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Die Finanzierung von Schiffen und Reedereien über Aktien und Anleihen hat deutlich an Gewicht gewonnen. An dieser Stelle berichten wir in Kooperation mit der Notos Consult GmbH künftig einmal im Quartal über die Entwicklung an den Kapitalmärkten
Konstruktion von Indizes

Um die Wertentwicklung von Schifffahrtsaktien zu beschreiben, hat die Notos Consult GmbH einen eigenen Aktienindex[ds_preview], den Notos Shipping Index, entwickelt. Unternehmen müssen den Schwerpunkt ihres Geschäftsmodells in der Schifffahrt haben und mindestens eine Marktkapitalisierung von 50Mio. $ aufweisen. Alle Unternehmen werden gleichgewichtet, Dividenden und Kapitalmaßnahmen werden berücksichtigt. Für die wichtigsten Sektoren wie Bulk, Container, Tanker oder Offshore werden eigene Subindizes berechnet.

Fast alle Schifffahrtsaktien betroffen

Im zweiten Quartal 2015 lag der Notos Shipping Index gegenüber dem Jahresanfang noch leicht im Plus. Diese erfreuliche Entwicklung endete jedoch mit der Ankündigung einer schwächeren Konjunkturentwicklung in China. Der Index fiel im 3. Quartal unter die Tiefstände aus dem letzten Jahr und liegt nunmehr um fast 30% niedriger als noch vor zwölf Monaten. Am stärksten traf es die Offshore Unternehmen. Der Offshore Index liegt mit einem Verlust von über 60% gegenüber dem Vorjahr an der Spitze der Verliererliste, gefolgt von den Bulk-Reedereien mit einem Verlust von über 52%.

Bulkermärkte vor Trendwende?

Die Bulkermärkte leiden fortgesetzt unter dem Überhang an junger Tonnage und insbesondere unter den schwächeren chinesischen Kohle- und Eisenerz-Importen. Laut jüngsten Statistiken hat Indien inzwischen China als Hauptkohleimporteur abgelöst. Interessanterweise mehren sich seit einigen Wochen Stimmen von Analysten, die auf eine Erholung des Bulkermarktes setzen. Tatsächlich ist erkennbar, dass sich mit dem leicht steigenden BDI die Bulker-A­tien zuletzt auf Monatsbasis wieder etwas erholen konnten und seit Beginn des dritten Quartals nicht mehr schlechter performen als der Gesamtmarkt. Hier könnte sich eine Trendumkehr ankündigen, obwohl die Fundamentaldaten bisher noch keine eindeutigen Hinweise zeigen. Eine alte Börsenweisheit besagt, dass an der Börse die Zukunft und nicht die Vergangenheit gehandelt wird.

Positives vom Tankermarkt

Der einzige Sektor, der momentan höher notiert als vor einem Jahr, ist der Tankersektor mit einem Zuwachs von fast 19%. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass die Tankermärkte von 2008 bis 2014 eine lange Baisse-Phase erlebten. Die zurückhaltende Ordertätigkeit sowie die stark gestiegenen Rohöl-Fördermengen sind Grundpfeiler der jüngsten Kurserholungen. Es bleibt abzuwarten, ob die Reeder die Fehler der Vergangenheit wiederholen und zu schnell zu viele Neubauten ordern.

Zudem zeichnet sich ab, dass die iranische Tankerflotte ab Anfang nächsten Jahres wieder in den Markt kommt, und die meisten Reedereien lassen ihre Schiffe immer noch mit gedrosselter Geschwindigkeit fahren, so dass das Angebots-Nachfrage-Gleichgewicht derzeit fragil erscheint.

Private Markets vs. Public Markets

Anfang September kam es anläßlich der London Shipping Week zu einer interessanten Debatte über die Zukunft der Schiffsfinanzierung zwischen Euronavs CEO Paddy Rodgers und Wah Kwongs Chairwoman Sabrina Chao. Rodgers betonte insbesondere die Notwendigkeit von Unternehmensgröße und Economies of ­Scale, um im Wettbewerb zu bestehen. Dies sei jedoch nur möglich, wenn man als börsennotiertes Unternehmen Zugang zu Kapitalmärkten habe.

Sabrina Chao verwies darauf, dass an der Börse derzeit kapitalintensive Unternehmen nicht angemessen bewertet würden und somit die Eigentümer durch eine Notierung nicht den Unternehmenswert steigern könnten.

Die Wahrheit liegt vermutlich – wie meistens – in der Mitte. In der Tat ist es so, dass derzeit einige Reedereien an der Börse mit einem Abschlag zum inneren Wert gehandelt werden. Hier drückt sich die Erwartung der Marktteilnehmer aus, dass zum Beispiel die Tankermärkte im nächsten Jahr nachgeben werden. Andererseits liegt es im Ermessen der Geschäftsführung, über geeignete Maßnahmen wie Aktienrückkäufe oder eine Erhöhung der Ausschüttungsquoten die Aktie attraktiver zu machen. Dies wäre dann in der Tat eine Win-Win-Situation für den Aktionär wie auch für das Unternehmen. Euronav etwa hat beschlossen, künftig stets 80% der Gewinne an die Aktionäre auszuschütten.