage sind die Kunden zurzeit leider nicht bereit, auch mehr dafür zu bezahlen. Das zu ändern, bleibt ein Ziel.

Wie groß kann die BLG denn noch werden? Die Struktur und Kapitalkraft der Anteilseigner – mehrheitlich gehört die BLG dem Land Bremen – setzt vermutlich Grenzen …

Dreeke:

Wir können und werden nur das machen, was wir uns als Unternehmen erlauben können. Nötige Investitionen müssen wir selbst, aus dem eigenen Cashflow kreieren. Das begrenzt die Möglichkeiten. Ich glaube aber schon, dass wir jedes Jahr zwischen 2% und 4% im Konzern wachsen könnten, über alle Bereiche im Durchschnitt. Gern auch mehr. Wir versuchen, auf der Überholspur zu bleiben und nicht einfach nur mit dem Markt mitzurollen.

Die BLG ist über die Beteiligung an Eurogate Marktführer im Containerumschlag in Europa. Eher stabile Zahlen an der Nordrange, Zuwächse an der Südrange in Italien – richtet sich der Fokus künftig stärker auf das Mittelmeer?

Dreeke:

Wenn wir Entwicklungsmöglichkeiten im Süden sehen, dann werden wir sie nutzen. Wir schauen uns auch immer mal neue Standorte an. Aber das ist keine neue Strategie, auch im Containerumschlag setzen wir auf das Netzwerk.

Gibt es konkrete Projekte?

Frank Dreeke:

Im Moment nichts Spruchreifes.

Sind die Vertiefungen von Elbe und Weser existenziell für die Standorte in Bremerhaven und Hamburg?

Dreeke:

Hamburg und Bremerhaven werden immer als Häfen bestehen. An der Weser haben wir bereits mehr als hundert 18.000-TEU-Schiffe abgefertigt. Aber die Vertiefung der Zufahrten ist immens wichtig, um im Vergleich mit anderen Häfen konkurrenzfähig zu bleiben und die gleiche Rolle zu spielen wie heute. Das ist auch im nationalen Interesse.

Sie könnten sich mit Blick auf die Kapazitätsreserven am JadeWeserPort in Wilhelmshaven doch relativ entspannt zurücklehnen.

Dreeke:

Reserve klingt nicht so gut. Wilhelmshaven ist ein Ergänzungshafen, damit können wir künftig das ganze Spektrum anbieten. Das war und ist strategisch so gewollt und bestätigt einmal mehr unsere Strategie, immer in Netzwerken zu denken.

Noch findet dort aber nur ein bescheidener Umschlag statt, weit entfernt von der Kapazität von 2,7 Mio. TEU im Jahr.

Dreeke:

Die schiere Menge, die künftig mit den großen Schiffen kommt, wird zwangsläufig dazu führen, dass der Jade-Weser-Port angelaufen wird. Wenn man in der Schifffahrt tätig ist, weiß man, dass sich ein Hafen langsam entwickelt. Es stimmt auch, dass es anders geplant war. Aber das war vor der Krise. Jetzt haben wir drei Linien- und vier Feederdienste, und ich bin mir sicher, dass weitere Dienste dazukommen werden.

Welche Steigerungsmöglichkeiten sehen Sie noch im Automobilumschlag?

Dreeke:

Speziell die deutschen Hersteller wollen weiter wachsen, wir sind auch in Bremerhaven noch nicht am Limit.

Ist ein Ausbau der Auslandsaktivitäten etwa am Schwarzen Meer oder in China geplant?

Dreeke:

Das Projekt am Schwarzen Meer haben wir zurückgestellt. In China sind wir bereits engagiert, zum Beispiel in der Teilelogistik. Irgendwann wird es auch Importe nach Europa geben, dann wollen wir der Hafen sein, wo die Autos umgeschlagen werden.

Die BLG ist auch trimodal als Transporteur unterwegs – mit Bahn, Lkw und auch mit eigenen Binnenschiffen auf Donau und Rhein. Ein ausbaufähiges Geschäft?

Dreeke:

Das, was wir bereits machen, machen wir, weil es von den Kunden nachgefragt wird. Auch für Binnenschiffstransporte gibt es immer Potenzial, letztes Jahr waren wir damit sehr zufrieden. Aber die Flexibilität ist bei Lkw und Bahn größer, weil vom Schiff noch einmal zusätzlich umgeschlagen werden muss. Wir bieten jede Trimodalität an – wenn der Kunde es wünscht. Wir haben die passenden Konzepte, aber mehr als anbieten können wir auch nicht.

Sie haben sich auch mit einen eigenen Geschäftsfeld als Windkraft-Logistiker etablieren wollen. Umschlagflächen am Standort in Bremerhaven wurden inzwischen aber wieder aufgeben. Glauben Sie an eine baldige Rückkehr der Offshore-Branche?

Dreeke

: Definitiv. Der Markt hat sich leider nicht so positiv entwickelt wie erhofft. Dass wir so lange unsere Flächen anders nutzen, kann uns keiner verdenken.

Jetzt gehen die ersten neuen Großprojekte in die Entscheidungs- und Planungsphase. Spätestens 2016, davon bin ich überzeugt, werden wir wieder Offshore sehen, auch bei uns in Bremerhaven. Wir waren aber auch nie richtig raus, sondern sind längst international tätig.

Was ist mit anderen Märkten wie Großbritannien?

Dreeke:

Wir haben eine Kooperation mit dem Hafen Sunderland. Unser Management-Knowhow war dort gefragt, also sind wir hingegangen.

Das Land Bremen hält, anders als andere deutsche Standorte, an den Plänen für den Bau eines Offshore-Terminals fest. Die richtige Entscheidung?

Dreeke:

Auf Dauer? Ja. Bremerhaven ist als Standort einfach hervorragend. Wenn wir uns die Pläne für Windparks in den kommenden Jahren ansehen, dann ist das richtig.

Und die BLG wird Terminal-Betreiber?

Dreeke:

Das wird sich nach der öffentlichen Ausschreibung zeigen. Wir werden uns bewerben, aber die Entscheidung ist aus meiner Sicht völlig offen.

Bremen ist Sitz und Nukleus des Unternehmens. Doch Neugeschäft lässt sich vermutlich vor allem an neuen Standorten aufbauen, gerade auch in der Kontraktlogistik. Wohin geht Ihr Blick zur Zeit?

Dreeke:

Wir sind bereits an unzähligen Standorten präsent. Demnächst starten wir in Hamburg ein neues Projekt für einen unserer Kunden. Wohin es dann geht, kann ich noch nicht sagen. Aber es zählt die Kundennähe – wenn es sich wirtschaftlich für uns rechnet, gehen wir hin.

Der Markt ist hart umkämpft. Wie grenzen Sie sich von Ihren Mitbewerbern ab?

Dreeke:

Wir sind auf Individualität konzentriert. Wir können Standardpakete schnüren, aber unsere Stärke liegt darin, sehr spezielle Lösungen zu finden. Das haben wir bislang ganz gut geschafft. Wenn man wie wir Wasserhähne, Möbel, Kekse oder Kleidung macht, gibt es unterschiedliche Anforderungen. Da geht das nicht nach Schema F.

Wie wollen Sie den Anteil an der Wertschöpfungskette erhöhen?

Dreeke:

Wir bieten Lagerhaltung, Kommissionierung und vieles mehr. Aber irgendwo kommen die Waren an, sie müssen auch irgendwohin transportiert werden. Wir wollen an diesem Weg möglichst lange beteiligt sein, wie wir das in einigen Fällen schon sind. Da geht noch mehr mit Unternehmen im Konzern oder mit Partnern.

Also eine stärkere Vernetzung auch der einzelnen Geschäftsbereiche?

Dreeke:

Wir können Synergien herstellen, ja.

Der Warentransport braucht eine leistungsfähige Infrastruktur. Um die ist es bekanntlich nicht zum Besten bestellt. Was fordert, was braucht die Wirtschaft?

Dreeke:

Deutschland ist Logistikweltmeister, das sind wir nicht umsonst geworden. Wir haben ein gutes Netzwerk an Verkehrswegen, ohne das geht es nicht. Wenn wir das aber bleiben wollen, muss mehr geschehen. 5 Mrd. € zusätzlich im Budget sind zu wenig. Erhalt allein reicht nicht, wir brauchen auch Neubauten. Problem erkannt, aber nicht gebannt. Geredet wurde genug, jetzt fehlen konkrete Zieldaten. Da muss mehr Druck auf den Kessel. Wir werden das über die Verbände tun.

 


Krischan Förster