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Die Wasser- und Schifffahrtsämter (WSA) Bremen und Bremerhaven haben insgesamt acht neue Wasserfahrzeuge erhalten. Neben Arbeitsbooten wurden auch Prähme geliefert.
Im Rahmen laufender Ersatzbeschaffungsprogramme für schwimmende Fahrzeuge für die Außenbezirke der WSA Bremen und Bremerhaven sind im Jahr 2015 insgesamt[ds_preview] acht Neubauten fertiggestellt worden. Die beiden jüngsten Einheiten, der 300-t-Hydro-Klappprahm »KP 4253« und das Arbeitsboot »Otter« wurden am 28. Oktober dieses Jahres im Betriebshafen des Außenbezirks Farge des WSA Bremen übergeben. Gemeinsam mit sechs weiteren Fahrzeugen aus diesem Arbeitspaket wurden sie offiziell in Dienst gestellt. Dazu zählen die drei 12-m-Typ-Arbeitsboote (Baustellenboote) »Kiek Ut«, »Lethe« und »Lesum« mit dem 10-t-Arbeitsprahm »KL 180« sowie zwei große 150-t-Decksprähme »DP 4244« und »DP 4245«. Während die »Otter« dem WSA Bremerhaven als betreibendem Amt zugeordnet ist, werden alle weiteren Fahrzeuge durch das WSA Bremen betrieben. Die Abnahme des derzeit noch im Bau befindlichen fünften und vorerst letzten Arbeitsbootes für das WSA Hamburg ist für Ende 2015 vorgesehen.

Den Zuschlag für die von der Fachstelle Maschinenwesen Nord (FMN) Rendsburg ausgeschriebenen Aufträge zum Bau der Fahrzeuge bekam die Schiffswerft Bolle aus Derben, Neuderben. Planung, Entwurf und Spezifikation sowie die Abwicklung dieser Neubauten wurden durch die FMN Rendsburg beim WSA Kiel-Holtenau durchgeführt. Die FMN Rendsburg ist die technische Fachbehörde im Zuständigkeitsbereich der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS), Außenstellen Nord und Nordwest.

12-m-Arbeitsboote

Die insgesamt fünf 12-m-Typ-Arbeitsbeiboote (Baustellenboote) für Bremen, Bremerhaven und Hamburg wurden weitestgehend baugleich realisiert. Der Entwurf und die Konstruktion der Schiffskörper basiert auf einer robusten, fast rechteckigen Pontonform aus Stahl in Knickspant- und kombinierter Längs- und Querspantbauweise. Er ist gekennzeichnet durch einen flachen Boden, einen auflaufenden Boden im Vorschiffsbereich, ein getunneltes Hinterschiff, eine gerade (ca. 40°) auflaufende Kimm und einen Vor- und Achterspiegel mit runden Ecken. Zum Schutz gegen Beschädigungen bei Grundberührung wurden Boden, Kimm, Vor- und Achterschiff besonders verstärkt. Die Antriebsanlage besteht aus einem Motor des Herstellers Volvo Penta mit einer Leistungsabgabe von 169 kW, einem ZF-Getriebe und einer fettgeschmierten Wellenanlage mit 5-flügeligem Festpropeller der Firma Thies. Die Kühlung des Antriebsmotors und Getriebes erfolgt über einen geschlossenen Frischwasserkreislauf, der an eine zum Schutz vor Grundberührung im Schiffsboden innenliegend angeordnete Außenhautkühltasche angeschlossen ist. Zusätzliche Außenhautkühltaschen kühlen das Hydrauliköl der Zentralhydraulik und das Lecköl des Dieselmotors. Eine fest integrierte Deckwasch- und Spülpumpe, u.a. zum Einspülen von Pricken mit einer Förderleistung von 200 l/min bei 3 bar ist im Maschinenraum angeordnet. Die Energieversorgung der Deckwasch- und Spülpumpe, der Ankerwinde, des Ankerpfahls sowie der Auffahrrampe erfolgt über die Zentralhydraulikanlage, die dafür erforderliche druckgeregelte Axialkolbenpumpe gibt eine Leistung von bis zu 34 kW bei 310 bar ab. Eine zusätzliche 24-V-Notpumpe ist direkt am Hydrauliktank angeschlossen und ermöglicht auch bei Ausfall des Antriebsmotors das Einfahren des Ankerpfahls und der Auffahrrampe.

Um gute Manövriereigenschaften zu erreichen, wurde ein profiliertes Ruder mit Staukeil gewählt und ein Ruderschaft in verstärkter Ausführung sowie eine robuste Ruderhacke mit Propellerschutz eingebaut. Das mit kleinen Landfahrzeugen bis zu 1t Gewicht über eine Auffahrrampe befahrbare Arbeits-/Ladedeck aus Stahl wurde komplett rutschsicher aus Tränenblech gefertigt. Für die Verankerung an den jeweiligen Baustellen sind die Arbeitsboote mit einem 4m langen, hydraulisch angetriebenen Ankerpfahlsystem ausgestattet. Das Ruderhaus wurden aus Gewichts- und Stabilitätsgründen komplett aus Aluminium gefertigt und mit großen Fensterflächen ausgestattet, die eine gute Rundumsicht gewährleisten. Die Einrichtung besteht aus einem ergonomisch sinnvoll angeordneten vorschriftsmäßigen Bedien- und Fahrstand, entsprechende Sitzgelegenheiten für insgesamt fünf Personen sind vorhanden. Der Signalmast wurde aufgrund der einzuhaltenden Fixpunkthöhe von maximal 4,35m klappbar ausgeführt.

Die elektrische Energieversorgung wird über eine am Antriebsmotor angehängte Lichtmaschine sichergestellt, diese lädt kontinuierlich die vier Bordnetz- und zwei Starterbatterien. Über das Bordnetz werden alle elektrischen 24-V-Verbraucher versorgt, ein Wechselrichter stellt die notwendige Leistung von 3 kW der 230-V-Verbraucher sicher. Das Steuerhaus und der Maschinenraum werden über eine Webasto Standheizung beheizt. Darüber hinaus wird die Abwärme des Kühlwassers des Antriebsmotors genutzt, über einen Wärmetauscher am Kühlwasserkreislauf wird die abzuführende Wärme an das Heizungssystem eingeleitet. Des Weiteren sind die Fahrzeuge mit allen notwendigen Hilfs- und Notfallsystemen ausgestattet.

Die Arbeitsboote wurden nautisch und nachrichtentechnisch gemäß Vorschriften der BinSchUO, Zone 2 See und Zone 4 sowie nach Binnen- und SeeSchStrO ausgerüstet. Am ergonomisch ausgelegten Fahrstand steht der Schiffsführung eine Flussradaranlage zur Verfügung, das multifunktionale Radar-Navigationsgerät kombiniert die auswählbaren Betriebsarten Radar, Inland-AIS und Binnen-ECDIS-Karte in einer Anlage auf einem Bildschirm. Alle wichtigen nautischen Informationen wie Kompasskurs, Schiffsposition, AIS-Daten und die Drehrate werden über Einzelanlagen für das Fahrzeug zur Verfügung gestellt, die Kommunikation mit der Schifffahrt und den Schleusen erfolgt über zwei Kombifunkanlagen für See- und Binnenfunk.

Klappprahm und Decksprähme

Der Entwurf und die Konstruktion der Schiffskörper beider Decksprähme wie auch des Hydro-Klappprahms basieren auf einer standardisierten Pontonform, die sich in der WSA sehr gut bewährt hat. Der 34,75m lange, 8,20m breite und maximal 1,90m tiefgehende Hydro-Klappprahm wurde in üblicher Bauweise, bestehend aus zwei in Schiffslängsrichtung geteilten Schiffshälften gefertigt, die durch zwei entsprechend dimensionierte Scharniere vorn und hinten verbunden sind und an gleicher Position mittels der an Deck eingebauten Kragarmen und Hydraulikzylinder auf- und zugeklappt werden können. Der Laderaum wurde aus hochfestem 15-mm-Glattblech hergestellt und ist für den Transport und das Be- und Entladen von Schüttsteinen, Sand, Kies etc. ausgelegt. Der Klappmechanismus des Fahrzeugs wird über zwei Hydraulikzylinder ausgeführt, die aus der Zentralhydraulik versorgt und aus dem geschlossenen Bedienstand auf dem Achterdeck gesteuert werden können. Der Hydro-Klappprahm wurde so konzipiert, dass er sowohl als Klappprahm wie auch als Decksprahm genutzt werden kann. Hierfür kann bei Bedarf über dem Laderaum ein Zwischendeck in Form loser Luckendeckel eingelegt werden, eine zusätzliche hydraulisch gesteuerte Verriegelung verhindert hierbei ein unbeabsichtigtes Öffnen des Laderaumes.

Das Deck der 25,20m langen, 8m breiten und für einen Tiefgang von 1,50m ausgelegten Decksprähme wurde im Laderaumbereich ebenfalls aus hochfestem 15mm Glattblech hergestellt und ist für den Transport und das Be- und Entladen von Schüttsteinen für den Wasserbau vorgesehen. Weiterhin ist der Laderaum des für eine Zuladung von 150t konzipierten Fahrzeugs durch ein festes, 800mm hohes und sehr robustes stählernes Laderaumsüll umschottet. Für den Einsatz der Prähme auch in engen Gewässern, in denen der Schubverband nicht gewendet werden kann, sind vorne und hinten Koppeleinrichtungen vorhanden. Diese bestehen jeweils aus den im Schanzkleid integrierten Schubschultern sowie aus je zwei vorne und hinten angeordneten hydraulischen Koppelwinden mit einer Zugkraft von 30 kN und einer Haltekraft von 200 kN.

In allen drei Prähmen ist gleichermaßen ein luftgekühlter Dieselgenerator der Firma Hatz eingebaut – im Hydro-Klappprahm ausgerüstet für einen zulässigen Dauerbetrieb in Schräglage. Mit einer elektrischen Leistung von 30 kVA (230 V/400 V) versorgt er die elektrischen Verbraucher des Bordnetzes: die Hydraulikanlage, die E-Heizungen sowie die invertergesteuerte Deckwasch- und Spülpumpe. Über einen Spannungswandler wird die Versorgung der 24-V-Verbraucher sichergestellt.

Die Hydraulikpumpe der Zentralhydraulik deckt mit einer Leistung von 22 kW bei 270 bar den Bedarf der Decksprähme, u.a. der Ankerwinden, der Koppelwinden sowie beim Hydro-Klappprahm zusätzlich den der Klapp-Hydraulik ab. Des Weiteren ist eine elektrisch angetriebene Deckwasch- und Spülpumpe mit einer Leistung von 40m3/h bei 6 bar vorhanden, deren Wasserversorgung über einen im Schiffskörper integrierten Seekasten erfolgt. Die Prähme wurden nautisch gemäß BinSchUO, Zone 2 See und Zone 4 nach Binnen- und SeeSchStrO ausgerüstet.

Offener 10-t-Arbeitsprahm

Entsprechend seinem Einsatzzweck wurde der 10-t-Arbeitsprahm für besonders flache und schmale Gewässer konzipiert und in Knickspant-Bauweise mit flachem Boden, schräger Kimm mit vorne und hinten auflaufendem Boden aus Stahl gebaut. Als Wetterschutz und Regenunterstand für den Schiffsführer ist eine Überdachung des Fahrstandes als dreiseitig geschlossene und hinten offene Persenning mit großen Klarsichtfenstern vorhanden. Die weitere Ausrüstung des Prahms besteht aus einer Handankerwinde, zwei manuell bedienbaren Ankerpfählen aus Aluminium, einer den Vorschriften entsprechenden elektrischen Lichterführung sowie den notwendigen Rettungsmitteln. Als Antrieb ist ein Honda-Außenbordmotor mit 55 kW vorhanden. Um Beschädigungen durch Grundberührungen zu vermeiden, und, je nach Beladungsfall die volle Leistung in das Wasser abgeben zu können, ist der Außenbordmotor hydraulisch höhenverstellbar und ca. 35° nach hinten aus dem Wasser hochklappbar ausgelegt.

Einsatzbereiche und Aufgaben

Zu den Aufgaben der im jeweiligen Zuständigkeitsbereich der Wasser- und Schifffahrtsämter Bremen und Bremerhaven liegenden Bundeswasserstraßen Weser mit Nebenarmen, Lesum, Hunte und Küstenkanal, gehören alle Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs. Da insbesondere die Uferunterhaltung nur mit Unterstützung von entsprechend geeigneten Wasserfahrzeugen durchgeführt werden kann, wurden die Prähme und die Arbeitsboote insbesondere für die wasserbaulich spezifischen Aufgaben konzipiert. Hierzu gehören neben der baulichen Unterhaltung und den Servicearbeiten an Anlagen und Schifffahrtszeichen auch die Versorgung von Baustellen mit Baumaterial, der Personentransport, das Verholen von Prähmen im Baustellenbereich, die Unterhaltung von Deckwerken bzw. Uferbefestigungen, der Transport kleiner mobiler Arbeitsgeräte sowie die Schlickräumung in den Nebenarmen der Unterweser.

Die Betriebs- und Konstruktionsanforderungen an die vorstehenden Fahrzeuge resultierten aus den für die Aufgabenerledigung notwendigen Anforderungsprofilen. Für einen optimalen und effektiven Einsatz ergaben sich hierdurch die auf die Einsatzreviere abgestimmten und jeweils fahrzeugbezogenen Mindest- bzw. Maximalanforderungen wie Hauptabmessungen, Tiefgänge, Zuladung, Fixpunkhöhen für Brückendurchfahrten, hydraulische Koppeleinrichtungen, Spülpumpen zum Einspülen von Pricken, Bugfaltrampen zum Anlanden, befahrbare Decks für kleine Arbeitsfahrzeuge, hydraulische Ankerpfähle zum genauen Positionieren am Einsatzort und Transportmöglichkeit von bis zu sechs Personen. Die ausgeführten Formen der Schiffskörper wurden unter Berücksichtigung der jeweiligen Einsatzanforderungen entsprechend optimiert.


Peter Bielke, Henry Kruse