Der Schatten des Drachen

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Am fernöstlichen Horizont sind in den vergangenen Tagen dunkle Wolken aufgezogen. Im August ist Chinas Industrie so stark geschrumpft wie[ds_preview] seit sechseinhalb Jahren nicht mehr, gleichzeitig die Stimmung chinesischer Unternehmer laut dem Wirtschaftsmagazin »Caixin« auf den tiefsten Stand seit März 2009 gefallen. Schon die Abwertung der Landeswährung Yuan und der Einbruch der Exportzahlen waren Hiobsbotschaften für den Rest der Welt: All das schürt Ängste vor einer anhaltenden Schwächephase in der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft, die das Wachstumstempo der vergangenen 15 Jahre nicht länger halten kann.

Der Hamburger Hafen bekommt dies unmittelbar zu spüren. Zwar schlagen die Auswirkungen der Russland-Krise und -sanktionen beim prozentualen Umschlagrückgang vermeintlich deutlicher zu Buche, doch das Minus von knapp 11% aus dem Fernosthandel, der an der Elbe knapp 30% ausmacht, betrifft weitaus größere Ladungsvolumina. Die sich verdüsternden Aussichten im Containergeschäft belegt auch der von RWI und ISL herausgegebene Umschlagindex, der seit Februar von knapp 124 Punkten auf 118 Punkte gefallen ist und sich nach Einschätzungen von Analysten auch künftig eher nur noch seitwärts bewegen wird.

Der Ladungsrückgang setzt die globale Schifffahrt zusätzlich unter Druck, da tröstet vermutlich nur wenig, dass der erneut unter die 50-Dollar-Marke gefallene Preis für das Barrel Öl zur Kostenentlastung beiträgt. Nicht nur in den Verkehren zwischen Europa und Fernost spitzt sich die Lage angesichts weiter niedriger Frachtpreise und des allein in diesem Jahr laut dem Branchendienst »Alphaliner« um 880.000TEU vergrößerten Tonnageangebots durch neue Mega-Carrier weiter zu. Weil gleichzeitig 675.000TEU Kapazität in andere Fahrtgebiete kaskadiert wurden, Dienste umsortiert oder ausgedünnt werden, schmilzt der zu Beginn des Jahres erfolgte Erholungseffekt bei den Charterraten dahin. Als letzte Allianz reagiert auch das dominierende Konsortium »2M« von Maersk und MSC auf die nachlassende Nachfrage mit der Stilllegung des »AE-9/Condor«-Fernost-Dienstes. Allerdings erfolgten die Anpassungen um Monate zu spät, um den Frachtenverfall aufhalten oder wenigstens abmildern zu können.

Der Preiskampf befeuert ein weiteres Mal die Konsolidierungswünsche (oder -zwänge?) bei den Linienreedereien. Für die schwächelnde American President Line (APL) sucht Temasek (NOL) inzwischen ganz offen einen Käufer, und auch eine mögliche Fusion der staatlich kon­trollierten CSCL und COSCO wird immer konkreter. Vereint wären die beiden Carrier mit immensen Kapazitäten gerade auf den Fernost-und Pazifik-Routen die neue Nummer 4 der Welt. Noch gehören sie allerdings unterschiedlichen Allianzen an, sollte es also soweit kommen, dürfte das ein lustiges Dienste-Karussell geben.

Maersk-Chef Skou hatte erst jüngst wieder eine weitere Konsolidierungswelle prophezeit, der wenig profitable Reedereien zum Opfer fallen könnten. Hapag-Lloyd reagierte darauf indirekt auf eigene Weise. Angesichts stark verbesserter Zahlen könnte der geplante Börsengang nun vielleicht doch schon in diesem Oktober erfolgen, ließen Insider gezielt in die Branche sickern. Bisher nicht mehr als ein Gerücht. Aber oft steckt in solchen Gerüchten ja mehr als nur ein Körnchen Wahrheit.

Viel Spaß beim Lesen wünscht


Krischan Förster