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Indien wird China in seiner Rolle als bevölke-rungs-reichstes Land der Erde bald ablösen. Angesichts drängender Probleme gibt es zur weiteren Modernisierung und Industrialisie-rung des Landes kaum eine Alternative. Wesentlich dazu beitragen sollen der Ausbau der Hafen-infra-struktur und die Schaffung einer wettbewerbs-fähigen Werftbranche.
Die Stimmung in der Wirtschaft hat sich seit der Regierungsübernahme der National Democratic Alliance-Koalition (NDA) unter Führung der Bharatiya[ds_preview] Janata Party (BJP) im Mai 2014 deutlich verbessert. Die neue Regierung möchte auch bessere Bedingungen für ausländische Unternehmen schaffen. »Ein zentrales Programm zur Förderung der Wirtschaft ist ›Make in India‹, für das wir weltweit Produktions- und Investitionspartner suchen. Um diesen die Geschäfte zu erleichtern setzen wir jedoch nicht hauptsächlich auf großartig aufgebauschte Konzepte, sondern vielmehr auf viele kleine Erleichterungen. So sind viele Dinge bei uns online möglich, ohne dass da viel Bürokratie im Spiel ist. E-Mail-Anfragen für unser Programm beispielsweise müssen innerhalb von 24 Stunden beantwortet werden«, berichtet Sreekumar M. Veetil , Marketing Officer der Indischen Botschaft. Die Hafenwirtschaft und die damit zusammenhängende Infrastruktur ist ein zentrales Element der neuen Wirtschaftspolitik, sagt Premierminister Narendra Modi. »Wie bringen wir unser Land auf den neuesten Stand bei Public-Private-Partnerschaften. Wir konzentrierten uns zunächst auf die Entwicklung unserer Häfen. Die Forderung der Gegenwart ist, sich auf die von Häfen geleitete Entwicklung zuzubewegen. Es sollte gut funktionierende Kühlhaus-Netzwerke, Straßen, Eisenbahnanschlüsse und einen Flughafen beim Hafen geben. Wenn sich das alles nicht als Cluster entwickelt, können wir für uns keine Position auf dem Weltmarkt erobern«, mahnt Modi.

Beziehungen zu Deutschland

Um den dringend notwendigen Umbau der Wirtschaft zu bewältigen, wirbt Indien in Deutschland für Kooperationen und Investitionen. Deutschland ist Indiens größter Handelspartner in der Europäischen Union. Das Volumen des deutsch-indischen Handels hat sich der deutschen Außenhandelsstatistik zufolge in den letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht. Allerdings war der bilaterale Außenhandelsumsatz in den letzten drei Jahren rückläufig und erreichte 2013 nur noch 16,1Mrd. €.

Infrastrukturausbau

Indien beabsichtigt, im 12. Fünfjahresplan (2012 bis 2017) eine Billion Dollar in den Ausbau seiner Infrastruktur zu investieren. Dies wäre doppelt so viel wie in der vorangegangenen Planperiode. Die Projekte sollen je zur Hälfte von der öffentlichen Hand und dem Privatsektor bestritten werden. Es geht um ein funktionierendes Gesamtnetz, mit dem die Häfen mit Straßen und Eisenbahnlinien besser an die Wirtschaftszentren angebunden werden sollen. Knapp 5Bill. indische Rupien (INR; rund 61,9Mrd. €) sind für Straßen und Brücken vorgesehen. Im Rahmen des staatlichen »National Highway Development Project« (NHDP) wird ein Teil des 3,3Mio. km langen Straßennetzes modernisiert und ausgebaut. Das NHDP besteht aus sieben Projektphasen mit einer Länge von gut 50.000km.

Schiffbau

Um die Potenziale des indischen Schiffbaus realistisch einzuschätzen, sollte man sich nicht von übertriebener Euphorie, aber auch nicht vor zu großer Skepsis leiten lassen. Globaldaten oder Absichtserklärungen sind wenig hilfreich, ein objektives Bild der Branche kann man nur vor Ort bekommen, rät Johannes Wamser, Geschäftsführer der Indienberatung Wamser + Batra. »Der indische Schiffbau wurde in den vergangenen Jahren regelmäßig überschätzt, da Werften Bestellungen während des Schiffbaubooms angenommen haben, die aber nicht gebaut werden konnten. Auch die versprochene Lösung technisch anspruchsvoller Arbeiten konnte oft nicht erfüllt werden. Vor Ort haben wir damals bereits gesehen, dass die notwendigen Kapazitäten nicht vorhanden waren«, so Wamser. Kein anderes Land habe eine solch große Differenz zwischen bestellten und wirklich ausgelieferten Schiffen. Die Neubauten entsprechen seiner Ansicht nach zudem oftmals nicht der erwarteten Qualität. »Die Abstimmungsverfahren, Beschwerdemanagement und die Erfüllung von Dienstleistungen werden als langwierig und mühsam beschrieben. Nur Reedereien, die alle relevanten Details und Designs festgelegt haben und außerdem eigene Inspektionsteams auf der Baustelle hatten, waren mehr oder weniger zufrieden. Qualitätssicherungssysteme, wie wir dies in Westeuropa haben, werden nicht verstanden oder in Indien implementiert. Vor allem in den von der Regierung betriebenen Werften ist das Management bei Nachfragen oder Beschwerden einfach nicht verfügbar«, urteilt der Berater weiter.

Bis 2020 plant die indische Regierung den Marktanteil der indischen Werften auf 5% zu steigern. Im Zuge der weltweiten Orderrückgänge 2008/2009 ging die Zahl der indischen Werften von 32 auf nunmehr 27 zurück, davon sind acht Staatskonzerne. Die drei größten staatlichen Schiffbaubetriebe sind Hindustan Shipyard, Cochin Shipyard und Alcock Ashdown. Die bedeutendsten Vertreter bei den privaten sind ABG Shipyard, Bharati Ship­yard und Pipavav Shipbuilding. Nach Expertenmeinungen ist es trotz der geplanten und umgesetzten Investitionen und trotz niedriger Lohnkosten noch nicht absehbar, dass Indien zu den großen Schiffbaunationen aufsteigt.

Die Regierung sowie der Privatsektor investieren massiv in den Neubau von Werften und die Erweiterung bestehender Anlagen für die Konstruktion großer Schiffe. Zudem subventioniert der indische Staat den Schiffbau mit 15% vom Verkaufswert und gewährt Zollfreiheit auf Schiffsausrüstungen. Die privaten Werften beabsichtigen, 4,3Mrd. $ zu investieren. Bei den staatlichen Schiffbauern sind es 1,18Mrd. $. Die Anzahl der Beschäftigten soll sich bis 2017 auf 2,5 Millionen verfünffachen. Die beiden größten Schiffbauunternehmen sind, gemessen an den Schiffbaukapazitäten, die Pipavav Defence and Offshore Engineering Company und die Larsen & Toubro Ltd.

Zulieferer

Noch sind Schiffbau-Zulieferer aus Indien auf dem Weltmarkt nicht sehr stark präsent. Auf der Weltleitmesse SMM in Hamburg stellten 2014 lediglich acht Unternehmen aus Indien aus. Zum Vergleich: China war dort mit 39 Unternehmen vertreten.

Im Bereich Software für den Betrieb von Schiffen oder Softwarelösungen für das Flottenmanagement sind indische Konzerne jedoch weltweit führend. »Wir bieten eine breite Palette von Anwendungen und haben viel Erfahrung bei der Sammlung und Aufbereitung von großen Datenmengen über die Besatzung, Schiffe und den Betrieb. Durch unsere exklusive Software können wir mit diesen Daten so ziemlich alle möglichen Szenarien aufzeigen. Dies kann in unterschiedlichen Geschäftsprozessen verwendet werden, um Kosten zu senken, die Sicherheit zu verbessern und die Effizienz zu steigern«, wirbt etwa SBN TechnoLogics Pvt. Ltd. für seine Angebote