Print Friendly, PDF & Email

Das Wasser- und Schifffahrtsamt Cuxhaven hat mit dem flachgehenden Peilschiff »Stickers Gat« seinen jüngsten Neubau in Dienst gestellt.
Der Auftrag für den Bau und die betriebsfertige Lieferung des Peilschiffes war nach einer EU-weiten Ausschreibung an die niederländische[ds_preview] Werft NoLimitShips in Groningen vergeben worden. Planung, Entwurf und Spezifikation sowie Abwicklung dieses Neubaus wurde durch die Rendsburger Fachstelle Maschinenwesen Nord (FMN) in Rendsburg durchgeführt.

Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) hat die Aufgabe, die schiffbaren Wasserstraßen in ihrem Zuständigkeitsbereich mit einem geeigneten Peilsystem qualitätsgesichert zu überwachen. Für den Bereich Unterelbe stehen der WSV hierfür die mit modernen Peilsystemen ausgestatten Schiffe »Wedel« (Bj. 2007) des WSA Hamburg sowie die »Grimmershörn« (Bj. 2009) des WSA Cuxhaven zur Verfügung. Die »Stickers Gat« löst nunmehr die für die notwendigen Flachwasserpeilungen im Bereich des WSA Cuxhaven über 30 Jahre alte Peiljolle »Greif 2« ab.

Das flachgehende Peilschiff ist als eigenständige Einheit für den Bereich der Unter- und Außenelbe als Tagesschiff auch im Seebereich ausgelegt. Um auch die Nebenarme und Wattengebiete in Abhängigkeit der Tide möglichst lange peilen zu können, war ein besonders niedriger Tiefgang erforderlich. Ebenso war eine für diese Bootsgröße vergleichsweise hohe Betriebsgeschwindigkeit zum Erreichen von hohen Einsatz- und Peilzeiten Grundlage des Anforderungsprofils. Als Vermessungssystem wurde analog zu den vorhanden Peilsystemen auf den anderen Peilschiffen systemeinheitlich ein Fächerlotsystem kombiniert mit einem Linienpeilsystem verwendet. So ist zwischen den den Ämtern bei der Peildatenermittlung und der Auswertung eine intensive Zusammenarbeit möglich.

Der Neubau basiert auf einem von der Werft NoLimitShips entwickelten und bereits mehrfach gebauten »Standard-Vermessungs-Typschiffs 1640«. Der Tiefgang musste hierbei jedoch entsprechend den Anforderungen von 1,30m auf 1m reduziert werden. Der in vier wasserdichte Bereiche unterteilte Schiffsrumpf ist aus Stahl gefertigt und hat einen Spantabstand von 400mm sowie eine ähnlich enge Längsaussteifung.

Der Aufbau wurde aus seewasserbeständigem Aluminium gefertigt, die Verbindung mit dem Stahlrumpf erfolgte durch Triclad-Verbindungsstreifen. Gegenüber dem Standard-Typschiff wurde der Aufbau mit einer umlaufenden Faceplatte ausgestattet und die Frontfenster sind zur Vermeidung von Reflexionen nach außen geneigt. Der Rumpf ist durch einen fest montierten umlaufenden Fender geschützt. Die Einrichtung des Schiffes ist für eine Besatzung von zwei bis drei Personen im Tagesdienst ausgestattet. Auf dem Hauptdeck sind der Steuerstand und der Vermessungsarbeitsplatz angeordnet.

Im vorderen Teil des Schiffes sind die Pantry mit Sitzecke sowie ein Sanitärraum vorhanden. Lose Ausrüstung, Geräte und Materialien können in einem Storeraum sicher verstaut werden. Zwischen Pantry und Maschinenraum ist der Technikraum angeordnet, in dem alle wesentlichen elektrischen Komponenten untergebracht sind. Durch diese Anordnung ist eine gute Klimatisierung der Anlagen sichergestellt, die die Arbeitsbereiche lärmtechnisch nicht belastet sowie eine optimale Zugänglichkeit für die Wartung der Anlagen zulässt.

Im Maschinenraum sind die beiden Antriebsmotoren vom Typ MAN D2866 mit einer Leistung von je 190kW untergebracht. Sie wirken über ein ZF-Getriebe (ZF325-1) auf je einen Festpropeller, der durch eine Düse geschützt ist. Die Kühlung der Motoren erfolgt über Kastenkühler, die Abgasleitung ist trocken und führt durch den Rudermaschinenraum zum Spiegel. Im Maschinenraum sind darüber hinaus ein Hilfsdieselaggregat, Hydraulikaggregat, je eine Lenz- und Feuerlöschpumpe, die Klimaanlage und Heizung untergebracht. Im Rudermaschinenraum befinden sich die Hydraulik für die Ruder sowie die Abgasschalldämpfer.

Die elektrische Energieversorgung erfolgt über ein 24-Volt-Bordnetz. Der Betrieb der 24-Volt-Bord- und Starternetze wird mit insgesamt vier an beide Hauptmotoren angehängte Lichtmaschinen (je 150 A) sichergestellt. Jeweils zwei Lichtmaschinen puffern die Bordnetzbatterie (24V/600 Ah) sowie die beiden Starterbatterien (24V/50 Ah). Über das 24-V-Bordnetz kann der überwiegende Teil aller Verbraucher mit Strom versorgt werden, ausgewählte Anlagen und nautische Geräte werden über jeweils dafür vorgesehene Sondernetze bzw. USV-Anlagen betrieben. Alle 230V-Verbraucher, wie z. B. Klimaanlage, Herd und das Peilsystem selbst werden über ein Wechselspannungsnetz betrieben, das über zwei gekoppelte Wechselrichter aus dem Bordnetz gespeist wird. Ein Hilfsdieselaggregat (Kohler 17EFOZD) mit einer elektrischen Leistung von 17kVA ist aus Redundanzgründen zur Gewährleistung einer beständigen Verfügbarkeit eingebaut. Zur qualitätsgesicherten Überwachung der Wasserstraßen wurde die »Stickers Gat« mit einem flexibel einsetzbaren Vermessungssystem ausgestattet. Dieses besteht aus einem Fächerlotsystem der neuesten Generation vom Typ Kongsberg EM2040 Compact mit Doppelschwingern (200–400 KHz) und einem Linienpeilsystem vom Typ Kongsberg EA400 (15KHz und 200 Khz) sowie den zugehörigen Sensoren zur präzisen Lage- und Höhenzuordnung der gemessenen Wassertiefen.

Das Peilsystem ermöglicht dem WSA Cuxhaven unter anderem die Gewässersohle der flachen Bereiche der Unter-, Außen- und Nebenfahrwasser der Elbe auch flächenhaft zu erfassen, zusätzlich werden die Anforderungen für Bauwerkspeilungen erfüllt. Eine leistungsfähige Software für die Erfassung der Messdaten an Bord vervollständigt das Peilsystem. Über einem in Fahrtrichtung angeordneten Vermessungsarbeitsplatz im Steuerhaus wird die Peilanlage durch den Operator bedient, der der Schiffsführung über eine entsprechende Bildschirmkommunikation die Kurslinie für die Peilfahrt vorgibt.

Der Steuerfahrstand wurde in Abstimmung mit dem Betreiber nach den Prinzipien eines übersichtlich zu bedienenden ergonomischen »Ein-Mann-Radarfahrstandes« ausgelegt. Am Steuerfahrstand steht dem Schiffsführer eine Radaranlage der neusten Generation zur Verfügung. Zur Übersicht kann bei Bedarf eine Conning-Anzeige mit verschiedenen Navigationsdaten dargestellt werden.

Zur allgemeinen nachrichtentechnische Kommunikation wurde die »Stickers Gat« mit einem GSM-UMTS-Mobilfunkmodem (für die Anwendungen faxen, telefonieren und Kommunikation über Emails), einem GSM-Fernübertragungssystem für die Übermittlung von Alarmmeldungen sowie einem Notebook mit Multifunktionsdrucker ausgestattet. Gemäß GMDSS für das Fahrgebiet A1 ist eine AIS-SART-Anlage, zwei Satelliten EPIRPs, zwei UKW-Seefunkanlagen (mit/ohne DSC) sowie zwei tragbare UKW-Sprechfunkanlagen für Seefunk vorgesehen. Darüber hinaus steht der Schiffsführung zur Abfrage von Wetter- und Wasserstandsinformationen ein Pegeldatenfunkempfänger, Fa. Kuhnt, Typ WDFÜ-SA 2 sowie eine Windmessanlage mit Anzeigeeinheit und Außenlufttemperatur- und Außendrucksensor zur Verfügung.